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      Oberschwarzach – Sehnsuchtsort für Literaturliebhaber, Naturfreunde und Genießer

      Kindern gehört Kästners Glücksklee

      Am 23. Februar jährte sich Erich Kästners Geburtstag zum 125. Mal. Vielfaches Gedenken allerorten. Ganz nah kommt man dem Schriftsteller wohl im zwischen den Westausläufern des Steigerwalds gelegenen Markt Oberschwarzach an der Grenze zwischen Unter- und Oberfranken.

      Wer sich aufmacht ins Tal der Schwarzach, stößt am Ende des Erich-Kästner-Wegs auf das Haus Steinmühle. In ihm leben Mädchen und Jungen, denen Schlimmes widerfahren ist, die aus unterschied- lichen Gründen nicht bei ihren leiblichen Eltern sein können oder dürfen. Wie in einer Familie können sie dort ab einem Alter von zwei bis längstens 21 Jahren zu Hause sein. Sie werden einfühlsam betreut sowie auf dem Weg in ihre Selbstständigkeit heilpädagogisch und therapeutisch gefördert.

      Schmökern und forschen

      Eben aufgrund dieser Wohngruppe wurde aus der ehemaligen Tenne der Steinmühle ein Erich-Kästner-Museum – bestückt mit den persönlichen Gegenständen des großen Menschen- und insbesondere Kinderfreundes. Ein Schatz, den es zu heben gilt, ist Kästners Bibliothek mit fast 10000 Büchern.

      Der Verein „Erich Kästner Kinderdorf“, privater Träger der Jugendhilfe, verwahrt ausdrücklich nicht bloß den Nachlass seines Namensgebers. Vorsitzender Gerald Möhrlein und Geschäftsführerin Eva-Maria Hoffart laden herzlich ein, beispielsweise im Sessel des berühmten Mannes Platz zu nehmen und zu schmökern oder an seinem Schreibtisch wissenschaftlich zu arbeiten. „Hie und da sind Randnotizen zu entdecken“, verraten sie, „zuweilen ein zwischen die Seiten geratener Einkaufszettel, sogar ein säuberlich gepresster vierblättriger Glücksklee.“ Berühren erlaubt, aber nicht einstecken!

      Besuch nach Absprache

      Intensivbetreuung, akute Krisenintervention, Inobhutnahme, … Die Verantwortlichen bitten um Verständnis, dass niemand einfach so auf das Anwesen laufen darf. Interessierte müssen ihren Besuch unter der zentralen Vereinsrufnummer in Iphofen (09323/226) oder per Mail unter leitung@erich-kaestner-kinderdorf.de vereinbaren.

      Ein Stück den Bach abwärts gibt es noch die Wiesenmühle. Dieses weitere von insgesamt sechs Kinderdorf-Familienhäusern in den Landkreisen Kitzingen und Schweinfurt heißt KästnerHof. Auf dessen Gänseweide pflanzte am Weltkindertag vergangenen Jahres Bischof Franz einen Apfelbaum der alten Sorte Bischofsmütze. Das war der erste von zusammen 50 jungen Hochstämmen: Birnen, Quitten, Zwetschgen und allerlei Wildfrüchte – finanziert über das landesweite Programm „Streuobst für alle!“, das für biologische Vielfalt in der Natur sorgen soll.

      Als Kind geprägt

      Bischof Franz verglich das Gedeihen der Bäumchen mit dem der Kinder. Feste Wurzeln auszubilden, sei entscheidend für alles Folgende. Oder wie Erich Kästner es formulierte: „Die meisten vergessen ihre Kindheit wie einen Schirm und lassen sie irgendwo in der Vergangenheit stehen. Und doch können nicht vierzig, nicht fünfzig spätere Jahre des Lernens und Erfahrens den seelischen Feingehalt der ersten Jahrzehnte aufwiegen.“ Solche programmatischen Sätze bestärkten vor 50 Jahren die Pädagogin Gunda Fleischhauer, neue Wege zu gehen. In Mainbernheim bekam sie die Möglichkeit, ein Heim zu verwirklichen. Die Gründerin erläuterte Erich Kästner in einem sechsseitigen Brief, warum sie ihn als Namenspaten gewinnen möchte. Schmunzelnd berichtet sie, dass der Angefragte sehr knapp per Telegramm am 26. Mai 1974 antwortete: „Bin mit Kinderdorfbenennung einverstanden.“ Schulen, die nach Erich Kästner benannt sind, gibt es eine ganze Reihe, aber nur ein Kinderdorf. Deshalb bedachte Luiselotte Enderle (1908−1991), für mehr als drei Jahrzehnte Kästners Lebensgefährtin, die Franken per letztem Willen. Sie vermachte dem Kinderdorf das gesamte Inventar des Hauses Flemingstraße 52 in München, wo das Paar sich nach der kriegsbedingten Flucht aus Berlin angesiedelt hatte.

