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      Seit 70 Jahren gibt es in Sömmersdorf die Fränkischen Passionsspiele

      Wenn Judas seinen Verrat bereut

      Seit 70 Jahren gibt es in Sömmersdorf die Fränkischen Passionsspiele
      Wenn in dem kleinen Ort Sömmersdorf (Dekanat Schweinfurt-Nord) die Männer derzeit ihre Haare und Bärte wachsen lassen, ist es wieder soweit: die Fränkischen Passionsspiele 2003 stehen vor der Tür.
       
      Ein innerlich zerrissener Judas schreit seinen Schmerz über den Verrat seines Freundes Jesus laut heraus. Voller Wut wirft er dem Hohen Rat den Beutel mit 30 Silberlingen vor die Füße, Geld, das er von diesem für die Auslieferung Jesu erhalten hat. Robert König, einer der beiden Judas-Darsteller, taumelt über die Waldbühne der Sömmersdorfer Passionsspiele, lebt die Verzweiflung dieses Apostels durch.
      Seit 20 Jahren schon hat er die Rolle übernommen, alle fünf Jahre wieder vertieft er sich für einige Monate in diese Figur. „Reizvoll“ ist für ihn die Rolle, da „der Judas alle Stimmungen durchmacht“, erklärt er. Freundschaft, Liebe, Hoffnung, Enttäuschung, Unzufriedenheit, Aggression, Reue, Verzweiflung – „wenn‘s richtig gespielt wird, kann man die Christenlehre verinnerlichen“, ist König überzeugt.
      „Noch einmal, Männer“, ruft Regisseurin Barbara Zorn ihre Laienspieler zusammen. Diesmal kommt der andere Judas-Darsteller, Egbert Pfeuffer, an die Reihe. Seine Figur ist heftiger, lauter, anders eben, aber nicht weniger intensiv. Genau so will es die Regisseurin. Jeder soll seiner Figur das mitgeben, was in ihm selbst steckt. Keine Kopie des anderen soll es sein.
       
      Sprech- und Stimmübungen
      Die professionelle Theaterleiterin aus dem hessischen Bad Schwalbach kommt zu ihren vierten Festspielen hierher. Alle fünf Jahre studiert sie die 20 Aufzüge der Fränkischen Passionsspiele mit den etwa 300 Sömmersdorfer Laien-Darstellern ein. Seit Beginn des Jahres wird geprobt: Zunächst standen Sprech- und Stimmübungen sowie Bewegung auf dem Plan, seit einigen Wochen werden die Szenen vom Leidensweg des Jesus auf der Freilichtbühne in einem Waldstück am Ortsrand von Sömmersdorf wiedergegeben: Vom Einzug in Jerusalem über die Anschläge des Hohen Rats, das Abendmahl, Jesus am Ölberg oder die Verleugnung des Petrus bis zur Kreuzigung und Auferstehung.
      Darsteller gibt es zur Freude des Vorsitzenden der Passionsspielvereinigung, Robert Seemann, auch in diesem Jahr wieder genug. Wie vor fünf Jahren haben sich auch diesmal zwei Drittel des 639-Seelen-Dorfes bereit erklärt, mit zu wirken: 300 davon auf der Bühne, 115 als Helfer hinter den Kulissen, bei der Verpflegung der 30 000 Besucher oder einfach als Parkplatzeinweiser.
       
      Platz für 2000 Zuschauer
      Dass dabei mancher Helfer eine Doppelfunktion ausüben muss, versteht sich angesichts des Mammut-unternehmens für das kleine Dorf von selbst. So sorgt beispielsweise Jesus-Darsteller Karlheinz Grünewald auch für den richtigen Ton und die Elektrik auf dem Freilichtgelände samt überdachtem Zuschauerraum für 2000 Personen. Oder „Judas“ Robert König fungiert nebenbei noch als örtlicher Regieassistent, der sich vom Probenplan bis zu den Requisiten um vieles kümmert.
       
