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      Das Eisinger „Theater unterm Turm“ entwickelt ein neues Stück

      Mönus, Möna und die Wasserspinne

      Am Main zu sein, findet Enrico Illhardt fabelhaft. Vor allem, wenn das Wetter nicht ganz so schön ist. „Also wenn es regnet und blitzt und donnert“, sagt der 52-Jährige aus dem Eisinger St. Josefs-Stift. Dann ist das Wasser aufgewühlt. Als wäre der Flussgott in Rage. Überhaupt, der Flussgott ... Mit dem hat sich der Schauspieler in letzter Zeit viel beschäftigt. Gern würde er die Gottheit des Flusses auch im neuen Stück der Theaterwerkstatt Eisingen verkörpern, das im Herbst 2020 Premiere feiern wird.

      Den Main-Gott zu spielen, wäre eine ganz besondere Ehre, findet Illhardt. Wobei alle Wesen aus der neuen Produktion des „Theaters unterm Turm“ ihren Reiz haben. Neben Flussgott Mönus gibt es eine Flussgöttin namens Möna. Auf, im und am Main, der im Mittelpunkt des Stücks stehen wird, tummeln sich ansonsten ein stolzer Schwan und eine Muschel, ein bunter Schmetterling und eine Wasserspinne, ein Kormoran, ein Kammmolch und eine Elster. Neun Schauspieler wirken diesmal mit. „Sechs gehören zur alten Theatertruppe, drei haben wir neu ins Ensemble integriert“, berichtet Theaterleiterin Ann-Kathrin Beyersdorfer.

      „Fabelhafter Main“

      Bis die Truppe eine neue Aufführung fertig im Kasten hat, dauert es immer eine ganze Weile. Die Uranfänge des neuen Stücks gehen diesmal auf einen „Teamspaziergang“ im Sommer 2018 in Wertheim zurück. „Da kamen wir auf die Idee, uns mit dem Main zu beschäftigen“, erzählt Beyersdorfer. Und zwar mit allen seinen Facetten. Es soll um die Geschichte und die gegenwärtige Bedeutung des Flusses gehen. Vor allem aber auch um die Sagen, die poetischen Fabeln und Legenden, die sich um den Main ranken. „Fabelhafter Main“ lautet deshalb der aktuelle Arbeitstitel.

      Alles selbstgemacht

      Die Eisinger Schauspieler erarbeiten sich ihre Rollen selbst und sind daneben als Kostümbildner tätig. „Beim Stiftsfest Ende Mai haben wir uns erstmals mit vorläufigen Kostümen gezeigt“, berichtet Beyersdorfer. Noch ist alles, wie der Main selbst, im Fluss. Rollen können noch getauscht, ganz und gar verworfen oder modifiziert werden. Bisher ging es vor allem darum, mögliche Rollen so zu verteilen, dass sie gut zu den Bewegungen der Schauspieler passen. Das ist bereits gut gelungen. Dana Dittrich schreitet als Schwan beeindruckend majestätisch daher. Carolin Schmidt ist die Rolle des flatterhaften Schmetterlings auf den Leib geschneidert.

      Über Schleusen

      Am sogenannten „Plot“, wie die Handlung in Theater- und Filmkreisen genannt wird, werden die Eisinger noch länger häkeln. Gerade weil das Thema „Main“ so viele Facetten hat, stellt es eine Herausforderung dar, die Vielzahl an Ideen in ein höchstens 70-minütiges Stück zu integrieren. „Bei Intensivtagen im März in Schweinfurt haben wir uns sogar mit einem Vertreter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts getroffen“, erinnert sich Beyersdorfer. Wieder taten sich neue Welten auf. Das Ensemble erfuhr zum Beispiel Interessantes über Schleusen: „Aber auch das Thema ‚Umwelt’ finden wir im Bezug auf den Main spannend.“ So entstand die Idee, „Upcycling-Kostüme“ zu entwerfen, also Kostüme aus wiederverwerteten Materialien.

      Neun von 22 dabei

      Das „Theater am Turm“ eröffnet den Bewohnern des St. Josefs-Stifts die Chance, einem großen Publikum zu zeigen, was Menschen mit geistiger Behinderung alles drauf haben. Seit 1981 gibt es Theater in der Eisinger Einrichtung. Das Interesse der Bewohner, an den Stücken mitzuwirken, ist groß. „Leider konnten wir diesmal nicht jeden nehmen“, bedauert Beyersdorfer. 22 Männer und Frauen hatten sich im Oktober zum Casting gemeldet. Neun wurden ausgewählt. Mehr hätte das neue Leitungsteam überfordert, denn Ann-Kathrin Beyersdorfer und ihre Kollegin Susanne Schoeppe sind erst seit 2018 als Chefinnen der Theaterwerkstatt aktiv.

      Jetzt ohne Masken

      Die Stückentwicklung zieht sich auch deshalb hin, weil nicht immerzu geprobt werden kann. Reguläre Proben finden lediglich einmal in der Woche für drei Stunden statt. Außerdem sind zwei Intensiveinheiten vorgesehen. So wird sich das Ensemble im Herbst für zwei oder drei Tage zurückziehen, um an den Kostümen zu arbeiten. Die sollen besonders aufwendig gestaltet werden, weil sich Beyersdorfer und Schoeppe entschieden haben, bei ihrer ersten gemeinsamen Produktion auf den magischen Effekt von Masken zu verzichten. Die Masken waren bis dato das Markenzeichen des Ensembles gewesen. Sie zu schaffen, bedeutet allerdings einen immensen Aufwand. Auch wenn die Premiere noch lange hin scheint, heißt es, am Ball zu bleiben. Denn es ist noch Etliches zu tun. So soll es eigens für das Stück komponierte Musik geben.

      Das liebe Geld

      Mit der Gruppe „Strabande“ hat Beyersdorfer einen guten Kooperationspartner gefunden. Liegen die Melodien und Songtexte vor, müssen sie mit der noch zu entwickelnden Geschichte verwoben werden. „Zu instrumentalen Passagen wollen wir konkrete, zu Liedern abstrakte Szenen auf die Bühne bringen“, erläutert die Theaterpädagogin das künstlerische Konzept. Bis Jahresende ist nicht nur inhaltlich ein ambitioniertes Programm zu bewältigen. Hinzu kommt der Kampf ums Geld. In den Pflegesätzen und Betreuungsschlüsseln finden sich kaum Mittel, um eine Theaterproduktion zu finanzieren. Das Ensemble hofft auf eine Förderung durch die „Aktion Mensch“. Am Antrag wird gerade gearbeitet. Auch das kostet Zeit.    

      Pat Christ