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      „Green travelling“-Autorin Julia-Maria Blesin gibt im Interview nachhaltige Reisetipps

      Wie man im Urlaub die Umwelt schont

      In diesem Sommer brennen in Deutschland Wälder – Bilder, die man bisher eher aus Südeuropa oder ähnlich heißen Regionen kannte. Der Klimawandel schreitet voran. Gleichzeitig machen gerade viele Menschen Urlaub, was vor allem bei An- und Abreise Auswirkungen auf das Klima hat. Doch auch auf Reisen kann man etwas für die Umwelt tun. Was, das weiß Julia-Maria Blesin. Die 34-Jährige hat den Ratgeber „Green travelling – Einfach nachhaltig reisen“ geschrieben. Hauptberuflich im Kommunikations- und PR-Bereich unterwegs, verreist die Buchautorin selbst gerne möglichst ressourcenschonend. Das Sonntagsblatt hat die gebürtige Berlinerin, die heute in Hannover lebt, zum Telefoninterview über nachhaltiges Reisen just im Sommerurlaub mit ihrem Partner und den Kindern am Berliner Müggelsee erwischt – natürlich eine „grüne“ Reise.

      Frau Blesin, Sie haben im vergangenen Herbst das Buch „Green travelling – Einfach nachhaltig reisen“ herausgebracht. Was genau ist „Green travelling“?

      Unter „Green travelling“ (grünes Reisen, Anm. d. Red.) würde ich einordnen, dass man bewusster reist und die Grundsätze des nachhaltigen Reisens beachtet. Und das wären zwei: Zum einen, dass man zu möglichst nahegelegenen Zielen reist, und zum anderen, dass man lange vor Ort verweilt. Dabei ist die Anreise sozusagen der „Touch Point“, bei dem man die meisten CO2-Emissionen verbraucht – zumindest auf Fernreisen. Deshalb geht es in dem Buch auch um alle Fortbewegungsalternativen zum Flugzeug.

      Wohin hat Sie Ihre letzte Reise geführt und inwiefern war die „grün“?

      Aktuell bin ich im Urlaub im Süden von Berlin. Da gibt es viele Seen und wir verbringen hier eine Woche in einer Airbnb-Unterkunft. Wir nutzen also Wohnraum, der schon vorhanden ist, den andere Menschen gerade nicht brauchen und deswegen vermieten. Also, das ist ein grüner Aspekt: Das zu nutzen, was bereits vorhanden ist. Und zum Anderen ist die Reise nach Berlin – ich wohne in Hannover – von der Distanz her recht kurz. Und wir haben sie nicht mit dem Flugzeug oder einem Cruise-Ship zurückgelegt (lacht), sondern mit einem E-Auto, das wir ausgeliehen haben. Vor Ort werden wir einfach die Gegend erkunden und genießen.

      Was war für Sie persönlich der Anlass, sich mit dem Thema zu beschäf­tigen und selbst „grüner“ zu verreisen?

      Ich würde sagen: meine zwei Kinder. Das Reisen, insbesondere das Urlauben, verändert sich, wenn man eine Familie wird, ja schon sehr. Zum einen denkt man natürlich darüber nach, was für eine Welt man seinen Kindern hinterlassen möchte, wie man möglichst geringen Einfluss nimmt, um die Umwelt so zu erhalten wie sie ist. Dazu gehört natürlich auch das Reisen. Wir legen auf unseren Urlaubsreisen gegenüber dem Alltag oft die meisten Kilometer am Stück zurück. Und da möchte ich die Ziele gut und bewusst auswählen, auch wenn es mal weiter weg geht. Und zum anderen kann ich aus ganz egoistischen Gründen sagen, dass das grüne Nahreisen einfach Vorteile mit Kindern hat. Je nachdem wie reisefähig die Kleinen sind, ist es nicht immer ein Spaß, zehn Stunden im Flugzeug zu sitzen. Daher fahre ich mit meinen Kindern beispielsweise total gerne mit der Bahn in den Urlaub. Das ist eine entspannte Anreise und gleichzeitig schont sie das Klima.

      Was ist eigentlich am „normalen“ Reisen so schädlich?

