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      Mit dem Herzen gemacht

      Blickt man Maximiano Ochanté beim Arbeiten über die Schulter, kann man es kaum glauben: Mit nur sieben Fingern modelliert er filig­rane Hände, engelsgleiche Gesichter und detailreiche Trachtengewänder.
      Selbst die Verstümmelung der linken Hand durch einen Unfall konnte ihn nicht von seiner Liebe zum Modellieren abbringen. Seit über 40 Jahren fertigt der bescheidene Peruaner Krippenfiguren und Reta­blos und zählt heute zu den bekanntesten Künstlern Südamerikas.    Auf sein vermeintliches Handicap angesprochen, zuckt Maximiano Ochanté nur lächelnd die Schultern: „No es ningún problema!“ (Das ist kein Problem!). Dann berichtet der kleine Peruaner mit dem kurz geschnittenen schwarzen Haar (Jahrgang 1959) mit leiser Stimme, beinahe ein wenig entschuldigend, aus seinem Leben: Von seinen Eltern – einem einfachen Kunstweber und einer Konditorin aus dem Hochland Perus. Von seiner Kindheit in Ayacucho. Und von der frühen Faszination für das traditionelle Kunsthandwerk. Bereits als Zehnjähriger entdeckte der kleine Maximiano bei einem Ferienkurs des Centro Artesanal seine Begeisterung für das Modellieren. Weil er zu jung für eine Ausbildung war, vermittelte ihm Mardonio Lopez erste Grundkenntnisse im Gestalten und Herstellen von Figuren und Retablos. Sein Vater richtete ihm eine kleine Werkstatt ein, wo er in jeder freien Minute Figuren formte. Als Maximiano 15 Jahre alt war, wurde seine linke Hand durch eine Feuerwerksexplosion verstümmelt – doch auch das konnte ihn nicht vom Modellieren abhalten. 1982 ging er nach Lima, wo er seine selbst gefertigten Figuren Touristen zum Kauf anbot. Zeitgleich absolvierte er eine Ausbildung zum Zahntechniker – doch die Liebe zur Kunst war stärker: Obwohl er als Klassenbester abschnitt, hängte Maximiano seinen Beruf an den Nagel und widmete sich künftig nur noch dem Kunsthandwerk.    Als schließlich die Künstlervereinigung Inti Raymi auf Ochanté aufmerksam wurde, ließ auch der künstlerische Durchbruch nicht mehr lange auf sich warten: 1992 erhielt er den dritten Preis, 1994 folgte der zweite und 1995 schließlich der erste Preis. Seitdem zählt Ochanté zu den bekanntesten Retablo-Künstlern Südamerikas.  

      Aus Spanien

      Ursprünglich geht der Retablo auf die spanische Missionierung Lateinamerikas zurück. „Die Spanier haben diese Kunst vor 500 Jahren in Südamerika heimisch gemacht, doch die Andenvölker haben sie zur Perfektion gebracht“, berichtet der Leiter des Münsterschwarzacher Fair-Handels Klaus Brönner.   Die tragbaren Klappaltäre begleiteten die Menschen bei ihren Wanderungen durch das Hochland Perus und waren eine Art Bild gewordene Verkündigung. Die Mönche der Abtei Münsterschwarzach haben den schöpferischen Reichtum und die farbenprächtige Bildsprache der Retabelkunst schon sehr früh erkannt. Der erste Kontakt mit peruanischen Künstlern kam Ende der 1980er Jahre durch Orlando Vasquez, den Präsidenten der peruanischen Künstlervereinigung Raymisa, zustande. „Abt Fidelis war damals sofort klar, dass die Förderung des Kunsthandwerks sich bestens dafür eignete, der bitterarmen Andenbevölkerung zu helfen“, erinnert sich Klaus Brönner an die Anfangszeit: „Die Mönche brachten Hilfsgüter nach Südamerika und erhielten im Austausch Retablos und Krippen.“ In der aufkeimenden Weltladenszene der 1990er Jahre habe Kunst aus Südamerika dann für einen regelrechten Hype gesorgt, so Brönner weiter. Vor allem Keramikkrippen waren gefragt, aber auch die Maismehl-Krippen von Ochanté weckten Begeisterung.   

      In aller Welt

      Heute schätzen Krippensammler aus der ganzen Welt die Arbeiten des stillen Peruaners. Helmut und Brigitte Brennauer zum Beispiel reisen jede Saison eigens aus Oberbayern nach Münsterschwarzach, „um zu schauen, was es Neues gibt“. Obwohl ihre Sammlung bereits über 100 Krippen umfasst, finden die Brennauers jedes Jahr ein Stück, das sie mit nach Hause nehmen.    Das Material, aus dem Ochanté seine Krippen fertigt, mag auf den ersten Blick simpel erscheinen, basiert aber auf jahrelanger Erfahrung. Auf einem kleinen Gaskocher wird zunächst Maismehl mit Wasser aufgekocht. Der gequollene Brei wird dann so lange mit Gips angereichert, bis eine weiche, geschmeidige Masse entsteht. Wie ein Zauberer erschafft Ochanté aus dem formlosen Teig Figuren jeder Größe und Gestalt. Geschickt und mit verblüffender Geschwindigkeit knetet, dreht, rollt und formt er feingliedrige Gesichter, zarte Hände und anmutige Tiergestalten. Selbst kleinste Details wie Fingernägel, Haare und Gewandfalten werden mühelos ausmodelliert und wirken natürlich und lebendig. Folkloristische Szenen – Menschen bei der Fiesta, ein Blick in traditionelle Handwerksstuben oder die Kaktusernte in den Anden – gehören ebenso zu Ochantés Bilderwelt wie religiöse Szenen. Geburt, Leidensweg und Auferstehung Jesu’ schweben dabei nicht im geschichtslosen Raum, sondern verschmelzen ganz bewusst mit der Bildwelt der Anden: Traditionelle peruanische Motive wie Blitz, Regenbogen, Kondor, Sonne, Mond oder die Apus, peruanische Berggottheiten, stehen so ganz selbstverständlich neben einer Indio-Maria oder einem Engel mit den Gesichtszügen einer von Ochantés Töchtern. Sind die Figuren getrocknet, werden sie mit Kreide grundiert, mit wasserlöslicher Acrylfarbe bemalt und schließlich in den eigenhändig gezimmerten und mit Blumen-Ornamenten verzierten Retablo-Kasten eingesetzt.  

      Aus dem Glauben

      35 Tage braucht Maximiano Ochanté für einen großen Retablo. So ist es nicht verwunderlich, dass bei jedem fertigen Stück auch ein wenig Traurigkeit aufkommt: „Die Arbeiten wachsen mir ans Herz wie ein Kind. Ich bin traurig, wenn ich es hergeben muss“, bekennt Ochanté. Diese innige Liebe des Schöpfers zu seinem Werk schlägt sich sichtbar in den Figuren nieder. Auf die Frage, was ihr an Maximiano Ochanté so gefällt, kann Brigitte Brennauer nur eines antworten: „Der Ausdruck!“ Für sie sind die Figuren „mit dem Herzen gemacht“. „Man merkt ihnen die tief verwurzelte Frömmigkeit ihres Machers einfach an“, sagt sie. Der Glaube ist es letztlich auch, der Ochanté bei seinem Schaffen antreibt und beflügelt: „Durch meine Arbeit will ich die Herrlichkeit Gottes und seiner Schöpfung zum Ausdruck bringen – nicht mehr und nicht weniger.“   Anja Legge