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      Domschultagung zu Marc Chagalls Kreuzigungsdarstellungen

      Jesus, der jüdische Märtyrer

      Domschultagung zu Marc Chagalls Kreuzigungsdarstellungen
      WÜRZBURG. Dem „Gekreuzigten im Werk des jüdischen Künstlers Marc Chagall“ war eine Tagung der Katholischen Akademie Domschule Würzburg gewidmet. Während Christen der Anblick des Gekreuzigten seit etwa 1600 Jahren vertraut ist, sahen Juden – immer wieder mit dem Vorwurf des „Gottesmordes“ konfrontiert – die Auseinandersetzung ihres Glaubensbruders mit dem Kreuzigungsgeschehen äußerst kritisch. Der Künstler rechtfertigte sich: „Sie haben nie verstanden, wer dieser Jesus, einer unserer liebevollsten Rabbiner, der stets für die Bedrängten eintrat, wirklich war. Für mich ist er das Urbild des jüdischen Märtyrers zu allen Zeiten.“
       
      Dieses Zitat stellte der Referent des Tages, der Münsteraner Religionspädagoge Hans-Dietrich Schütz, an den Beginn seiner Ausführungen. Es ist gewissermaßen ein Schlüssel für die Interpretation der Kreuzigungsbilder Marc Chagalls (1887–1985). Als jüdischer Künstler zeige er nicht den gekreuzigten Gottessohn, sondern eben jenen Menschen, der das Leid der Menschheit auf sich zieht. Damit sei Jesus gewissermaßen auch zum Symbol des jüdischen Volkes geworden, das durch jahrhundertelange Verfolgungen und schließlich durch die Schoa gegangen ist. Durch diese Sicht des Christus – so stellte Schütz klar – verböten sich gegenseitige Vorwürfe zwischen Täter und Opfer.
      Erste Vorbilder: Ikonen in rusischen Kirchen
      Chagall entstammt chassidischer Tradition und wuchs in Russland auf. Seine ersten Schritte als Maler unternahm er – in seinem vom Bilderverbot der Thora geprägten familiären Umfeld – vor den Bildern in russischen Kirchen. Auf deren Ikonographie griff er auch später immer wieder zurück und entwickelte sie weiter.
      So übernimmt Chagall in seiner ersten Kreuzigungsdarstellung, einer Federzeichnung von 1912, Details wie den Kreuzestitel, den Mond am Himmel oder den Schädel Adams am Fuß des Holzes. Das „Personeninventar“ aus Jesus, Maria und Johannes deutet Chagall zur heiligen Familie um: Josef erscheint anstelle von Johannes, und ein blutendes, gleichwohl lächelndes Kind – Zeichen der Unschuld Jesu – hängt am Kreuz. Die Leiter, in der christlichen Tradition zu den „Arma Christi“ zählend, wird von einem Knecht weggetragen. Als neues Motiv erscheint der Schiffer Charon, der das Boot mit den Seelen der Verstorbenen über den Unterweltsfluss Styx lenkt. Die Zeichnung setzte Chagall im selben Jahr in ein noch ganz dem Kubismus verhaftetes Gemälde um.
      Schon an diesem ersten Beispiel ist seine schöpferische Tätigkeit ablesbar. Nicht zu unrecht gelte Marc Chagall als Bildtheologe und Bildprophet. Keineswegs naiver Illustrator, sei er vielmehr ein interessanter Grenzgänger, der aus verschiedenen Traditionen schöpfe, sie aber in gegenseitige Beziehung setze, ohne sie jedoch synkretistisch zu vermischen. Exemplarisch griff Schütz einige der über hundert Kreuzigungsdarstellungen aus dem Œuvre Chagalls heraus und leitete zu intensiver Betrachtung an. Schwerpunkte bildeten außer der genannten Kreuzigung von 1912 auch die bekannte „Weiße Kreuzigung“ und die „Gelbe Kreuzigung“. Hier sind es neben verschiedenen religiösen Motiven auch konkrete historische und soziale Situationen, die in die Bilder Eingang finden. Dabei wurde deutlich, dass die Bildaussagen Chagalls in Bezug auf Jesus von Christen durchaus geteilt werden können, die christliche Lehre darüber aber noch weit hinaus geht. – Die Tagung endete in der Dopmsepultur mit einer Meditation zu den „Sieben letzten Worten Jesu“. Zu Texten Karl Rahners erklang Musik der 1931 geborenen russischen Komponistin Sofia Gubaidulina.