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      Bischof Bernardo Johannes Bahlmann bewertet die Amazonas-Synode

      „Fortschritt der kleinen Schritte“

      Bernardo Johannes Bahlmann, geboren 1960 in Visbek in Süd­oldenburg und studierter Agraringenieur, lebt seit 1983 in Brasilien. Dort begegnete er dem Paderborner Franziskanerpater Hans Stapel und trat ebenfalls dem Franziskanerorden bei. 1997 wurde Bahlmann in Vechta zum Priester geweiht. 2009 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Prälaten von Óbidos. Zwei Jahre später wurde Bahlmann im Zug der Erhebung der Territorialprälatur zum Bistum dessen erster Diözesanbischof. Seit 2012 besteht eine offizielle Partnerschaft der Amazonas-Diözese mit Würzburg. Bahlmann gilt als volksnaher Bischof, der ganz an der Seite der Gläubigen steht. Während der Amazonas-Synode vom 6. bis 27. Oktober im Vatikan berichtete er für das Internetportal „Vatican News“ täglich vom Synodengeschehen.

      Herr Bischof Bahlmann, in Ihrem Synoden-Blog bei „Vatican News“ haben Sie geschrieben: Frauen sind die „Säulen unserer Kirche“ und haben mehr Anerkennung verdient. Ist die Amazonas-Synode diesem Ruf gefolgt?

      Ja, die Synodenväter und -mütter sind diesem Aufruf gefolgt. Die Frauen, die dabei waren, die Bischöfe und Kardinäle haben sich wirklich auf die Anerkennung und Wertschätzung der Frauen innerhalb der Kirche konzentriert. Bei uns in der Diözese Óbidos sind 70 bis 80 Prozent derjenigen, die in der Kirche in der Verantwortung stehen, Frauen, vor allem auch in der Gemeindeleitung. Bei der Synode wurde angesprochen, dass die Rolle der Frau mehr wertgeschätzt werden sollte durch Ämter. Oft geht es dabei um Dienste, die die Frauen schon längst übernommen haben. Diese sollten mit einem Amt gewürdigt werden. Darüber haben wir bei der Synode lange diskutiert.

      Hätte das Abschlussdokument der Synode in diesem Punkt konkreter sein können?

      Das Abschlussdokument ist kein beschlussfassendes Dokument, sondern ein Dokument, das dem Papst überreicht wird. Bei der Vorbereitung der Synode wurden über 86 000 Menschen befragt, die am synodalen Prozess beteiligt waren. Wir Synodale bildeten dann ein beratendes Gremium.

      Der Papst wird jetzt dieses nachsynodale Schreiben verfassen, das für uns das wichtigere Dokument ist. Es ging uns darum, dass im Abschluss­dokument alle bei der Synode besprochenen Punkte berücksichtigt und gebilligt werden. Alle 120 Punkte im Abschlussdokument fanden eine Mehrheit, das war das Wichtigste. Was jetzt der Papst daraus machen wird, werden wir sehen.

      Ein Gedankenspiel: Nehmen wir an, die Frauen in Ihrem Bistum würden plötzlich wegbleiben. Was würde das für das kirchliche Leben in Óbidos bedeuten?

      Das kirchliche Leben würde zusammenbrechen. Das muss man ganz konkret sagen. Wir sind sehr auf das Engagement und gerade die Verantwortung der Frauen angewiesen. Es ist ja ein Miteinander, wir gehen den Weg gemeinsam, das darf man nicht aus dem Blick verlieren. Zur Herde Jesu Christi gehören alle, und wir gehen alle einen gemeinsamen Weg. Da ist es wichtig, wie bei der Synode auch, dass wir auf den anderen hören. Ein gutes Hinhören war auch das große Anliegen des Papstes, als wir anfingen mit der Synode.

      Im Gegensatz zu den Männern hatten die Frauen bei der Synode aber kein Stimmrecht. Was meinen Sie: Wie viele Synoden werden wir noch erleben, bis sich das ändert?

      Ich würde sagen, es könnte sich schon demnächst etwas ändern. Verschiedenes bei den Synoden hat sich schon geändert. Der Papst hat eingeführt: Jeder hat ein Anrecht, vier Minuten zu sprechen. Nach vier Personen ist dann erst mal vier Minuten Stille. Das ergibt eine ganz andere Atmosphäre. Hinzu kommt: Der eine oder andere Kardinal hat mir gesagt, dass man vor fünf oder zehn Jahren überhaupt nicht daran gedacht hätte, Themen vorzubringen, die wir besprochen haben. Also gibt es einen Fortschritt, wenn auch vielleicht einen Fortschritt der kleinen Schritte. Das ist wichtig, weil kleine Schritte sind sichere Schritte.

      Während der Synode waren indigene Kunstwerke, Pachamama-Statuen, in einer römischen Kirche ausgestellt. Diese haben bei manchen Gläubigen heftige Abwehr hervorgerufen. Die Statuen wurden dann sogar von Fundamentalisten entwendet und in den Tiber geworfen. Wie sehen Sie diesen Vorgang?

      Das ist ein trauriger Vorgang. Wir müssen lernen, die andere Kultur zu respektieren. Manchmal hat man ja Schwierigkeiten damit, das Andere anzunehmen und auch zu respektieren. In diesem Fall gab es eine Ausstellung von Pachamama-Statuen in einer Kirche. Man hat sie nicht in liturgische Feiern mit eingebunden. Die Wichtigkeit der Kultur der indigenen Völker sollte dargestellt werden. Die Pachamama verdeutlicht, dass die Mutter Erde weiblich ist und wir uns kümmern müssen um die Welt und all das, was geschaffen worden ist durch Gottes Hand.

