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      Bei den Franziskanerinnen in Oberzell geht das Wissen um Heilpflanzen, Tees und Salben nicht verloren

      Warum eine Apothekerin den Klostergarten pflegt

      Katharina Mantel steht am Rande der Beete des Oberzeller Klostergartens und schaut auf das dichte Grün in unterschiedlichen Intensitäten. „Ein bisschen höher ist es schon als sonst“, sagt sie.

      „Ich lasse viele Pflanzen bis zur Blüte oder Fruchtbildung heranwachsen und schneide sie auch weniger zurück. Manchmal aus Zeitmangel oder aus Neugier, wie sie sich entfalten und welche Insekten sie anlocken.“ Sie vergrößere beständig die Auswahl an Heilpflanzen, die wichtig sind für den Europäischen Arzneischatz; so seien in den letzten Jahren zum Beispiel Süßholz, die Damaszener Rose, der Heilziest oder der Erdrauch hinzugekommen.

      Generationenwechsel

      Die Apothekerin Katharina Mantel hat im Klostergarten ein reiches Erbe angetreten, jahrzehntelang hatte Schwester Leandra Ulsamer dort gewirkt. Nun hat ein Generationenwechsel stattgefunden: Katharina Mantel, 16 Jahre lang ehrenamtliche Mitarbeiterin im Klostergarten und rechte Hand der Ordensfrau, hat die Leitung übernommen. Damit führt die studierte Pharmazeutin im Rahmen eines Minijobs fort, was über Jahre gediehen ist: die Pflege der Pflanzen, die Ernte und Verarbeitung der Kräuter und Heilpflanzen zu Tees, Salben und Ölen, aber auch Führungen sowie die Forschung zu heilkundlichem Wissen und Verfahrensweisen. Auch ist es ihr wichtig, in monatlichen Führungen  wissenschaftlich fundiertes Wissen sowohl zu aktuellen wie auch zu historischen Anwendungen europäischer Heilkräuter so zu vermitteln, dass es zu Hause leicht und korrekt umgesetzt werden kann.

      Heilpflanzen anbauen

      Als Studentin hatte sie einen solchen Garten gesucht, denn schon damals wollte Katharina Mantel sich weiteres Wissen über den Anbau und die Weiterverarbeitung von Heilpflanzen aneignen. „Ich ging Schwester Leandra zur Hand und freute mich an der gemeinschaftlichen Arbeit und an dem gemeinsamen Interessen rund um die Heilkräuter“, erinnert sich die zweifache Mutter. Damals war Schwester Leandra schon rund zehn Jahre im Garten tätig. Einen Abend-Tee habe sie sich zubereiten wollen, erzählte die Ordensfrau einmal – und letztlich über viele Jahre mit dem Anbau von Lavendel, Melisse und Salbei am Fuße des Klosterareals ein Refugium für sich, für die Mitschwestern, später dann auch für Gäste und Besucher geschaffen.

      Ein hoch aufragender Salbeistock bildet das Herzstück inmitten der ineinander verwobenen Kräuterbeete, die durch schmale Pfade verbunden sind. „Um ihn herum hat alles begonnen“, sagt Katharina Mantel und streift mit der Hand durch die zarten Salbeiblüten am Halbstrauch. Den Salbei müsse jemand in den 80er Jahren gepflanzt haben, vermutet sie. Er werde darum besonders gehegt. Schwester Leandra hat sich vom Garten verabschiedet, inzwischen lebt die hoch betagte Ordensfrau im ordenseigenen Alten- und Pflegheim Antoniushaus auf dem Gelände des Klosters. Den Garten und alle damit verbunden Aufgaben hat sie in die Hände der Apothekerin gelegt.

      Pflanzenernte, Tee und Rezepte

      Jahrelang hatten die zwei Frauen zusammen gearbeitet, den Garten und seine Wege gestaltet, Pflanzen geerntet, Tees gemischt, Rezepte ausprobiert und immer wieder über Schwester Leandras praktische Erfahrung und Katharinas pharmazeutische Theorien diskutiert. Katharina Mantel war es, die Schwester Leandra mit dem Leiter der Fachgruppe Klostermedizin, Dr. Johannes Mayer, bekannt machte; Im Studium hatte ihr Weg den des Wissenschaftlers gekreuzt – und eine gedeihliche Zusammenarbeit über viele Jahre hatte ihren Anfang genommen. Mayer ist unerwartet im März 2019 gestorben. Katharina Mantel bedauert den Verlust noch immer, war Johannes Mayer doch ein Teil in ihrem Team – die Leidenschaft für die Heilpflanzenkunde ließ alle drei für ihre Themen brennen. Mantel hat die Zusammenarbeit mit der Ordensfrau und dem Wissenschaftler stets als außerordentlich konstruktiv empfunden und fühlt sich beiden nach wie vor freundschaftlich tief verbunden.