      Wenn man versucht, das auszudrücken, was so schädlich ist, nimmt man ein Instrument zu Hilfe, das sich CO2- oder ökologischer Fußabdruck nennt. Das sind zwei unterschiedliche Messeinheiten, um diesen Impact (Einfluss, Anm. d. Red.) zu berechnen. Und der größte Einfluss entsteht eben bei der An- und Abreise. Die größten CO2-Äquivalente verbraucht man, wenn man mit dem Flugzeug reist; aber auch wenn man sich vor Ort in einem sehr ressourcenintensiven Urlaub befindet. Beim Urlauben im Fünf-Sterne-Spa-Ressort gibt es den Pool, die Sauna oder das Buffet, das ständig nachgefüllt wird. Das sind alles Dinge, die dazu beitragen, dass so ein Urlaub sehr ressourcen- und CO2-gewichtig ausfällt. Das kann man durch verschiedene Stellschrauben reduzieren, indem man etwa ein alternatives Verkehrsmittel nutzt oder in einer Ferienwohnung urlaubt.

      Was sind die drei wichtigsten Faktoren, die man beachten sollte, wenn man selbst umweltfreundlicher verreisen möchte?

      Auf jeden Fall ein Reiseziel wählen, das möglichst in der Nähe gelegen ist. Nähe ist ein dehnbarer Begriff; aber sagen wir, so weit in der Nähe, dass wir nicht mit dem Flugzeug reisen müssen, sondern das Privatauto – wenn es voll ausgelastet ist – nehmen können oder geteilte Verkehrsmittel wie Bahn oder Bus. Das sind die Verkehrsmittel, die am wenigsten CO2 verbrauchen. Das ist zwar auch möglich, wenn das Ziel sehr fern gelegen ist. Es ist aber natürlich viel einfacher, wenn wir nur zwischen 20 und 800 Kilometer weit reisen. Sind wir dann am Urlaubsort angekommen, sollten wir uns möglichst lange dort aufhalten. Fliege ich mit dem Flugzeug irgendwo hin – das ist durchaus legitim, wenn ich einen großen Traum habe –, sollte ich mich möglichst lange an diesem Ort aufhalten und kein Insel-Hopping machen oder nochmal ein neues Ziel ansteuern, sondern mir wirklich Zeit nehmen und vor Ort verweilen. Und das Dritte: eine ressourcenschonende Unterkunft wählen. Ferienwohnung statt Fünf-Sterne-Ressort. Das sind unterschiedliche Arten des Urlaubens, das ist mir durchaus bewusst. Aber es sind die großen Stellschrauben, mit denen wir CO2 einsparen und dementsprechend grün urlauben können.

      Was sollte man beim Reisen auf jeden Fall vermeiden, um dem Planeten nicht noch weiter zu schaden?

      Wenn ich mich zu Hause in meinem Alltag um Nachhaltigkeit bemühe, dann – das sage ich jetzt mal ganz salopp – bin ich ja auch auf Reisen bitte keine „Umweltsau“. Dann versuche ich auch dort, darauf zu achten, mich entsprechend zu verhalten: Mülltrennung, möglichst wenig Verpackungsmaterial, regional und saisonal einkaufen, wenn ich mich selbst versorge. Das sind alles Dinge, auf die ich auch im Urlaub achten kann. Was ich auf jeden Fall vermeiden sollte: eine sehr lange Strecke mit dem Flugzeug zu fliegen und dann nur wenige Tage am Urlaubsort zu verweilen.

      Ist „Green travelling“ nicht auch ein ziemlicher Verzicht? Immer nur Urlaub in Deutschland oder lange Zugreisen, bis man vor Ort ist, ist das wirklich noch Erholung?

