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      Die Würzburger Erlöserschwestern haben ihr Mutterhausareal zugänglich gemacht

      Wandlung im Herzen der Stadt

      Mitten in der Würzburger Innenstadt, nur einen Steinwurf weit von Dom und Residenz entfernt, liegt das weitläufige Areal der Erlöserschwestern. Hundertfünfzig Jahre lang blieb es der Öffentlichkeit nahezu verschlossen. Am 1. Mai dieses Jahres öffneten die Schwestern der Stadtgesellschaft ihre Türen. Dies ist für sie nicht nur ein Akt der Gastfreundschaft, sondern Teil ihres Sendungsauftrags.

      Wasserplätschern und lautes Hämmern durchdringen die Stille hinter der Mutterhauskirche der Erlöserschwestern. Schwester Ida Jockel hat sich in ihrem Rollstuhl an einen kleinen, von Hecken geschützten Brunnen schieben lassen. Es ist ihr Lieblingsplatz. „Hier komme ich zur Ruhe“, sagt die ehemalige Erzieherin, die seit einem Sturz im vergangenen November im Rollstuhl sitzt und deshalb aus dem Steinbachtal in die Krankenabteilung des Mutterhauses umziehen musste. Mittlerweile lebt sie im frisch renovierten Wohntrakt der Schwestern und hat sich gut eingewöhnt. „Auch, wenn hier noch eine Großbaustelle ist. Ich finde es interessant, den Handwerkern zuzuschauen, die gerade auf dem Dach herumklettern und dort Latten festnageln“, erzählt sie.

      Ja zur Zukunft

      Während deutschlandweit viele überalterte Ordensgemeinschaften ihre Mutterhäuser schließen, entschieden sich die Würzburger Erlöserschwestern im Jahr 2015 für einen anderen Weg. „Wir haben Ja zur Zukunft gesagt“, berichtet die Generaloberin, Schwester Monika Edinger. Dabei gehen die Schwestern nicht davon aus, Nachwuchs zu finden. Vielmehr wünschen sie sich, dass ihre Spiritualität in der Stadt nachhaltige Spuren hinterlässt – sogar über die eigene Existenz hinaus.

      „Als ich im Jahr 1954 eingetreten bin, lebten hier noch 1600 Schwestern“, erinnert sich Schwester Ida. Heute sind es knapp über 50. Was gibt der Kongregation in dieser Situation den Mut für einen Neuanfang? „Unser Sendungsauftrag war immer, auf die Zeichen der Zeit zu hören“, erläutert Schwester Monika. Viele Menschen seien voller Sehnsucht nach Gemeinschaft und auf der Suche nach Lebenssinn. So habe sich die Schwesterngemeinschaft entschlossen, hierfür einen Ort zu schaffen. „Unsere Aufgaben sind Verkündigen, Heilen und Teilen“, sagt Schwester Monika. Dies alles sei nun auf dem Gelände verwirklicht: durch die neuen Begegnungsräume im Haus und im Freien, die frisch renovierte Kirche mit ihren täglichen Gottesdienstangeboten, die Elisabethstube mit Essensausgabe für Bedürftige, die Theresienklinik – und ein modernes Café.

      Das Café Mares im ehemaligen Speisesaal, dessen Name auf das Mutterhaus­areal der Erlöserschwestern verweist, sei schon wenige Wochen nach seiner Eröffnung ein beliebter Treffpunkt geworden. „Wir können nicht mehr wie früher raus zu den Menschen gehen, also laden wir sie zu uns ein“, sagt Schwester Franzeska Moser, eine der Archivarinnen der Kongregation. Zur Gastfreundschaft gehörten selbstverständlich auch Essen und Trinken. Das Angebot, auf der Terrasse im autofreien Innenhof oder in den mit hellem Holzmobiliar ausgestatteten Räumen zu Mittag zu essen oder einen Kaffee zu trinken, werde sehr gut angenommen. Es gebe auch Bio-Eis und Kuchen aus der Klosterbäckerei.

