„Ballon“. Ein Film dieses Titels läuft zur Zeit in Kinos der Region. Das Drehbuch basiert auf der spektakulären Flucht zweier Familien aus der DDR im Jahr 1979. Diese Flucht gelang mit Hilfe eines selbstgebauten Heißluftballons. Ein Unternehmen, das imponiert. Einige der acht DDR-Flüchtlinge sagten später, sie hätten die Risiken ihres Vorhabens nicht voll erfasst. Die offene Flamme, der nicht TÜV-geprüfte Ballon, die Grenzüberwachung – sehr viel hätte bei dieser Fahrt schiefgehen können. Unter dem Druck der Verhältnisse wurden Risiken ausgeblendet. Glückwunsch den Beteiligten.

Manchmal beherrschen Menschen das Ausblenden von Tatsachen meisterhaft. Aber nicht immer kann man sie dazu beglückwünschen. Jesus etwa klagt Prediger seiner Zeit an, dass bei ihnen Reden und Handeln nicht im Einklang stehe (Mt 23,3). Und er weist darauf hin, dass man den Splitter im Auge des Bruders erkenne, nicht aber den Balken im eigenen Auge (Mt 7,3). Bis zum heutigen Tag wird in dieser Hinsicht kräftig ausgeblendet. Auch im kirchlichen Raum. Da spricht der Papst vom Ideal der Barmherzigkeit, und gleichzeitig geht das Abstrafen unbotmäßiger Theologen durch die Kirchenzentrale weiter. Getroffen hat der römische Disziplinierungseifer jüngst Jesuitenpater Ansgar Wucherpfennig, der bislang die Hochschule St. Georgen in Frankfurt am Main geleitet hat. Weil er sich für die Segnung homosexueller Paare einsetzt, will die Kurie ihn aus dem Amt drängen. Wobei selbst Bischöfe Wucherpfennig verteidigen.

Scheinbar sehen die Verantwortlichen in Rom nicht, wie abschreckend ihr autoritäres Vorgehen auf viele Menschen hierzulande wirkt. Niemand muss Wucherpfennigs Meinung teilen. Aber solche Machtdemonstrationen sind hässlich. Sicher reagieren Menschen unterschiedlich darauf. Nicht auszuschließen ist, dass manche Konsequenzen ziehen und letztlich der Kirche entfliehen. Ein Heißluftballon wird dafür nicht gebraucht.

Ulrich Bausewein