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      Die Songcollage „Mortal Sin City“ nimmt sich eines brisanten Themas an

      Wo der Götze Geld regiert

      Sie sind aller sieben Todsünden angeklagt: die beiden Annas, die vor sieben Jahren nach „Mortal Sin City“ – der„Todsündenstadt“ – kamen, um ihr Glück zu machen. Faul waren sie und habgierig. Unzüchtig, zornig und neidisch. Hochmütig waren sie und unmäßig. Naja. Eben so wie alle anderen auch in „Mortal Sin City“. Zum Tode werden sie folglich wegen etwas anderem verurteilt: Sie können am Ende ihre Zeche nicht mehr zahlen. Und das ist in jener Wüstenstadt, die allein dem Götzen Geld huldigt, absolut unverzeihlich.

      Mit Songs von Bert Brecht und Kurt Weill nähert sich eine rund 25-köpfige Theatertruppe unter der Regie von Hella Huber und Erhard Drexler einem Thema an, das seit Brechts Zeiten nichts an Brisanz verloren hat: der Frage nach dem Geld. Am 23. März feiert die Aufführung im Würzburger Theater am Neunerplatz Premiere. Die Handlung spielt in „Mortal Sin City“, einer Stadt, die den einzigen Sinn hat, denen, die hierher kommen, zu Reichtum zu verhelfen. Alles ist erlaubt, um Geld einzuheimsen. Die letzte moralische Schranke fällt, als ein Wirbelsturm aufzieht und alles zu zerstören droht. Jetzt gilt nur noch das Gesetz des Geldes. Und kein lieber Gott und auch sonst nichts mehr Gutes. Jeder darf über Leichen gehen. Und genau das geschieht.

      Freude des Evangeliums

      Die Songcollage „Mortal Sin City“ erinnert an Papst Franziskus‘ Aussage: „Diese Wirtschaft tötet.“ In seinem Apostolischen Schreiben „Die Freude des Evangeliums“ von 2013 hatte sich Franziskus gegen eine Wirtschaft der Ausschließung, eine Vergötterung des Geldes und gegen dessen Herrschaft ausgesprochen. „Die Anbetung des antiken goldenen Kalbs hat eine neue und erbarmungslose Form gefunden im Fetischismus des Geldes und in der Diktatur einer Wirtschaft ohne Gesicht“, heißt es in dem Apostolischen Schreiben, das jedem Christen klarzumachen versucht, was in puncto Reichtum unmoralisch ist.

      Eigentum verpflichtet

      Doch auch Nichtchristen haben moralische Anker, wenn es um die Frage eines guten Umgangs mit Vermögen, Besitz und dem „Mammon“ Geld geht. „In unserem Grundgesetz steht geschrieben, dass Eigentum verpflichtet“, sagt Bernhard Kuffer, musikalischer Leiter von „Mortal Sin City“. Auch sind hierzu- lande Solidarsysteme etabliert, die von Reichen nehmen, um Armen zu geben. Das ist andernorts nicht der Fall. Das Steuerrecht schöpft ebenfalls mehr von Reichen ab als von Armen, um eine Infrastruktur für alle zu schaffen. „Was aber würde passieren, wenn all das nicht mehr gilt?“ Die Fragen, die „Mortal Sin City“ aufwirft, sind für Bernhard Kuffer ein spannendes Gedankenexperiment. In welchem Maße brauchen Menschen einen gemeinsamen Konsens über elementare Fragen der Moral? Was geschieht, wenn der Moralkodex bröckelt und sich gleichzeitig rechtliche Regelungen auflösen? Wie schnell das gehen kann, zeigt die deutsche Geschichte. Würde es der Mensch dann trotzdem schaffen, sich moralisch zu verhalten? Oder mutiert er, wenn er darf, sofort zu jenem „Wolf“, der andere attackiert und „reißt“, was ihm in die Klauen fällt?

      „Viel Lieblosigkeit“

      Auch wenn es hierzulande Korrektive gibt: „Es ist doch auch viel Lieblosigkeit zu spüren“, sagt Jörg Ewert. Der Leiter des Chors der evangelischen Hoffnungskirche in Würzburg schlüpft in „Mortal Sin City“ in die Rolle des Ganoven Moses. Er und sein Komplize Fatty (Hermann Drexler) helfen der Witwe Begbick (Charlotte Emigholz) bei der Gründung der Stadt, in der alles erlaubt ist – wenn man nur Geld hat und zahlen kann.

      Für Erhard Drexler, der die Songtexte von Brecht und Weill zum Handlungsstrang von „Mortal Sin City“ arrangierte, enthält das Stück zahlreiche Bezüge zur Jetztzeit – und auch zu Themen, die Christinnen und Christen bewegen. Der in Schwaben aufgewachsene Regisseur ist selbst katholisch sozialisiert, als Heranwachsender gehörte er einer Ministrantengruppe und der Katholischen Landjugendbewegung an. Mit dem Thema „Gutes Geld für gute Arbeit“ sei er als Arbeiterkind großgeworden, schildert er. Heute setzt sich Drexler als Berufsschullehrer dafür ein, dass junge Menschen durch den Einsatz ihrer Talente ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen können.

      Ein ehrenwerter Weg

      Durch ehrliche Arbeit zu dem zu kommen, was man für die eigene Existenz benötigt, ist ein ehrenwerter, aber keineswegs der einzige Weg. Die Welt ist voll von Möglichkeiten, das eigene Vermögen leistungsfrei zu vermehren: durch das (bereits im Alten Testament angeprangerte) Zins- und Zinseszinsnehmen, durch Ausbeutung oder Spekulation. Diese Mechanismen führen schleichend zu einer exponentiellen Geldvermehrung und zu einer permanenten Umverteilung von unten nach oben. So hat sich die Zahl der Dollar-Millionäre in Europa in den vergangenen zehn Jahren von 2,95 Millionen auf über 4,5 Millionen fast verdoppelt.

      Beim Blick in die Nachrichten stößt man überall auf jenes Phänomen, das in „Mortal Sin City“ so radikal herrscht. „Aber auch der Hurrikan, der in unserer Collage die Stadt bedroht, kommt in der Realität vor“, erläutert Drexler. Erst im Herbst vergangenen Jahres kam es wegen des Wirbelsturms „Florence“ zu Massen­evakuierungen an der Ostküste der Vereinigten Staaten.

      Die eineinhalbstündige Collage, an der zehn Sänger und sieben Musiker mitwirken, passt bestens in eine Zeit, in der intensiv darüber diskutiert wird, was denn nun wirklich glücklich macht. Immer mehr Menschen wünschen sich eine Abkehr vom Wachstumswahn. Immer mehr träumen den Traum von einer solidarischen Gesellschaft, in der sich einer auf den anderen verlassen kann. Auch in „Die Freude des Evangeliums“ findet sich diese Vision. Plädiert der Papst doch dafür, „eine neue Mentalität zu schaffen, die in den Begriffen der Gemeinschaft und des Vorrangs des Lebens aller gegenüber der Aneignung der Güter durch einige wenige denkt“.     
      Pat Christ

      Wo und wann?

      „Mortal Sin City“ steht vom 23. März bis 14. April auf dem Spielplan des Würzburger Theaters am Neuner-platz, Adelgundenweg 2a; Telefon 09 31/41 54 43, E-Mail „theater@neunerplatz.de“, Internet „www.neunerplatz.de“; Bürozeiten: Dienstag bis Freitag von 16 bis 19 Uhr.