Knatternd biegt eine schwere Maschine nach der anderen in den Parkplatz der Wallfahrtskirche ein. Die wenigen freien Schattenplätze sind rasch belegt und die Motorradfahrer schälen sich aus ihrer dicken Schutzkleidung. „Unterwegs war die Hitze aber gar kein Problem, da hat der Fahrtwind uns gut gekühlt“, erzählt Schüßler. Ein buntes Völkchen ist die Gruppe: altgediente Motorrad-Recken sind ebenso dabei wie einige jüngere Teilnehmer.
Doppeldeutig
Der doppeldeutige Name der Sp(i)rit-Biker ist Programm, erklärt Schüßler: „Der Sprit im Tank bewegt unsere Maschinen, doch der Spirit, der heilige Geist, bewegt uns!“ Die Grundidee des Projekts sei es, älteren Motorradfahrern eine Möglichkeit für gemeinsame Touren zu bieten und ihnen gleichzeitig spirituelle Impulse zu geben. Teilnehmen kann jeder, weder ist eine bestimmte Religionszugehörigkeit Voraussetzung, noch gibt es eine Altersgrenze. „Die meisten Teilnehmer sind Mitte 50 oder älter; manchmal fahren aber auch ein paar Jüngere mit“, berichtet Schüßler.
Den Teilnehmern ist der geistliche Hintergrund wichtig: „Ich habe von dem Projekt in der Zeitung gelesen und es hat mich sofort angesprochen“, sagt Hugo Seubert, der schon seit Beginn regelmäßig mitfährt. Auch Helga Oster, die ebenso leidenschaftlich gern Motorrad fährt wie ihr Ehemann, hält große Stücke auf das spirituelle Angebot. „Da wird das, was einem bei der Fahrt im Kopf herumgeht, in Worte gefasst“, findet sie. Sie selbst habe erst 1997 im Alter von 46 Jahren mit dem Motorradfahren begonnen und in den darauffolgenden Jahren mit ihrem Mann viele große Touren unternommen. Beide seien froh, bei der Gruppe nun auch Anschluss in der Heimatregion gefunden zu haben.
Gedanken ordnen
In der Wallfahrtskirche „Maria im grünen Tal“ begrüßt Trompeter Joachim Höfler, selbst Mitglied bei den Sp(i)rit-Bikern, die Gruppe mit Beethovens „Ode an die Freude“. Pfarrvikar Thomas Wollbeck erläutert die Geschichte der Kirche und der regelmäßig dort stattfindenden Wallfahrten. Auf das verschmitzte Lächeln der Madonna mit dem eine Weintraube tragenden Jesuskind weist er extra hin: „Das ist ein Gnadenbild, zu dem man Vertrauen fassen kann.“
In seinem geistlichen Impuls erläutert Werner Schüßler, was eine Wallfahrt eigentlich ausmacht. Alles, was auf dem Weg passiert, sei dabei ebenso wichtig wie das jeweilige Ziel. Unter dem Motorradhelm können sich die Gedanken in Ruhe ordnen und die Seele zur Gelassenheit finden.
Im Takt der Kurven
Mit einem modernen Psalmgebet dankt er Gott für die Freuden des Motorradfahrens: „Wie schön ist es, mit Freunden gemeinsam unterwegs zu sein, wie schön, im Takt der Kurven zu schwingen.“ Dass es mit dem Freizeitvergnügen auf dem Motorrad im höheren Alter irgendwann vorbei sein wird, ist den Sp(i)rit-Bikern allerdings bewusst. „Ich hoffe zwar, dass ich noch lange im Sattel sitzen kann, aber ich weiß natürlich, dass alles einen Anfang und ein Ende hat“, bemerkt Martin Neuendorf. Ab einem bestimmten Punkt werde das Motorradfahren viel zu riskant.
Darum genieße er jetzt jede Tour besonders intensiv. Diese Dankbarkeit für den bewusst gelebten Augenblick ist wohl tatsächlich der „Sp(i)rit“, der die ganze Gruppe erfüllt und bewegt.
Karen A. Braun
Die nächsten Termine
Samstag, 29. August: Ziel noch offen.
Samstag, 12. September: Abschlussfahrt auf den Kreuzberg.
Änderungen sind witterungsbedingt möglich und werden der Tagespresse mitgeteilt, oder einfach bei Diakon Werner Schüßler, Telefon 06029/7750, nachfragen. Alle Teilnehmer sind willkommen, unabhängig von Alter, Konfession und Wohnsitz.