      Spielfreude und Tradition
      Das Phänomen, dass fast das ganze Dorf bei den Festspielen vom 22. Juni bis 31. August auf den Beinen ist, erklärt Vereinsvorsitzender Robert Seemann mit „dieser Verbindung von Spielfreude und Tradition“. Seit 1933 wird die Leidensgeschichte Jesu auf Initiative des Dorfschullehrers Guido Halbig hin aufgeführt. „Die Sömmersdorfer sind nicht frömmer als andere auch“, schmunzelt Seemann. Hier sei auch nicht ein Gelübde wie in Oberammergau oder Tradition wie in Erl der Spielgrund. Vielmehr sei es für die Mitwirkenden dieses Heimatgefühl, das entstehe, diese Gemeinschaft, die eben die Leute verbinde.
      Wohl auch, weil die Amateure viel Zeit miteinander verbringen. Schließlich proben sie an jedem Wochenende. Für Regisseurin Barbara Zorn bedeutet das auch viel Kleinarbeit mit Einzelproben und Gesprächen, damit die Spieler in ihre Rollen wachsen. „Ich versuche mit den Herzen der Darsteller zu arbeiten und mit den Augen der Zuschauer zu sehen“, beschreibt sie ihre Arbeit. Und die hat für den harten Kern der Passionsspieler, den ehrenamtlichen Vorstand mit fünf Personen und seinem Beirat, schon vor einem Jahr begonnen: Prospekte oder Eintrittskarten mussten gedruckt, Marketingmaßnahmen organisiert oder Kostüme geschneidert werden. „Die höheren Herrschaften werden etwas vornehmer aussehen, das Volksgewand soll farblich etwas zurückgenommen werden“, weist Seemann auf diesjährige Änderungen hin.
       
      Behutsame Textänderungen
      Auch ein neues Textbuch erwartete die Spieler zu Saisonbeginn. Zwar haben Regisseurin und Vorstand die teilweise antiquierte Sprache des Stückes aus unbekannter Feder schon früher abgemildert, doch wird immer wieder daran gefeilt. „Das Abendmahl war mir zu langatmig“, erläutert die Spielleiterin. Die Szene wird forciert, die gesamte Fußwaschung auf zwei Apostel reduziert. Allerdings müsse man bei den Textänderungen mit Bedacht vorgehen.
      Das Gleiche sei bei der Auferstehungsszene der Fall: „Die hat mir noch nie richtig gefallen“, bekennt Zorn ihren Willen zur Veränderung. Und Robert Seemann erinnert an kitschige Vorbilder, auch von der eigenen Bühne, als Jesus mit einem Fähnchen in der Hand zum Schluss da stand. Schwierig sei es, die Auferstehung darzustellen, doch verzichten will man bei den Fränkischen Passionsspielen darauf auf keinen Fall. Über die endgültige Ausgestaltung wird allerdings strengstes Stillschweigen gewahrt.
      „Es ist eine geschlossene Mannschaftsleistung“, ist Seemann stolz auf „seine“ Sömmersdorfer. Bewusst wird Personenkult vermieden, alle Hauptrollen sind doppelt besetzt, es gibt nur Partner, keine Erst- oder Zweitbesetzung.
       
      Maria spielt Maria
      Für eine Hauptrolle der Mutter Jesu steht Maria Braun bereits zum fünften Mal auf der Bühne. „Jetzt hab‘ ich das Alter für einen 33-jährigen Sohn“, lacht sie. Die Figur der Gottesmutter war für ihr persönliches Leben immer wichtig, bekennt sie. Die andere Maria-Darstellerin Susanne Mergenthal sieht in der Figur vor allem eine Mutter, die ihr Kind verliert. „Jede Frau könnte sich da wiederfinden“, glaubt sie.
      Was die Wirkung der Passionsspiele anbelangt, weiß Regisseurin Zorn, „dass dadurch die Leute nicht frömmer werden. Aber wenn sie nach der Aufführung sagen: Ja, so könnte es gewesen sein, dann ist das Werk vollbracht.“
       
      16 Vorstellungen von Juni bis August
      In diesem Jahr gibt es 16 Vorstellungen. Gespielt wird etwa dreieinhalb Stunden lang an den Samstag Abenden, jeweils um 20 Uhr, am 26. Juli, am 2., 9., 16. und 23. August sowie an den Sonntagen, immer um 14.30 Uhr, am 22. und 29. Juni, am 6., 13., 20. und 27. Juli sowie am 3., 10., 17., 24. und 31. August. Karten für die Freilichtspiele mit überdachtem Zuschauerraum für 2000 Personen gibt es unter Telefon (0 97 26) 26 26, Fax: (0 97 26) 90 90 66, Montag bis Freitag von 9 bis 11 Uhr und von 17 bis 18 Uhr sowie Samstag von 10 bis 12 Uhr. e-Mail: „info@passionsspiele-soemmersdorf.de“.