      Abschied von Gewohntem

      Sogar das Herzstück ihres Klosters, die in den 1890er Jahren erbaute Mutterhauskirche, haben die Erlöserschwestern neu gestaltet. „Wir wollen so rasch wie möglich klimaneutral leben, dazu gehört auch der Einbau einer Niedrigtemperaturheizung in der Kirche“, erklärt Schwester Monika. Es sei ein langwieriger, oft anstrengender Prozess gewesen, die Schwesterngemeinschaft bei allen notwendigen Entscheidungen einzubeziehen und diese nachvollziehbar zu vermitteln. „Das ist aber insgesamt sehr gut gelungen“, freut sich die Generaloberin. Freilich sei gerade für manche älteren Schwestern der von gemeinsamen Ritualen und Gebeten begleitete Abschied vom Gewohnten, auch von der „alten“ Kirche, nicht einfach gewesen. „Da gab es schon Widerstände“, bekennt Schwester Monika. Es sei ja auch menschlich, dass Veränderungen erst einmal Trauer auslösen. Sie hoffe, auch weiterhin alle gut begleiten zu können, die sich mit dem Neuen noch schwertun.

      „Es braucht Zeit“, bestätigt Schwester Franzeska, „auch die neu formierten Wohngruppen müssen sich erst einmal richtig zusammenfinden.“ Sie selbst sei überzeugt von den Neuerungen, auch von der Umgestaltung des Gotteshauses. „Ganz im Sinne des zweiten Vatikanischen Konzils versammeln wir uns nun um den Altar herum. Christus ist bei jedem Gottesdienst in unserer Mitte“, sagt sie. Doch auch als Veranstaltungsraum solle die Mutterhauskirche der Würzburger Stadtgesellschaft zur Verfügung stehen, Kunst und Kultur einen feierlichen Rahmen bieten.

      Der schlichte, massive Altartisch aus Spessarteiche berge ein Geheimnis, verrät Schwester Monika. Unter einer Glasplatte liegen neben den Reliquien der Ordensgründerin und der Ordenspatrone auch 1500 Brustkreuze verstorbener Erlöserschwestern. Am Tag vor der Altarweihe habe die Schwesterngemeinschaft mit diesen Kreuzen meditiert. „Nun sind auch unsere Verstorbenen symbolisch bei jedem Gottesdienst dabei“, sagt Schwester Franzeska.

      Schwester Ida fühlt sich ebenfalls in der Mutterhauskirche wohl und genießt die Barrierefreiheit, die auf dem gesamten Klostergelände umgesetzt wurde. „Ich komme mit meinem Rollstuhl überall hin“, sagt sie. Auch die neuen Zimmer im Wohnbereich seien mit behindertengerechten Bädern ausgestattet und ermöglichen den Schwestern, bis zum Lebensende im Mutterhaus zu bleiben. Und darüber hinaus, denn die Erlöserschwestern betreiben jetzt sogar einen Friedhof.

      Kolumbarium

      Die Entscheidung, im Erdgeschoss des Schwesterntraktes ein sogenanntes Kolumbarium für Urnenbeisetzungen einzurichten, sei aus pragmatischen Gründen gefallen, erläutert Schwester Monika. Vielen betagten Schwestern sei der Gang zu den Gräbern auf dem Hauptfriedhof einfach nicht mehr möglich. Natürlich sei es allen freigestellt, ob sie sich im Kolumbarium oder auf dem Friedhof beisetzen lassen wollen, denn niemand solle zu einer Feuerbestattung gezwungen werden. Doch überraschend viele Schwestern hätten sich jetzt schon für die neue Beisetzungsform entschieden. Auch der Würzburger Bevölkerung solle das Kolumbarium auf Anfrage offenstehen. Drei anschaulich gestaltete „Wandlungsräume“ vor dem Kolumbarium machen den Weg vom Karfreitag über den Karsamstag bis zur österlichen Auferstehung meditativ erfahrbar. Aus Krise und Verwirrung, durch wilde Linien symbolisiert, geht es über die Grabesruhe – einen Kokon aus hellen Stoffbahnen – mitten durch das in bewegliche Filzplatten geschnittene Kreuz in Richtung Auferstehung. Im letzten Raum verwandeln Prismen die Schatten der Besucher in regenbogenbunte Lichtspuren. „Hier schlägt das Herz der Stadt“, steht auf einem der Zettel an einer Wand mit Besucherkommentaren.

      Auch Schwester Ida will im Mutterhaus ihre letzte Ruhestätte finden. Bis dahin, so hofft sie, habe der liebe Gott aber wohl doch noch einiges mit ihr vor. Zum Beispiel, ihr Begegnungen mit Besuchern zu schenken, denen sie gerne erzählt, wie es früher hier war. „Und dass es jetzt zwar anders, aber wunderschön ist“, sagt sie zufrieden.    

      Karen A. Braun