      Vorübergehend war im Gespräch, die im Tiber gefundenen Statuen beim Abschlussgottesdienst der Synode im Petersdom aufzustellen. Das ist nicht geschehen. Können Sie dazu etwas sagen?

      Papst Franziskus hat bei der Synode von der Entwendung der Statuen gesprochen und sich dafür entschuldigt, dass der Respekt vor der anderen Kultur gefehlt hat. Der Kommandant der Gendarmerie hat dann empfohlen, diese Statuen im Abschlussgottesdienst aufzustellen. Das ist nicht geschehen, ich weiß allerdings nicht, aus welchem Grunde. Man muss klar sagen: Es geht hier nicht um Götzendienst. Es geht darum, dass man eine andere Kultur respektieren muss. Das ist erst mal das Wichtigste. Die katholische Kirche ist universell und setzt sich seit 2000 Jahren mit anderen Kulturen auseinander. Wir haben viele verschiedene Elemente integriert.

      Der Schutz der Schöpfung war ein Schwerpunkt der Synode. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse dazu?

      Wir müssen davon ausgehen, dass wir den Menschen und die Natur nicht einfach trennen können. Wir sind eine Schöpfung, und man muss diesen ganzheitlichen Blick haben. Im Abschluss­dokument der Synode ist das gewürdigt worden. Aber ich hätte mir gewünscht, dass bei der Synode noch mehr gesprochen worden wäre über die ganzheitliche Ökologie und die Bewahrung der Schöpfung. Dieses Thema geht uns alle an. Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann ist es nicht garantiert, dass wir hier in der Zukunft noch einen Lebensraum haben auf dieser Erde.

      Hatten Sie den Eindruck, dass dieses Thema von anderen Themen überlagert wurde?

      Ich würde nicht sagen, dass das Thema überlagert wurde. Aber die Synodenteilnehmer sprachen in erster Linie darüber, wie es mit der Kirche und der Seelsorge aussieht. Das ist unsere erste Aufgabe, und es ging hauptsächlich um neue Wege für die Kirche.

      Wenn wir auf Amazonien schauen, auf die Waldbrände, den Klimawandel, das Klimaschutzabkommen von Paris, das immer wieder in Frage gestellt wird, dann sind das Themen, die uns alle angehen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in der Zukunft in eine Sackgasse kommen, in der wir nicht mehr weiter­gehen können.

      Sie haben Papst Franziskus mehrmals im Synodenalltag erlebt – etwa bei der Kaffeepause. Wie waren die Begegnungen mit ihm?

      Die direkten Begegnungen waren immer sehr freundschaftlich, immer sehr geschwisterlich. Jeder, der wollte, konnte sich ihm nähern, konnte ihn ansprechen, begrüßen, umarmen und Austausch pflegen. Normalerweise haben wir, wenn wir den Papst sehen, eine gewisse Distanz, oder man nähert sich ihm in einer besonderen Form. Hier waren wir mit dem Papst im normalen Alltag zusammen, und das war schon recht interessant.

      Das Ja der Synode zur Priesterweihe verheirateter Diakone fand weltweit Aufmerksamkeit. Nehmen wir an, der Papst folgt dem Beschluss – was bedeutet das für Amazonien und für den Rest der Welt?

      Zunächst einmal müssen wir sagen, dass wir das Zölibat nicht in Frage gestellt haben. Das war auch gar nicht Thema der Synode. In Diözesen in unserer Region haben wir Situationen, auf die wir reagieren müssen. Man darf es nicht mit Deutschland oder Europa vergleichen, wo wir eigentlich noch genügend Priester haben. Das Problem hier ist, dass die Gläubigen nicht zur Messe kommen. Wir haben ja oftmals viele Messen, aber nicht so viele Gläubige dabei. In Amazonien kommt es vor, dass ein Priester fast zwei, drei Tage unterwegs ist, um in eine Gemeinde zu kommen. Da muss man dann sehen: Was für Lösungen können wir hier schaffen? Eine der Lösungen könnte sein, dass man verheiratete Priester einsetzt, die man aus der Gemeinde heraus aussucht. Die Öffnung hierzu besteht ja schon im Kirchenrecht. Wenn zum Beispiel ein evangelischer Pfarrer in Deutschland zur katholischen Kirche übertritt, kann er geweiht werden und weiterhin mit seiner Familie zusammenwohnen. Da muss man nichts Neues schaffen, sondern diese Möglichkeit ist im Kirchenrecht vorhanden.

      Besteht die Gefahr, dass verheiratete Priester Gemeindeleiterinnen von ihrer Position verdrängen könnten?

      Das Problem des Klerikalismus besteht immer. Die Stärkung der Laien war auch ein Thema bei der Synode. Amazonien hatte immer eine starke Laienkirche, eine sehr starke Laienkirche sogar. Wir hatten auch Situationen, in denen es kaum Priester gab in Amazonien. Dann haben die Laien sich selbst organisiert, auch durch die Volksfrömmigkeit. Da muss man aufpassen, dass das nicht auf einmal verdrängt wird. Ich merke das vor allem dann immer, wenn Priester aus dem Nordosten oder dem Süden Brasiliens zu uns in die Diözese kommen. Dann sagen sie immer: „Mensch, bei euch haben die Laien richtig was zu sagen.“ Das ist ja auch gut, und so soll es auch sein.     

      Interview: Ulrich Bausewein

      http://youtu.be/S5uM0-BGz_4