      Für mich ist es auf jeden Fall Erholung. Was erstmal wie Verzicht klingt, ist eigentlich ein Zugewinn. Wir haben ein bisschen aus dem Blick verloren, dass zu einer Reise die An- und Abreise gehören, um erstmal zum Ort der Entspannung zu kommen. Das kann ja Teil des Abenteuers sein. Reisen mit dem Campingbus zum Beispiel erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und sind auf jeden Fall ein großes Abenteuer. Das heißt jetzt aber nicht, dass man nicht bewusst reisen kann, wenn man ein totaler Hotelurlauber ist. Das Schöne ist ja, dass es inzwischen, wie in anderen Konsumbereichen, auch im Hotelgewerbe Bio-Alternativen gibt. Die haben alles, was ein Standardhotel hat und man sich so wünschen kann. Aber man bemüht sich dort trotzdem darum, ein ressourcenschonendes Angebot zu machen. Ich glaube jeder findet schon die Art des Urlaubs, bei der er entspannen kann, auch im grünen Bereich.

      Andere Leute steigen für einen Wochenendtrip ins Flugzeug oder verpesten auf Kreuzfahrt die Umwelt. Macht Sie das nicht wütend?

      Ehrlich gesagt, nein. Ich denke, dass dem Individuum bei den Zielen, eine bessere Welt zu schaffen oder unser Klima zu erhalten, generell ganz viel Verantwortung zugeschrieben wird. Jeder muss eigene, kleine Schritte gehen. Aber die großen Stellschrauben sind in Wirtschaft und Politik. Wenn dort nicht die Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass alles einfach und attraktiv wird, macht mich das auf individueller Ebene nicht so wütend.

      Was macht Ihnen Mut, beim Reisen weiterhin möglichst „grün“ unterwegs zu sein?

      Dass ich in Deutschland und den angrenzenden Ländern schon unheimlich schöne Orte entdeckt habe. Ich habe in den vergangenen Jahren in Deutschland viele Orte bereist. Mir war überhaupt nicht bewusst, welche Bandbreite an Landschaften und Kulturregionen wir hier zu bieten haben. Gerade in der Corona-Pandemie hat man gesehen, dass Regionen, die touristisch in den vergangenen Jahrzehnten vielleicht ein bisschen vernachlässigt waren, hier in Deutschland wieder bereist wurden. Der Harz zum Beispiel erfreut sich steigender Beliebtheit; auch wenn der Charme dort noch ein bisschen sepiagefärbt ist. Es macht mir auf jeden Fall Mut, dass die Menschen wiederentdecken, dass vor der eigenen Haustüre tolle Ziele gelegen sind.

      Was raten Sie unseren Leserinnen und Lesern, die „Green travelling“ in diesem Sommer mal ausprobieren wollen?

      Egal in welchem Bereich man nachhaltiger leben möchte, würde ich den Rat geben, nicht zu dogmatisch ranzugehen, kleine Schritte zu machen, das zu tun, was für einen selbst gut passt. Denn dann kann man nicht allzu sehr enttäuscht werden. Ist man der absolute Flugzeug-/Strandurlauber und möchte das einmal im Jahr gerne haben, ist das Projekt wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt, wenn man sagt: Gut, dann fahre ich jetzt ins nahe gelegene Mittelgebirge und verbringe dort meine Sommerferien. Dann lieber erstmal den nächsten Wochenendtrip dorthin verlegen und gucken, ob das etwas für einen ist. Oder mal eine zweitägige Fahrradtour machen und schauen: Ist das für mich eine Alternative für einen längeren Urlaub? Eventuell kommt man irgendwann vom Jahresurlaub mit dem Flugzeug weg und kann sich wunderbar an nahe gelegenen Zielen entspannen.

      Verraten Sie uns zum Schluss noch Ihren persönlichen Geheimtipp für ein „grünes“ Reiseziel in Deutschland?

      Unheimlich schön ist der süd-östlichste Zipfel von Deutschland, das Berchtesgadener Land. Es gibt tolle Bergseen und man kann herrlich wandern. Das ist mein absoluter „Wow-Tipp“ für alle, die skeptisch sind, in Deutschland Urlaub zu machen. Man fühlt sich dort absolut weit weg.

      Interview: Anna-Lena Herbert

      Das Buch: Julia-Maria Blesin, „Green travelling – Einfach nachhaltig reisen“, Oekom Verlag, München 2021, 192 Seiten, Softcover, 17 Euro, ISBN 978-3-96238-283-4.