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      Gedanken zum Sonntagsevangelium von Birgit Pottler, Würzburg

      Raum schaffen für Gott

      Gedanken zum Sonntagsevangelium von Birgit Pottler, Würzburg
      Evangelium
      Das Paschafest der Juden war nahe, und Jesus zog nach Jerusalem hinauf. Im Tempel fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und die Geldwechsler, die dort saßen. Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus, dazu die Schafe und Rinder; das Geld der Wechsler schüttete er aus, und ihre Tische stieß er um. Zu den Taubenhändlern sagte er: Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle! Seine Jünger erinnerten sich an das Wort der Schrift: Der Eifer für dein Haus verzehrt mich. Da stellten ihn die Juden zur Rede: Welches Zeichen lässt du uns sehen als Beweis, dass du dies tun darfst? Jesus antwortete ihnen: Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten. Da sagten die Juden: Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut, und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten? Er aber meinte den Tempel seines Leibes. Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte. Während er zum Paschafest in Jerusalem war, kamen viele zum Glauben an seinen Namen, als sie die Zeichen sahen, die er tat. Jesus aber vertraute sich ihnen nicht an, denn er kannte sie alle und brauchte von keinem ein Zeugnis über den Menschen; denn er wusste, was im Menschen ist.
      Johannes 2,13–25
       
      Samstagnachmittag in der Münchner Fußgängerzone: An jeder Ecke spielt ein anderer Straßenmusiker; Klassik mischt sich mit peruanischen Klängen und den Gesängen der Fußballfans, die vor dem Spiel schnell noch einen Abstecher in die Bier- und Einkaufstempel machen. Aus der nahen Frauenkirche dringt Orgelmusik. Spontan bleibe ich stehen und öffne vorsichtig die Tür.
      Langsam blicke ich mich um: Ein junger Mann schaltet verstohlen sein Handy stumm. Eine Familie mit zwei Kindern streift interessiert durch das linke Seitenschiff, vorbei an Altarnischen und Buntglasfenstern. Ein alter Mann kniet mit gefalteten Händen im Hauptschiff, nur wenige Bankreihen hinter ihm disputieren flüsternd zwei Frauen. Zwei junge Männer schließen langsam die Tür der Sakramentskapelle hinter sich. Keine Spur mehr von Hektik und Geschäftigkeit, kein Vergleich mit einer „Markthalle“. „Eine wirksame Tempelreinigung“, kommt es mir in den Sinn. Hier ist Platz für alle. Der Eintritt ist frei, der Kauf bestimmter Kult- und Opfermittel nicht nötig.
      Für den Tempelbetrieb der Juden war der Opferhandel im Vorhof unverzichtbar. Der Umtausch von Schekeln in eine spezielle Tempelwährung und der Kauf von Tauben, Rindern oder Schafen ermöglichte erst den Zugang zum Kult. Doch bei Händlern und Geldwechslern florierte weniger der Glauben als das Geschäft. Ihre Stände waren gleichsam Wirtschafts- und Verwaltungszentrum, Frömmigkeit war instrumentalisiert.
      Jesu Auftreten im Tempel war historisch gesehen wohl der Anfang seines Endes, nicht nur nach der Darstellung des Johannesevangeliums. Hier setzte die Anklage der Juden an. Kritik am Tempel und dem dort zelebrierten Kult kam Gotteslästerung gleich. Jesus hat dies gewusst, und doch trat er unerschrocken für seine Botschaft vom angebrochenen Reich Gottes ein. Für ein Reich, das alle menschlichen Begriffe übersteigt und sich weder räumlich noch zeitlich messen lässt. Dieses Reich hat seiner Überzeugung nach schon hier und jetzt begonnen, es wird sichtbar und wirksam in Jesu Wunder und Zeichen, es ist mitten unter den Menschen. Zur Ausbreitung braucht es Raum, nicht die Gesetzmäßigkeiten einer Marktwirtschaft. Diesen Raum frei zu geben, ist eine unserer Aufgaben in der Nachfolge Jesu.
      Für Jung und Alt muss die Begegnung mit Gott möglich sein, für Männer wie Frauen, für Zweifler genau so wie für fest in den Traditionen Verwurzelte. Tradition und überlieferte Formen der Frömmigkeit sind ohne Zweifel wichtig und dürfen auch heute keinesfalls leichtfertig aufgegeben werden. Doch gilt es diejenigen Händler im Tempel zu ermahnen, denen die Gesetzmäßigkeit des Kultes über alles gehen. Im Mittelpunkt aller kirchlicher Aktivitäten müssen die viel zitierten Freuden und Hoffnungen, die Trauer und die Ängste der Menschen von heute stehen. Das bedeutet eine Vielzahl an Gesprächsangeboten, Gebetszeiten und Gottesdiensten, wenngleich mitunter in anderen Formen und zu anderen Zeiten als bislang üblich. Oftmals genügt ein Ort, der – wie mich an diesem Samstag – zum Bleiben einlädt, der etwas anderes ausstrahlt als Bahnhofshallen und Kaufhäuser; ein Raum, in dem Begegnung möglich ist: mit sich und seinen Fragen an Gott und die Menschen, mit Menschen, die diese Fragen offen hinnehmen und zuletzt auch mit Gott.
       
      Die Autorin ist Diplomtheologin und arbeitet als Assistentin des Generalvikars.