      Wege zu Wald und Wein

      Unabhängig von Erich Kästners Erbe bietet es sich an, in die wald- und weinreiche Umgebung auszuschwärmen. Beliebte Fernverbindungen sind der „Kelten-Erlebnisweg“, der „2-Franken-Radweg“ und der „Steigerwald-Panoramaweg“. Kürzere Touren beginnen am neuen Generationenplatz mit Fitness- und Spielgeräten (beim Feuerwehrhaus) beispielsweise zur 14-Nothelfer-Kapelle auf dem Hörnle; die Strecke streift einen Museumsweinberg mit bis zu 150 Jahre alten Rebstöcken. Auf dem Gebiet des Marktes Oberschwarzach mit seinen neun Ortsteilen erstrecken sich rund 120 Hektar Weinberge, darunter der mit 440 Metern höchste in Franken – am Handthaler Stollberg. Hinauf zum dortigen terroir f, einem der magischen Orte des Frankenweins, führt der Weg der Erkenntnis.

      Immaterielles Kulturerbe

      In Handthal ist ein Abstecher zum architektonisch wie inhaltlich bemerkenswerten Steigerwald-Zentrum Pflicht. Sich achtsam gegenüber der Schöpfung zu verhalten, ist das beherrschende Thema der von den Staatsforsten initiierten Bildungseinrichtung. Da liegt es nahe, dass direkt vor der Tür ein Franziskusweg startet; der Heilige bezeichnete die Tiere als Brüder und Schwestern. Aus Stein gehauen sitzt er mit einem Taubentrio an der Wandererschutzhütte auf dem Wiebelsberg. Die Buntglasfenster des um 1850 errichteten Kirchleins St. Lukas in Mutzenroth stellen den legendären ­Sonnengesang des Franziskus dar. Alle Jahre um den 20. Januar erinnern sich die Oberschwarzacher des Sebastiani-Gelübdes ihrer Vorfahren von 1611, als die Beulenpest das Dorf zu entvölkern drohte. Die Bürgerwehr zieht in Frack und Zylinder aus und nimmt selbstverständlich auch am Festgottesdienst teil. 2021 wurde das Brauchtum ins bayerische Landesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

      Eine noch junge Tradition ist es in Oberschwarzach, im sogenannten Salon des KästnerHofs im Oktober eine Kästner-Woche mit Musik und Kabarett zu feiern. Heuer passiert alles schon Anfang Juli, wenn das Kinderdorf mit aktuell 40 Plätzen in sechs Familienhäusern 50 Jahre alt wird. Und was fiel Erich Kästner zum Februar, seinem Geburtsmonat, ein? – „Nordwind bläst. Und Südwind weht. Und es schneit. Und taut. Und schneit. Und indes die Zeit vergeht, bleibt uns doch nur eins: die Zeit.“

      Bernhard Schneider

      Kirchen und Gedenken

      Zehn Gotteshäuser können Besucher in den neun Dörfern der Gemeinde aufsuchen. Die Oberschwarzacher Pfarrkirche St. Peter und Paul von 1478 birgt eine Gedächtnisstätte für den seligen Georg Häfner, der dort als Priester wirkte und 1942 im Konzentrationslage Dachau umgekommen ist. Im Frühjahr 2011 wurde die Stätte nach einer Idee des damaligen Kunstreferenten der Diözese Würzburg, Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, mit einem Tryptichon (Titel: „Reliquie Mensch“) und einer Büste gestaltet; Letztere stand ab 1997 zunächst am Urnengrab des Glaubenszeugen in der Krypta des Würzburger Neumünsters.