Nach einem Studium von Ethnologie und Philosophie, lebte die gebürtige Schweinfurterin zehn Jahre als Völkerkundlerin in Südafrika und entdeckte bei einem Aufenthalt auf Hawaii ihre Leidenschaft für das grafische Arbeiten. In Würzburg eröffnete sie dann das Grafikbüro „Herr Pfeffer“ und verkaufte Postkarten, Kleinigkeiten und Selbstgemachtes. Wahler wurde in den Kulturbeirat der Stadt Würzburg berufen, mit Preisen ausgezeichnet, leitete den Verein für „Kunst im Öffentlichen Raum“, engagierte sich in der Jugendarbeit. Nach zehn Jahren auf der Überholspur war plötzlich Schluss.
„Ich war völlig überarbeitet und wollte die Reißleine ziehen“, so Wahler. Sie schloss den Laden und kaufte ein Häuschen in Volkach, um zur Ruhe zu kommen. Doch „auf dem Land ist man noch mal näher dran und sieht sofort, was alles nicht läuft“, sagt Manu: „die Oma, die keiner pflegt, das von der Schließung bedrohte Freibad, der Hotel-Bau in idyllischer Mainlandschaft, und und und“. Es kam wie es kommen musste – sie landete im Burnout.
Ein Stoß Papier und ein schwarzer Filzstift
Heute, über ein Jahr später, ist die Frau mit dem schwarzen Kurzhaarschnitt „megadankbar, dass alles so gekommen ist“. „Erst wenn etwas zusammenbricht, haben wir die Chance, dass etwas Neues beginnen kann“, sinniert sie während eines etwas unkonventionellen Interviews an der Gertraudiskapelle bei Gerolzhofen. Auch Corona ist für sie deshalb mehr ein Segen als ein Fluch. „Weil das Virus uns dazu zwingt zu erkennen, dass wir alle gleich sind, und weil es uns zeigt, dass wir Dinge ändern und loslassen müssen.“
Was Manu Wahler in den Wochen und Monaten nach ihrem eigenen Zusammenbruch am meisten geholfen hat, waren ein Stoß Papier und ein schwarzer Filzstift. „Durch das Zeichnen habe ich mich selbst wieder neu entdeckt und gespürt, welches Geschenk es ist, im Jetzt zu sein“, sagt sie. Während die Hände mit dem Zeichnen beschäftigt seien, komme sie selbst zur Ruhe und könne Situationen neu bewerten. Auch so mancher Satz des bekannten Benediktinerpaters Anselm Grün ist in dieser Zeit tief in ihr Herz gefallen. „,Du bist ein Segen’ ist ein solcher Satz“, sagt Manu und zeigt eine Ausmalseite mit einem lächelnden Fantasietier, strahlenden Himmelskörpern und fröhlichen Ornamenten.
Was der Name „Manu Nuna“ bedeutet
Einem spontanen Impuls folgend hat Manu ihre Zeichnungen nicht in den Papierkorb geworfen, sondern an den Vier-Türme-Verlag geschickt. „Macht damit, was Ihr wollt“ schrieb sie dazu. Als der Verlag ihr dann vorschlug ein Malbuch aufzulegen, sei das für sie zunächst ein Problem gewesen. „Ich wollte ja gerade nichts Kommerzielles machen“, sagt sie. Die Lösung war einfach: Ihr Honorar geht jetzt als Spende an die Abtei, statt ihres Namens erscheint „Manu Nuna“ auf dem Cover, was in der alten indischen Gelehrtensprache Sanskrit „Neuer Mensch“ bedeutet.
Da einige der eingesandten Zeichnungen ohnehin schon um Anselm-Sprüche kreisten, war die Richtung klar. In den folgenden Wochen meditierte und illustrierte die Künstlerin weitere Zitate des spirituellen Bestseller-Autors. Wie sie das konkret macht, kann Manuela Wahler nur schwer erklären: „Während ich die Worte lese, gehen in meinem Inneren Türen auf, es kommen Gefühle hoch, die sich mit Figuren verbinden.“ So wird aus der Stärke ein Bär, aus der Stille eine Eule, aus Glück Sonne, Wolken und ein Regenbogen. Wie zum Beweis greift Manu zum Stift und zeichnet los.
Ausgangspunkt ist ein Schild an der Kapelle: „Dein bester Freund und dein größter Gegner sitzen in deinem Kopf“, heißt es da. „Mein Herz sagt mir, ob dieser Satz für mich wahr ist oder was er bedeutet“, sagt Manu. Wie so oft bildet auch dieses Mal eine kindliche Figur mit großem Kopf und nach innen blickenden Augen das Zentrum der Zeichnung. „Das ist das Kind, das in jedem von uns steckt.“ Dann führt eins zum anderen, aus den Augen fließen Tränen, im Kopf taucht ein Lächeln auf, bis der Weg über einige Schleifen zum Herzen, zu Liebe und Selbstannahme führt.
Alles was Manu zeichnet – Tiere, Menschen, Blumenornamente – wirkt wie gedruckt und ist doch leichtfüßig und einfach. „Leben braucht keine monströsen Konstrukte“, begründet sie lakonisch. „Es bedeutet einfach da zu sein und zu leben. Mehr nicht.“
Buch als Geschenk und Energietankstelle
Dass durch „Geschenkte Zeiten“ auch andere Menschen zu sich selbst finden, würde sich die Lebenskünstlerin wünschen. „Das Buch ist ein Geschenk an all diejenigen, die nicht den Mut haben, sich eine Auszeit zu nehmen. Es soll eine Art Energietankstelle sein, die man für wenige Minuten am Tag aufsuchen kann.“ Genau das ist auch das Anliegen von Pater Anselm Grün, der das Malen als „Form der Meditation und der Verinnerlichung“ bezeichnet: „Im Malen drücke ich das aus, was ich empfinde. Ich bringe es nach außen. Und zugleich führt es mich in das eigene Innere“, schreibt er im Vorwort des Buchs und ermuntert den Ausmaler dabei, sich „selbst auf neue spielerische Weise kennenzulernen“.
Anja Legge
Das Ausmalbuch
Anselm Grün/Manu Nuna: „Geschenkte Zeiten – Spirituelle Weisheiten zum Meditieren und Ausmalen“, Vier- Türme-Verlag, Münsterschwarzach 2020, 64 Seiten, broschiert, 10 Euro, ISBN: 978-3-7365-0324-3.