Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Krokusse

Ihr katholisches Magazin – ab Ostern 2024

Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

    Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

      Mehr
      Ausstellung über ein Nachkriegskapitel im Walderlebniszentrum Gramschatzer Wald

      Von den fast vergessenen „Waldmädli”

      Gramschatz. In den kriegszerstörten Städten waren es die „Trümmerfrauen“, die maßgeblichen Anteil daran hatten, die Städte zu räumen. Weithin vergessen sind jedoch die „Kulturarbeiterinnen“, die „Pflanzfrauen“ oder „Waldmädli“, die die Aufgabe hatten, die Wunden zu heilen, die der Krieg mit großflächigen Kahlschlägen oder durch Schädlinge dem Wald zugefügt hatte. Ihre Arbeit war nicht minderschwer und bedeutsam für den Wiederaufbau als die der Trümmerfrauen. Was diese in den Städten geleistet haben, das waren bei uns auf dem Land die Pflanzfrauen“, stellte Lucia Stark von den Würzburger Landfrauen bei einer Führung durch die Ausstellung Frauen & Wald im Walderlebniszentrum Gramschatzer Wald fest.

      In die Wanderausstellung, die die Bayerische Landfrauenvereinigung des Frauenbundes (KDFB) erarbeitet hat, sind auch die Erinnerungen von Landfrauen aus den Orten rund um den Gramschatzer Wald eingegangen. Eine von ihnen, Hiltrud Eisenbacher aus Retzstadt wird auf eine der Schautafeln genauer vorgestellt.

      Streng organisiert

      Ohne die vielen jungen Frauen, die vor allem in den Nachkriegsjahren als Pflanzfrauen frühmorgens mit ihren Fahrrädern in den Wald ausrückten, wäre der 4200 Hektar große Wald vor den Toren Würzburgs nicht das, was er heute ist: ein beliebtes Naherholungsgebiet. Das komplett aus Kieferholz gezimmerte Walderlebniszentrum nahe dem Ausflugslokal Einsiedel informiert als Bildungsstätte über eine nachhaltige Waldbewirtschaftung.

      Die Arbeit war streng organisiert, erinnern sich Hiltrud Eisenbacher und Klara Kaiser, die beide als junge Frauen immer – so weit es die Arbeit zuhause in der Landwirtschaft zuließ – mit dabei waren und in den Wald ausrückten. Der Stundenlohn von 50 Pfennig, den das Forstamt Rimpar zahlte, war ein willkommenes Zubrot. Gearbeitet wurde in kleinen Pflanztrupps, acht Stunden am Stück mit kurzer Mittagspause und per Hand. Auch mit der Spitzhacke, um Pflanzrinnen für die Eicheln zu ziehen. Zum Teil übernahmen diese besonders mühselige Arbeit die Männer, aber bei weitem nicht immer.

      Auch auf Geschwindigkeit kam es an: Die Frauen erreichten erstaunliche Stückzahlen. Bei den Kiefern kamen vier Pflanzen auf den laufenden Meter, 1000 Stück am Tag. Gepflanzt wurde in einer Reihe entlang einer gespannten Schnur. Nach der Pflanzzeit im Frühling ging es weiter mit der Pflege: Nun kam die Sichel zum Einsatz, um Gras oder Gestrüpp zu entfernen. Nur wenn dem Staat einmal wieder das Geld ausging, wurde ihr Schaffensdrang gebremst. Auch dies kam vor. Vor allem in den ersten fünf Jahren nach Kriegsende gab es dennoch viel zu tun.

      Gesellige Momente

      Natürlich gab es auch gesellige Momente: An der Waidmannsruhe, einer bis heute vorhandenen kleinen Lichtung mit einer kleinen Forsthütte, war das Lager für die Arbeitsgeräte. Hier trafen sich die Trupps, es wurde geratscht und auch schon einmal etwas gefeiert. Hiltrud hat bei einer solchen Gelegenheit einen jungen Mann kennen gelernt. „Er hatte damals als Forstarbeiter ein Auto und er gab uns dort Unterschlupf, damit wir uns aufwärmen konnten“, erzählt sie. Seine Hilfsbereitschaft hatte Folgen: In diesem Jahr feiert das Paar großes Hochzeitsjubiläum.

      Bei der Waldbewirtschaftung spielten ökologische Gesichtspunkte eine untergeordnete Rolle, beschreibt Förster Wolfgang Graf vom Walderlebniszentrum seine Eindrücke, die er als junger Berufseinsteiger erzählt bekam und zum Teil in den frühen 70er Jahren noch selber erlebt hat.

      Die Bäumchen wurden kurzerhand gegen Wildverbiss geteert, überflüssiges Kronenholz noch vor Ort im Straßengraben verbrannt. Kein Forstwirt würde heute noch auf schnell wachsende Fichten- und Kiefernmonokulturen setzen, die krankheitsanfällig und dem Klimawandel nicht gewachsen sind.

      Auch beim anschließenden Rundgang über den Sinnesweg, den der Förderverein des Walderlebniszentrums angelegt hat, zeigte sich, dass die Pflanzfrauen ein grundsätzlich anderes Verhältnis zum Wald hatten als viele in einer Zeit, wo das „Waldbaden“ zur Mode geworden ist.

      Keine Erholungsoase

      Der Wald wurde genutzt, um die Familie zu ernähren, nicht um sich zu erholen – Pilze, Brennholz, Eicheln für Kaffee. „Die Wälder waren derart leer geräumt, dass es kaum noch Totholz gab“, sieht dies Graf aus ökologischer Sicht kritisch, wenn auch aus der Zeit heraus erklärbar. Bei seiner Führung weist er denn auch immer wieder auf bewusst liegen gelassene Reisighaufen oder alte Stämme hin.

      Wo sich der Förster von heute und die Pflanzfrauen von damals jedoch treffen, das ist ihre Vorliebe für Pilze, Wildpflanzen und Waldkräuter. Wie Brennnesseln, aus denen sich eine schmackhafte Suppe kochen lässt, die zarten Blätter des Weißdorns als Tee oder Beigabe im Salat, Tannenspitzen zum Veredeln allerlei Speisen oder die Knoblauchsrauke, deren Name sich erschließt, wenn man die Blätter zwischen den Fingern zerreibt. Nicht zu vergessen der Sauerklee, der, so unscheinbar er ist, im Mund zerkaut einen Moment Frische schenkt.

      Die Pflanzfrauen waren im Gramschatzer Wald noch bis in die späten 60er Jahr gefragt. Tonangebend blieben jedoch die Männer. Seither hat sich viel geändert: Heute ist ein Drittel der Studienanfänger weiblich. Es beginnen mehr junge Frauen als Männer die Jägerausbildung und an der Spitze des Bayerischen Forstamts Würzburg stehen mit Elfi Raunecker und Antje Julke gleich zwei Frauen. Auch Hiltrud Eisenbacher konnte nicht mehr vom Wald lassen. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie später einen eigenen Wald angelegt und bewirtschaftet, mit Eichen und Buchen. Beide wollten schließlich was für die Zukunft und die Kinder schaffen. Der schnelle Profit war nicht das Ziel.    

      Christian Ammon

      Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Juni zu sehen. Erarbeitet wurde sie von der Landfrauenvereinigung des KDFB. Eintritt frei. Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8.30 bis 16.30 Uhr, So 13 bis 16.30 Uhr. Waldführungen mit Förster Wolfgang Graf sind nach vorheriger Anmeldung möglich; Telefon 09360/ 99398-01; Internet „www.gramschatzer-wald.de”.