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      In der Pfarrkirche Sankt Josef in Lohr-Sendelbach gibt es beheizbare Sitzkissen

      Wer mag, hat es warm

      In der Pfarrgemeinde Sankt Josef der Bräutigam in Lohr-Sendelbach hat man einen neuen Weg in Sachen alternatives Wärmen im Gottesdienst beschritten. Der Preisanstieg von Heizöl und der Gedanke, mehr Nachhaltigkeit zu generieren, trieben das Vorhaben an. So erhielt ein Teil der Kirchenbänke beheizbare Sitzkissen.

      Erich Günther atmet tief durch, als er die Kirchentür aufschließt. Die Kirche ist ein schlichter Bau der 60er Jahre mit einem weiten, offenen Kirchenschiff, gebaut aus Glas und Beton. Das Tageslicht erhellt den Innenraum, nur in die Nischen links und rechts dringt es nicht durch. Im Innern ist es kühl an diesem Februar-Nachmittag, draußen immerhin zehn Grad plus. Der offen gestaltete Altarraum hat etwas Einladendes, vor der ersten Altarstufe, gut sichtbar in gelb-schwarz markiert für jeden Besucher, der neu verlegte Kabelkanal, der zu den Sitzen im Altarraum hinführt.

      An der Zeit zu handeln

      An einer Stellwand erklärt Erich Günther den Grund für die Fußbodenmarkierung. Neue, beheizbare Sitzkissen liegen nun in jeder zweiten Kirchenbank der mittleren beiden Bankreihen. Die Aufschrift eines Plakates lautet „Wir erneuern unsere Kirche“; begonnen wurde damit 2023, mit einer nachhaltigen Kirchen(be)heizung. Günther: „Die Installation der beheizbaren Sitzkissen war technisch eine Herausforderung und finanziell ein großer Kraftakt für unsere Gemeinde. Aber nun haben wir es geschafft.“ Der Kirchenpfleger mit dem schlohweißen Haar und den dunklen Augen lässt seinen Blick im Innenraum der Pfarrkirche schweifen: „Wir mussten etwas tun, die Kosten sind immer weiter angestiegen. Als der Ölpreis pro Liter über einen Euro hinausging, haben wir uns entschieden zu handeln.“ Die erste Pfarrkirche von Lohr-Sendelbach wurde im Jahr 1874 eingeweiht, doch nachdem die Stadt bis 1969 von einst wenigen hundert zügig auf über 3000 Einwohner angewachsen und der Altbau zu klein geworden war, entschied man sich an derselben Stelle für einen Kirchenneubau, um künftig rund 450 Gläubigen Platz bieten zu können. An die alte Kirche erinnern die barocken Heiligen-Figuren und Bildnisse im jüngeren Gebäude. Sie fügen sich gut ins Bild des ansonsten nüchtern gehaltenen Gotteshauses. „Diese Kirche ist typisch für einen Kirchenbau der 1960er Jahre. Und damals baute man für gewöhnlich Öl-Luftheizungen in die Kirchen ein“, erklärt Erich Günther und zeigt auf die Bodengitter vor dem Altarraum, aus denen bei laufender Heizung warme Luft strömt. Und weiter: „Nur leider geht die warme Luft direkt nach oben und von effizient heizen kann da keine Rede sein.“

      Es geht an die Substanz

      Einen Kirchenraum zu beheizen, stellt einen generell vor besondere Herausforderungen, denn die Bausubstanz soll erhalten bleiben, der Kirchenbesucher soll es aber trotzdem während des Aufenthaltes angenehm haben. Doch ein auf und ab der Temperatur im Innern geht dem Inventar an die Substanz, wenn keine konstanten Luftverhältnisse herrschen. Denn ändert sich die Raumtemperatur, ändert sich gleichermaßen auch die Feuchte im Innenraum und bewirkt eine Volumenveränderung in den Werkstoffen. Eine Änderung am Heizungssystem ist also für das Raumklima entscheidend. So ist bei Kirchen mit Feuchteproblematik das System der beheizbaren Sitzkissen in der Regel ungeeignet. Bevor man jedoch in Lohr-Sendelbach mit der Neuerung an die konkrete Umsetzung gehen konnte, wurde die Situation zunächst vom bischöflichen Bauamt und dem Umweltbeauftragten der Diözese, Christof Gawronski, in Augenschein genommen. Und auch die Kirchenverwaltung hat sich viele Fragen gestellt, schildert Günther. Zu Beginn wurde alles genau durchkalkuliert und alle Eventualitäten bedacht im Hinblick auf den Rückgang von Kirchenbesucherzahlen und die Daten für die Umweltbelastung. Die Finanzierung der Maßnahme von rund 18000 Euro hat die Gemeinde allein übernommen.

