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      Vor 150 Jahren wurde das Würzburger Kilianeum gegründet

      Einst bischöfliches Knabenseminar, heute „Haus der Jugend“

      In diesen Tagen hätte eine 1998 aufgelöste Würzburger Institution, aus der zahlreiche Geistliche hervorgegangen sind, ihren 150. Geburtstag feiern können: das nach dem Bistumspatron benannte Kilianeum. Am 4. Oktober 1871 eröffnete Bischof Johann Valentin von Reißmann im ehemaligen Institutsgebäude der höheren Töchterschule von Hofrat Serger das „Bischöfliche Knabenseminar“ der Diözese Würzburg.

      Das stattliche, aus vier Flügeln bestehende Gebäude blickt auf eine abwechslungsreiche Geschichte zurück: 1670 segnete Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn auf dem aufgelassenen Friedhof zwischen Stephanstor und Konradsturm das Baugelände für das 1147 gegründete Benediktinerinnenkloster St. Afra. Das alte Kloster hatte der neuen Stadtbefestigung weichen müssen.

      Aufs Priestertum vorbereiten

      130 Jahre später, am 24. April 1803, löste die neue bayerische Regierung das an den Hofgarten angrenzende Benediktinerinnenkloster auf. Mitte Juli 1803 mussten die Nonnen ihr Heim binnen drei Tagen verlassen. Eineinhalb Jahre später, im Januar 1805, wurden die Klostergebäude versteigert. In der Folgezeit richteten die neuen Eigentümer im Ostflügel eine Brauerei ein. Nachdem Bischof Georg Anton von Stahl am 4. Mai 1868 bereits den Nordflügel gekauft hatte, gelang es seinem Nachfolger 1879 auch den Ostflügel zu erwerben.

      Idealerweise sollte laut den Statuten von 1868 das Kilianeum die Zöglinge, die meistens aus Bauern- und Arbeiterfamilien stammten und vom Land kamen, auf das Priestertum vorbereiten. Wenn sie die Aufnahmeprüfung für das Neue Gymnasium, das heutige „Riemenschneider-Gymnasium“ bestanden hatten, wurden allerdings auch Schüler aufgenommen, die Verantwortung in der Gesellschaft aus christlichem Geist übernehmen sollten.

      1922 übernahm das Kilianeum schließlich auch den West- und Südflügel. „Nach Niederlegung der Trennmauer ist die damalige Einheit und Zusammengehörigkeit des Rings um den Kreuzgang des ein Quadrat bildenden Gebäudekomplexes unverkennbar“, schrieb der damalige Regens Johannes Meisenzahl.

      Leben und studieren in der „Kilianei“

      Eine erste existenzielle Krise überstand das Kilianeum im Zweiten Weltkrieg: Nach der Zwangsenteignung zugunsten der Polizei mussten die Kilianisten von Januar 1941 bis Anfang 1945 notdürftig im nahe gelegenen Priesterseminar unterkommen. Im Mai 1946 begann der Wiederaufbau des angestammten Seminargebäudes in der Ottostraße. Drei Jahre später, im Juli 1949, konnten schließlich alle Kilianisten wieder in der „Kilianei“, wie das Gebäude intern genannt wurde, leben und studieren.

      Den Titel „Direktor“ trug erst Meisenzahls sechster Nachfolger, der heute emeritierte Weihbischof Helmut Bauer. Drei Jahre nach seinem Amtsantritt 1968 schrieb der spätere Dompfarrer zum 100. Jubiläum 1971: „Über 300 von etwa 700 aus unserer fränkischen Heimat stammenden Priester, die noch heute in der Seelsorge stehen, haben ihre Studienzeit ganz oder teilweise im Kilianeum verbracht. (…) In der großen Schar unserer Altkilianisten im Priesterstand zählen die weit über die Grenze unseres Landes hinaus bekannten Kardinäle von München, der verstorbene Kardinal Michael Faulhaber und der jetzige Kardinal Döpfner. Abiturienten des Würzburger Knabenseminars waren der Erzbischof von Bamberg, Jakobus Hauck, der jetzige Weihbischof von Würzburg, Alfons Kempf, der Missionsbischof der Mariannhiller P. Adalbero Fleischer, zahlreiche Professoren der Theologie (…), mehrere Generalvikare der Diözese Würzburg, viele verdiente Mitarbeiter der Bischöfe im Domkapitel, bekannte Regenten der Bischöflichen Seminarien, Seelsorgspriester und Missionare.“