      Zwischen acht und 16 Stunden pro Woche arbeitet sie im Klostergarten – neben der Pflege und Vermehrung der Pflanzen stellt sie Teerezepte zusammen, trocknet die entsprechenden Kräuter auf dem Dachboden des Klosters und variiert sie zu immer neuen Mischungen: „Ursprünglich wollte ich den Anbau der Pflanzen vor Augen haben, um etwas über die Pflanzensystematik zu lernen, wie man sie einteilt, welche Inhaltsstoffe typisch sind und wie man sie aktuell verwendet.“ Mit Schwester Leandra probierte sie immer neue Varianten aus. Zur Geschichte der Heilpflanzen gab Mayer sein Fachwissen dazu. Er bot drei Semester zur Tradition der Europäischen Heilpflanzen an, Mantel besuchte im Pharmaziestudium seine Vorlesungen und war begeistert. Um seine Forschung einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, suchte Johannes Mayer die Öffentlichkeit – und einen wirksamen Ort für Fotos und Fernsehaufnahmen. „Schwester Leandra nahm all das begeistert an, sie hat das wirklich gut und sehr gerne gemacht“, erinnert sich Katharina Mantel. So sammelte die Ordensfrau vorrangig populärwissenschaftliche Schriften und Bücher zur Anwendung von Heilpflanzen.

      Artenvielfalt

      Auch wenn nun ihre beiden Mitstreiter nicht mehr dabei sind – die Apothekerin, die Forschergruppe, die Ehrenamtlichen machen weiter, ihre Begeisterung für die Heilpflanzen ist ungetrübt. Sport, gesunde Ernährung, Heilpfanzen und andere sanfte Hilfen – das sei den Menschen heute wichtig, dies merke sie auch bei ihrer Arbeit in der Apotheke. Doch allein kann sie die vielfältigen Arbeiten im Garten in den wenigen Stunden in der Woche neben Familie und Hauptberuf nicht bewältigen. Und so freut sich Katharina Mantel sehr darüber, dass sie Unterstützung durch Schwester Reingard Memmel, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und zunehmend auch durch andere Ordensfrauen hat. „Und die Schwestern sind so bescheiden! Dann sag ich ihnen immer – das ist euer Garten! Ich pflege ihn nur. Und die Schwestern haben ein solches Wissen, jede bringt sich hier mit ihren Talenten ein. Auch das ist ein großer Reichtum.“

      Damit aber im Garten effizient gearbeitet werden kann, hat Katharina Mantel für ein wenig mehr Struktur gesorgt: Die Pflanzen brauchten ein Hauptbeet, damit gut an ihnen gearbeitet werden kann. Dafür hat sie nach und nach Pflanzengruppen wie die unterschiedlichen Minzen umsortiert. Schon allein aus Zeitgründen musste manches effizienter werden. „Sechs Stunden war Schwester Leandra täglich in der Saison hier im Garten, da war alles tip top. Rund 50 Stunden haben Ehrenamtliche zusätzlich geleistet. Das ist heute nicht mehr zu schaffen.“ Darum lässt sie nun mehr zu – die Kräuter dürfen höher wachsen, die Blüten länger ausreifen. Das hat einen schönen Nebeneffekt: Die Artenvielfalt im Garten hat sichtbar zugenommen. Es bleibt dennoch genug zu tun: Kräuter zupfen, Tafeln schreiben, trocknen, schneiden, gießen ... Katharina Mantel schmunzelt: „Und was die Talente betrifft: Schwester Reingard ist unsere Häcksel-Meisterin. Sie hat das perfektioniert, denn mit den kleingehäckselten Kräutern wird der Kompost noch besser.“

      Für die Zukunft

      Hilfe erhält Katharina Mantel immer wieder auch von Studentinnen aus aller Welt, die zeitweilig auf dem Gelände wohnen und mitarbeiten. Sie ist immer wieder begeistert, wenn sie ganz nebenbei bei der Gartenarbeit etwas über andere Kulturen und deren Gewohnheiten und Lebensweisen erfährt. Die Menschen hier, sagt sie, seien genauso spannend wie die Pflanzen. „Der Reiz an dem Garten ist, dass Menschen herkommen und sich interessieren. Ich kann etwas weitergeben und teilen.“ Wäre dem nicht so, würde sie dort nicht arbeiten, betont die zierliche Frau mit dem zurückhaltenden Lächeln. Dankbar ist sie auch für das Vertrauen das man seitens des Klosters in sie setzt. „Ich hoffe, dass dieser Garten noch stärker mit dem Sendungsauftrag des Klosters – Frauen und Kinder in Not oder besonderen Lebenssituationen zu helfen – verwoben und verbunden wird.“ Sie stellt sich vor, dass Frauen hier einen Kraftort entdecken, dass Studentinnen aus dem Haus noch stärker eingebunden werden können und dass die Schwestern einen Ort der Ruhe finden.

      Und sie selbst? Hätte gerne im Kloster ein Labor, um aktuelle und historische Rezepturen mit ihren Eherenamtlichen zu erproben, um so die Arbeit der Forschergruppe Klostermedizin auf ihre Weise zu unterstützen. Da brauche es alle Sinne und die Erfahrung, die sie hier im Lauf der Jahre hat sammeln dürfen. Nun gelte es, diese zu vertiefen, festzuhalten, um sie weitergeben zu können. „Die Gesellschaft braucht Plätze, wo Menschen zusammenfinden, ein unverfängliches Miteinander und einen Garten, der für die Zukunft der Oberzeller Franziskanerinnen seinen Beitrag leistet.“ Das sei ebenso wichtig, wie einen Tee zu gewinnen.

      Judith Bornemann

      Weiter Informationen – unter anderem zu Führungen im Klostergarten – gibt es bei den Oberzeller Franziskanerinnen unter „www.oberzell.de“. Mehr über das Thema Klostermedizin erfahren Sie bei der Forschergruppe Klostermedizin unter „www.klostermedizin.de“.