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      Trippel-Trappel, Babysprache und Spirituelles

      Esel sind ein bisschen anders gestrickt. Die entscheiden selbst, wo sie gehen, wann sie gehen“, sagt Antti Winkler. Der 57-Jährige muss es wissen. Im gehören die vier langohrigen Vierbeiner, mit denen sich die 25-köpfige Pilgergruppe vom Tagungszentrum Schmerlenbach (Dekanat Aschaffenburg-Ost) an diesem sonnigen Herbsttag auf den Weg rund um den Ort macht: der dunkelgraue Hugo, der eigenwillige Kasimir, der lichtgraue Moritz und der kleine Winnie-Puuh. Dem Mythos vom „sturen“ Esel widerspricht Winkler. „Eigentlich ist er raffiniert“, erklärt er. Und damit hat er recht.

      Winnie-Puuh beherrscht einen Trick: das Davonstehlen. Der kleine Esel, der gerade noch warm und mit Unschuldsmine an meinem Oberschenkel lehnte, weicht Stück für Stück zurück. Heimlich, still und – auf dem laubbedeckten Waldboden – leise. Dass Winnie-Puuh Meister im Verschwinden ist, bemerke ich erst, als das Eselchen plötzlich trockene Blätter von einem Strauch hinter mir mampft.

      Kontrolle? I-Ah!

      Eigentlich will ich den Worten von Dr. Agnes Rosenhauer, Bildungsreferentin am Tagungshaus Schmerlenbach, lauschen. Sie erklärt gerade in einem der insgesamt fünf spirituellen Impule an diesem Tag, wie der Esel an die Weihnachtskrippe kam. Ich höre etwas von Jesaja 1,3, bin dann aber abgelenkt, weil ich Winnie-Puuh von dem Strauch wegholen muss. Gar nicht so leicht. Aber nach etwas sanftem Druck steht der kleine Esel wieder neben mir. Kurz. Dann zieht er mich mehrere Meter nach rechts hinter sich her und frisst Eicheln – Frauen und Männer, die am Führstrick hinter einem Esel hereilen, und versuchen so auszusehen als hätten sie die Kontrolle, sieht man an diesem Tag einige Male. Hier geht er, und das heißt auch ich, jetzt erstmal nicht mehr weg.

      Weitere Bilder

      Was Rosenhauer sagt, dringt nur noch in Fetzten zu mir herüber. Später, als längst ein anderer Pilger den kleinen Eselhengst führt, muss ich – zugegebenermaßen etwas ketzerisch – an Winnie-Puuh denken. „Fiat voluntas tua“ (lateinisch: Dein Wille geschehe) wird am Nachmittag am Kreuz über dem Eingang der Haibacher Kapelle stehen. Aha!

      Der Prophet Bileam

      Doch jetzt gebe ich das Eselchen erstmal weiter und frage Agnes Rosenhauer nochmal nach dem Weg des Esels an die Krippe. Sie erklärt mir, dass erst der sogenannte Pseudo-Matthäus Ochs und Esel, die im ursprünglichen Bibeltext fehlen, zum Krippenpersonal hinzufügte. Damit habe der unbekannte Autor die Unbegreiflichkeit Gottes unterstreichen wollen, sagt die Theologin. Mir ist etwas anderes unbegreiflich: Warum Pilgern mit Eseln? Daran ist der Prophet Bileam schuld, sagt Rosenhauer. Der ist ihr auf einem Holzschnitt begegnet. In Dr. Ursula Silber, der Rektorin des Martinushauses Aschaffenburg, fand sie eine erfreute Comoderatorin. Silber sieht den Pilgertag als Chance, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, auch mit denen, die sonst gar nicht so viel mit Kirche zu tun haben.

      Nun erklärt sie den Pilgern aber erstmal die Geschichte mit Bileam (Num 22,1–24,25). Der ist so verblendet, dass er – anders als seine Eselin – den Engel des Herrn nicht erkennt. Weil die Eselin sich weigert an dem Engel vorbeizugehen, schlägt Bileam sie. Erst als Gott das Tier sprechen lässt, erkennt der Prophet seinen Fehler. Den Pilgern gibt Silber den Impuls zu überlegen, auf wen sie sauer sind, und sich zu fragen, ob sie es schaffen, demjenigen Gutes zu wünschen. Dann sagt sie augenzwinkernd: „Wir folgen den Eseln.“

      Das tun die 21 Frauen und vier Männer gerne. Mit Hugo, Kasimir, Moritz und Winnie-Puuh an der Spitze geht es weiter durch Wald und Flur. Beim Führen wechseln sich die Teilnehmer ab. „Wir hatten nicht mit diesem Ansturm gerechnet“, gibt Rosenhauer zu. Esel sind anscheinend beliebt. Eine Teilnehmerin nennt ihren Esel plötzlich sogar „Knuffel“. Sie ist nicht die Einzige, die mit den Tieren in Babysprache spricht. Auch ich hatte mich zuvor dabei erwischt. An der nächsten Wegkreuzung ruft Antti Winkler dann: „Winnie nach!“. Im Stall ist der Winzling ohnehin der Chef der kleinen Eselschar.

      Im Eseltempo

      Beim ersten Eselpilgertag sind viele Pfarrgemeinderäte dabei. Peter Fuchs etwa ist Pfarrgemeinderatsvorsitzender in Büchold (Dekanat Karlstadt) und mit Ehefrau und Freunden gekommen. Das Pilgern mit den Eseln war ein Geburtstagsgeschenk zum 50. – und Fuchs macht es Freude sich auf ihr gemächliches Tempo einzulassen. Spaß am Eselpilgern hat auch Ernst-Joachim Jost. Der 60-Jährige Eselfan ist eigens aus Hühnfeld bei Fulda angereist und wird am Ende des Tages sagen: „Es hat sich rentiert.“

      Dabei ist heute auch Barbara Völker mit Ehemann Jürgen Wenzel. Die 58-Jährige ist gewissermaßen Eselprofi. Mit ihrer Tochter war sie schon Eselpilgern in Frankreich. „Deutsche Esel sind genauso stur und anstrengend wie französische“, sagt sie und lacht. Überhaupt könne man mit Esel viel lachen „Jetzt kann mein Mann nachvollziehen, was wir erzählt haben.“ Der stellt fest: „Mein Hund ist einfacher zu führen.“ Das stimmt wohl. Nichtsdestotrotz haben sich Kasimir, Hugo, Moritz und natürlich Winnie-Puuh – von einigen eigenwilligen Abstechern zu Eicheln und Co. abgesehen – den Tag über brav führen lassen. Auf dem Heimweg fehlt mir das Trippel-Trappel von Winnies kleinen Hufen neben mir. Gelegentliche Sturheit, hin oder her.  

       A-L. Herbert

      Der nächste Eselpilgertag findet am 11. Mai 2019, von 10 bis 16 Uhr statt, Kosten 30 € (inkl. Verpflegung); Anmeldung per E-Mail an „forum@schmerlenbach.de“ oder unter Telefon 06021/63020.