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      Wie Matthias Seidel den Kirchenraum von Maria Geburt in Aschaffenburg-Schweinheim gestaltet

      Von Rotkohl bis Straußenei: Der etwas andere Kirchenschmuck

      „Für mich ist es spannend, etwas anderes zu machen, also das, was eigentlich nicht der Alltag ist“, sagt Matthias Seidel über sein ehrenamtliches Engagement in der Pfarrei Maria Geburt in Aschaffenburg-Schweinheim. Dort ist der Gärtnermeister, der den familiären Gärtnereibetrieb in der dritten Generation führt, der Kirchenschmücker. Alltag bedeutet für ihn, Pflanzen und Blumen heranziehen, Blumensträuße zusammenstellen, Kundenwünsche erfüllen. Die Pfarrkirche zu schmücken ist dagegen eine ganz andere Herausforderung.

      Das liegt vor allem an dem Raum, der vom österreichischen Künstler Leo Zogmayer in den 90iger Jahren völlig neu und absolut minimalistisch gestaltet worden ist. Nach der Renovierung sprach Pfarrer Markus Krauth Seidel an, ob er sich um den Kirchenschmuck kümmern möchte. Ihm sei bewusst gewesen, dass es keine leichte Aufgabe sein werde, so einen Raum zu gestalten, sagt Matthias Seidel. „Andererseits war klar, dass ich volle Freiheit habe und wirklich gestalten kann wie ich möchte“, erklärt er. Seidel nahm die Herausforderung an. Inzwischen ist sie ihm zu einer richtigen Leidenschaft geworden.

      Die Wirkung einer einzelnen Blume

      Der Gärtnermeister ging sozusagen in den Dialog mit dem Raum, in dem außer dem Altartisch, den Stühlen, dem Taufbecken und der Marienfigur wenig zu finden ist. Es dominieren die Farbe Weiß an den Wänden und die farbigen Fenster, durch die das Tageslicht je nach Wetterlage und Sonnenstand eine besondere Atmosphäre zaubert.

      Matthias Seidel lernte, dass Weniger in so einer Umgebung mehr ist: „Eine Blume kann hier so viel Wirkung haben, wie anderswo ein ganzes Blumenarrangement“. Und so findet man beispielsweise keine üppigen Blumenbouquets in Maria Geburt, dafür aber einzelne Blumen, ­Äste, Schilfrohre oder junge Buchen.

      Möglichst natürlich gestalten

      Links und rechts neben der Marienfigur hat Seidel weiße Kästen aus Transparenzpapier aufgehängt, die er mit Wiesenblumen und -kräutern bestücken kann. Die Kästen können leicht hin und her schwingen. „Das erinnert an den Wind, der im Freien über die Blumenwiesen streicht“, erklärt er. An Erntedank wird nicht ein von Früchten überbordender Erntedankaltar dekoriert, sondern einzelne Gemüse auf Stelen – vom Rotkohl bis zur Kartoffel.

      Es gehe ihm nicht ums Verschönern, sagt Seidel, es gehe ihm um die Wirkung, es gehe darum, dass die einzelne Blume für sich selber spricht statt nur anderes zur Geltung zu bringen. Seidels Anspruch ist es, möglichst natürlich zu gestalten. „Beispielsweise lasse ich die Blütenblätter einfach mal fallen und kehre sie nicht gleich weg, denn die Vergänglichkeit gehört zum Leben dazu“, erzählt er. Oder er drapiert eine Reihe von über zwei Meter hohen Schilf­gräsern, um die Atmosphäre am See ­Genezareth spürbar werden zu lassen.

      Weniger Planung, mehr Inspiration

      Im Laufe der Jahre hat der Pfarrer mit seiner Gemeinde die Liturgie dem Raum immer weiter angepasst. Seidel hat das mit seiner „floralen Gestaltung“, wie er sein Wirken für die Kirche gerne nennt, auch getan. Immer mehr, so erzählt er, geht er weg von der Planung, wie er sie in seinem Betrieb gewohnt ist, und lässt sich von der Inspiration leiten.

      Und er greift nicht nur zu Gewächsen. Vor Pfingsten hatte der Pfarrer beispielsweise einmal die Idee, den Heiligen Geist mit einer schwingenden Schaukel darzustellen. Als der Festtag gekommen war, baumelte ein rotes Schaukelbrett direkt über dem Altar. Ein anderer Akzent ist schon Tradition: Zu Ostern hängt ein einzelnes, großes Straußenei über dem Altar.

      Atmosphäre schaffen

      Seit 23 Jahren macht Seidel nun diese ­Arbeit, bei der die Schwelle zwischen Schmuck und Kunst fließend zu sein scheint. Die Gemeinde hat jetzt das Buch „ohne Warum“ herausgegeben, das sein Wirken würdigt. Pfarrer Krauth beschreibt den Prozess der floralen Gestaltung und Professor em. Albert Gerhards erklärt den Zusammenhang von Natur­ästhetik, Kirchenraum und Liturgie.

      Aber vor allem wirken im Buch die Bilder von Seidels Arrangements, die deutlich machen, wie man mit wenig Material eine dichte Atmosphäre schaffen kann, die nicht ablenkt, sondern hinführt zu dem, um was es eigentlich geht.

      Burkard Vogt

      Info: Das Buch „ohne Warum“ (Verlag Schnell + Steiner, ISBN 978-3-7954-3730-5, 48 Seiten) kostet 7,50 €. Zu diesem Thema gibt es auch einen Beitrag der Radio-Redaktion des Bistums.