SARS-CoV2 – so die exakte Bezeichnung des Virus – hat uns fest im Griff. Seit Wochen werden täglich die Zahlen der Infizierten vermeldet, gibt es Verhaltensempfehlungen. So möchte man meinen, dass auch der Letzte den Ernst der Lage begriffen hat und sich entsprechend verhält. Auf die meisten trifft das auch zu. Es gibt aber auch Zeitgenossen, die entweder so unbedarft oder so dreist sind, dass sie meinen, alle Mahnungen ignorieren zu können.
Doch nicht nur Dummheit, Egoismus oder mangelndes Verantwortungsbewusstsein, also Schwachstellen im Charakter von Mitmenschen bringt die Corona-Krise zutage, sondern auch andere. So war bislang auf Ebene des Vereinten Europa im Kampf gegen das Virus wenig von abgestimmtem Vorgehen, geschweige denn von Solidarität zu spüren. Überdeutlich hat die Krise zudem gezeigt, welche globalen wirtschaftlichen Abhängigkeiten bestehen, dass sogar unser Gesundheitswesen ohne funktionierenden internationalen Warenverkehr schnell an Grenzen kommen kann. Wieder einmal wurde auch deutlich, wie fragil und anfällig das weltweite Wirtschaftssystem ist.
Doch hat die Medaille Corona-Krise auch ihre andere Seite. Da wären beispielsweise die vielen kleinen und großen Initiativen und Angebote der Hilfe, die spontan entstanden sind, von der Kinderbetreuung bis zum Lebensmitteleinkauf für Alte und Kranke. Da zeigt sich eine Solidarität, ja Nächstenliebe, die in krassem Gegensatz steht zu der Selbstbezogenheit anderer, die Ausgangsverbote erforderlich macht. Zu dieser anderen Seite zählen aber auch eine Politik, die sich nicht vor schmerzhaften Maßnahmen scheut, und Verwaltungsstrukturen, die erstaunliche Flexibilität an den Tag legen. Jede Krise sei eine Chance, heißt es ja. Wäre zu wünschen, dass etliches davon über die Krise hinaus Bestand hat, weil es dieser Gesellschaft gut täte. Beispielsweise die gestiegene Wertschätzung gegenüber dem Klinik- und Pflegepersonal; die sollte es bis auf deren Gehaltszettel schaffen.
Wolfgang Bullin