      Erziehung und Freizeit

      In den 1960er Jahren war von einer Krise im Kilianeum noch nichts zu spüren. Laut der Festschrift von 1971 lebten dort 1963 284 Buben und junge Erwachsene. Klassenstärken von 10 bis 15 Schülern waren nichts Besonderes. Um die Erziehung der Zöglinge kümmerten sich zu dieser Zeit sechs Personen: der Regens, vier Präfekten und ein Spiritual als geistlicher Begleiter.

      Nach Helmut Bauer stand von 1983 bis 1992 Pfarrer Reiner Fries an der Spitze des Kilianeums. Der heute in Zeil am Main lebende Ruhestandspfarrer berichtet: „Highlights waren der Elternabend zu Beginn des Schuljahrs, die legendäre Nikolausfeier, der Fasching, die Skifreizeit, die Elternwallfahrt an Christi Himmelfahrt, Kiliani, das Sommerfest und die Bergfreizeit in den Sommerferien.“

      Vom Kilianisten zum Pastoralreferenten

      Gut an das Kilianeum der 1970er und 1980er Jahre erinnert sich der damalige Kilianist Norbert Zettelmeier, heute Pastoralreferent in der Pfarreiengemeinschaft „Am Weinstock Jesu“, zu der Zeil, Sand, Krum und Ziegelanger gehören. 1968 in Ebelsbach in den Haßbergen geboren, kam er nach dem frühen Tod seiner Mutter 1978 in das Kilianeum – wie sein älterer Bruder.

      „Ich war ein klassischer Fall“, berichtet Zettelmeier, dessen Vater als Gemeindearbeiter und Nebenerwerbslandwirt tätig war. Das reichliche Essen schmeckte dem Buben gut. In der „Kilianei“ fand er immer Freunde zum Spielen, und das Freizeitangebot sei abwechslungsreich gewesen. Das Musik- und Sportangebot, das er zu Hause so nicht gehabt hätte, nahm er ausgiebig wahr: „Ich war einer, der nicht nur in die Schulbücher gesehen hat.“ Begeistert erinnert sich Zettelmeier an das in den 1960er Jahren im Kilianeum eingebaute Hallenbad. „Das war schon Luxus und Komfort“, sagt er über die 17-Meter-Bahn, durch die er gerne getaucht ist. „Eine große Freiheit“.

      Zeit für Internat vorbei

      In den 1980er Jahren gingen die Schülerzahlen des „Kilianeums“ trotz aller Modernisierungsmaßnahmen und Werbeaktionen kontinuierlich nach unten. Als Gründe benennt Zettelmeier die leichtere Erreichbarkeit der Gymnasien in ländlichen Regionen und das Fehlen kinderreicher Familien. Der Abwärtstrend ließ sich nicht mehr stoppen: Bereits im Sommer 1993 habe es im Kilianeum schon fast keine Fünftklässer mehr gegeben, berichtet der Pastoralreferent. „Die Zeit für Internate ist vorbei“, bemerkt Zettelmeier. Dass das „Kilianeum“ dann schließlich 1998 geschlossen wurde, sei für ihn keine Überraschung gewesen. Die Tradition des Kilianeums führt heute eine andere Institution fort: das 2000 im selben Gebäude eröffnete „Haus der Jugend“.

      Stefan W. Römmelt