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      24 Kilometer auf Schusters Rappen zu den vier Evangeliensteinen

      Flurgang der Siebener mit Lesung

      Wenn die Feldgeschworenen, die in Hopferstadt (Ortsteil der Stadt Ochsenfurt) Siebener heißen, alle sieben Jahre zum öffentlichen Flurgang laden, haben sie nicht nur Fluchtstab, Lot und Spaten im Gepäck, sondern auch Verse des Evangeliums. Ausgerechnet das flächenmäßig größte Dorf im Landkreis Würzburg pflegt den traditionellen Flurgang noch im Ganzen.

      Etwa drei Kilometer sind es allein von der Dorfmitte um St. Peter und Paul zum Grenzstein H1. Von dort geht es gut 24 Kilometer rund um die Hopferstadter Flur, zwischen Gülchsheim im Süden, Rittershausen im Westen, der Stadt Ochsenfurt im Norden und der Mautpyramide an der B13 im Osten. Die Siebener um Obmann Josef Häußlein, aus immerhin noch 36 aktiven Landwirten auserwählt, haben die Gemarkungssteine während der Woche bereits freigelegt. 185 sind es nach fortlaufender Zählung; tatsächlich aber etwa 140, denn mit der Flurbereinigung hatten etliche ihren Standort verloren.

      Die große Runde um 1450 Hektar Hopferstadter Flur und über etwa acht Stunden Fußmarsch hinweg ist aber nicht das einzig Beachtliche. Unter den Grenzzeichen befinden sich vier Evangeliensteine, verteilt auf die vier Himmelsrichtungen, jeweils am entferntesten Punkt zum Dorf. Ihre Besonderheit ist das schwarze Kreuz auf der Oberfläche zusätzlich zum Meißelzeichen für die Richtung des Grenzverlaufs. Schwarz ist die Markierungsfarbe der katholischen, Rot die Farbe der evangelischen Christen, erläuterte der Obmann vorab. Die Dörfer ringsum sind seitlich gekennzeichnet mit ihrem Anfangsbuchstaben. Für die einst domkapitelsche Stadt Ochsenfurt mit der Stadtpfarrkirche St. Andreas allerdings steht jeweils ein Andreaskreuz.

      Lesung an den Evangeliensteinen

      An den Evangeliensteinen ist es überlieferter Brauch, für eine Lesung aus den Evangelien inne zu halten. Matthäus 22, das Gleichnis vom Hochzeitsmahl hatte Mesner Otmar Eck für den ersten Evangelienstein im Süden ausgewählt. Es geht darum, sich als Eingeladener eines Festes würdig zu erweisen – oder alternativ von der Straße weg eine Gesellschaft zu bilden. Unterwegs waren die Siebener diesmal in Gesellschaft von 20 Wanderern, erklärten ihre Arbeit und die hier fast gänzlich von Feldern dominierte, überaus fruchtbare Flur. Vertraut und doch unbekannt: Weil sie nicht einmal die Grenzen kenne, begründet Steffi Herrmann ihren ersten Flurumgang. Lucia Häußlein lief auf den Spuren der Erinnerung, nachdem sie vor 35 Jahren mit der Schule schon einmal mitgelaufen war. Das Foto von 1984, das zur Mittagsrast herumgereicht wird, entstand am gleichen Platz. Nur dass es damals nicht wenige Minuten zuvor noch aus einer Wolke kurz und heftig geschüttet hatte.

      „Der Grenzgang war immer ein Feiertag“, sagt der älteste der Hopferstadter Siebener, der 82-jährige Andreas Herrmann. Bei allem Wandel: nicht verhandelbar war, dass die Gemeinde zum Flurgang die Brotzeit spendieren muss, was seit 1978 die Stadt Ochsenfurt trifft. 30 Jahre davon war Hermann Obmann gewesen. Für Bürgermeister Peter Juks ist es eher Ehrensache das Dankeschön an dieses älteste kommunale Ehrenamt weiterreichen zu können, wo doch die meisten Grenzgänge schon nicht mehr an einem Stück gelaufen werden.

      Ende April, spätestens Anfang Mai ist in Hopferstadt der Kontrollgang fällig. Die Evangeliensteine und der jährliche Bittgang hängen zusammen. Dabei haben die jeweils vier zuletzt vereidigten Feldgeschworenen die Aufgabe, die gesegneten Grannen von der Osterkerze des Vorjahres – die Wachs- und Weihrauch umhüllten Nägel als Symbole der Wundmale Jesu – an den Evangeliensteinen zu vergraben. Es besiegelt die Bitte um gutes Wetter, eine gute Ernte, den besonderen Schutz der Hopferstadter Flur und der Bevölkerung, sagt Siebener Valentin Ruf.

      Einzigartig im weiten Umfeld

      Die Evangeliensteine gelten als einzigartig im weiten Umkreis. Die Geschichte ihrer Einsetzung liegt allerdings völlig im Dunkeln, größtenteils auch die Entwicklung der mit ihnen im Zusammenhang stehenden Bräuche. Nachdem Hopferstadt aber mit seiner ganzen langen Ostseite an das ehemals Markgräflich Ansbachische Hoheitsgebiet grenzt, kann man sich zumindest vorstellen, dass einfache Grenzsteine zum Lutherischen hin für nicht ausreichend befunden wurden. Der Brauch kann aber auch älter sein und von vor der Reformation stammen. Die beiderseitigen Ressentiments verloren sich erst in den letzten 50 Jahren. „Es ist alles gut jetzt“, versichert Rosa Behon, Stadträtin aus Hopferstadt, lächelnd.

      In früheren Jahrhunderten sollen Reiterprozessionen zu den Evangeliensteinen unternommen worden sein, mit dem Pfarrer voraus, heißt es in der Ortschronik. Wobei die Flurreiterei zur Kontrolle der Grenzen nichts Exklusives ist. Eine Bittprozession mit vier Feldaltären nach den vier Himmelsrichtungen am Sonntag nach Christi Himmelfahrt lösten die Reiterprozession ab.

      Auf halbem Weg zusammenkommen

      Die Siebener starteten dann jeder von „seinem“ Altar. Die Lesungen aus den Evangelien wiederum haben sich beim Flurumgang erhalten. Zu Zeiten von Pfarrer Klaus Oehrlein war schließlich eine Bittprozession entstanden, bei der die Pfarrgemeinden aus Hopferstadt und Hohestadt sich auf halbem Weg zueinander im Flurstück Biberlein treffen. Die Siebener werden auch heuer nach dem Gottesdienst von dort ausgesendet werden: Erwin Häußlein, Josef Häußlein, Burkard Karl und Valentin Ruf werden es sein. Hilfsmittel mit mehreren Pferdestärken sind dabei inzwischen üblich. Es trifft den „jüngsten“ Siebener dann nicht mehr so hart, der immer den weitesten Weg übertragen bekommt. Es muss ohnehin bald nachgewählt werden. Bruno Herrmann ist verstorben. Erwin Reißmann will, wie Bernhard Keßner schon, sein Amt niederlegen.     

      Antje Roscoe