      100 warme Plätze

      Doch um es den durchschnittlich 70 Gottesdienstbesuchern bei der Messfeier angenehm zu machen, stand für die achtköpfige Kirchenverwaltung von Sankt Josef rasch fest, dass eine kostengünstigere Heiz-Lösung her müsse. An einen Um- oder gar Neubau einer großen Heizungsanlage war aus Kosten- und Umweltgründen nicht zu denken. Doch die bestehende Heizung für den sonntäglichen Gottesdienst jedes Mal hochzufahren, wenn nicht einmal ein Drittel der Plätze im Kirchenraum besetzt sind – dieser Gedanke ließ die Mitglieder der Kirchenverwaltung im Blick auf die gestiegenen Heizkosten im vergangenen Jahr zügig handeln. Als effiziente Lösung kam das beheizbare Sitzkissen ins Spiel. „Von den 300 Sitzplätzen im Kirchenraum können wir nun einhundert beheizen“, erklärt Günther. Zu spüren ist die Wärme ausschließlich, wenn man sich draufsetzt. Die Kirchenverwaltung testete vorab die Sitzkissen mittels eines gelieferten Musters: „Wir mussten nicht lange überlegen.“

      Von A bis Z in Eigenleistung

      Ein Mitarbeiter der Firma Havener aus Saarlouis nahm daraufhin bei jeder einzelnen zu bestückenden Kirchenbank Maß und nach kurzer Zeit wurde geliefert: Sitzkissen inklusive Trafos und Schaltschrank. „Um die Installation haben wir uns selbst gekümmert.“ Erich Günther atmet wieder tief durch und runzelt die Stirn. „Das war eine ziemlich aufwändige Arbeit, aber Gott sei Dank haben wir Fachleute in unserer Kirchenverwaltung, die das machen konnten. Der Durchbruch durch den 60er Jahre-Beton war heftig, um die Kabelkanäle verlegen zu können. Mehrere Wochen haben wir unter den Bänken gelegen, Trafos festgeschraubt, Kabel verlegt und gesichert, bis alles passte.“ Dieter Holl, auch Mitglied der Kirchenverwaltung, hat zudem eine Verteilung auf einen Dreifach-Schalter eingebaut, der es erlaubt, drei Bankabschnitte unabhängig voneinander zu beheizen. Erich Günther erzählt dies nicht ohne Stolz. Denn die komplette Installation sei von A bis Z in Eigenleistung erbracht worden.

      80 Prozent Energie gespart

      Doch nicht nur der gestiegene Ölpreis war ausschlaggebend, ein Argument für die Sitzkissen war außerdem, einen Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit zu tun. Christof Gawronski, Umweltbeauftragter der Diözese Würzburg, unterstreicht diesen Gedanken: „Die Sitzkissenheizungen sind für die meisten Kirchen die zukunftsträchtige ökologische Alternative. Der große Vorteil liegt darin, dass nicht einfach nur ein Brennstoff gegen einen anderen ausgetauscht wird, sondern dass das System mit einer deutlich geringeren Energiemenge auskommt. Das führt nicht nur zu einem immens verringerten CO2-Ausstoß, sondern nebenbei auch zu einer Energiekosteneinsparung von rund 80 Prozent.“

      Für den Notfall vorgesorgt

      Günther freut sich über die Einsparungen: „Der Strom kostet uns momentan 5,80 Euro pro Gottesdienst, das sind im Jahr rund 250 Euro. Das ist mit der herkömmlichen Heizung nicht vergleichbar.“ Die wird weiterhin regelmäßig gewartet, der Tank ist zu einem Drittel voll. Denn es war der Kirchenverwaltung wichtig, dass sie einsatzbereit bleibt und somit für den „Notfall“ weiterhin zur Verfügung steht. Der Kirchenpfleger sieht seine Gemeinde nun gut aufgestellt. Jeder Gottesdienstbesucher kann spontan wählen, ob er es „warm“ am Allerwertesten haben möchte oder nicht. Drückt die Mesnerin 15 Minuten vor Gottesdienstbeginn am Schaltschrank auf den Knopf, wird es warm.

      Judith Bornemann