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      Dürfen die Reste der Burg Bartenstein erhalten bleiben?

      Fenster in die Vergangenheit

      Die Not und Dreistigkeit im Spessart muss riesengroß gewesen sein: Um das Jahr 1450 untertunnelten gottlose Gauner den mit Hunden gesicherten Zwinger der Burg Bartenstein, also das gut einsehbare Feld zwischen innerem und äußerem Mauerring. Sie gruben einen rund acht Meter langen Stollen, um in die Burgkapelle einzubrechen. Welche Schätze hätten sie erbeuten können? Vielleicht die Monstranz, die heute zur Ausstattung der Pfarrkirche von Parteinstein gehört...?

      Harald Rosmanitz aus dem Koordinationsbüro des Archäologischen Spessartprojekts schildert den mittelalterlichen Kriminalfall. Wie kann er ihn kennen, wenn es darüber keine Aufzeichnungen gibt? Mit Archäologiestudenten der Universitäten Würzburg, Heidelberg, Gießen und Kiel sowie mit freiwilligen Helfern aus dem unmittelbaren Umfeld hat er dieses und andere Geheimnisse gelüftet, weil sie eben nicht nur an der Oberfläche kratzten. Bei ihren offiziellen Grabungen auf dem Partensteiner Schlossberg stießen sie unter anderem auf jene über fünfeinhalb Jahrhunderte alten, illegalen Grabungen. Annähernd 15 Jahre lang hat die Bevölkerung förmlich gefiebert nach immer neuen Entdeckungen; Relikte einer längst vergangenen Zeit wurden (be)greifbar, machten Geschichte anschaulich, sorgten für eine wachsende Identität.

      Bald aus dem Blick?

      Jetzt aber sind die bisher so Umtriebigen zum Stillhalten und Abwarten „verdammt“. Ähnlich stellt sich die Situation bei den Burgruinen Hauenstein, Mömbris und Goldbach dar. Der Grund ist laut Rosmanitz eine „aktuell gegenläufige Bewegung seitens der Denkmalpflege“: Die Dinge sollten im Boden belassen werden, wo sie optimal konserviert seien. „Dadurch verschwinden die Denkmäler allerdings aus dem Blick und letztlich auch aus den Köpfen der Menschen“, bedauert der Archäologe. In seiner Brust schlagen zwei Herzen: „Zum einen bin ich begeistert von der Region und freue mich, mit meiner Arbeit kleine Fenster in die Vergangenheit öffnen zu können. Andererseits können Ausgrabungen tatsächlich historische Zeugnisse zerstören.“ Jedoch, so führt er ferner an, könnten Steine im Boden, wenn hohe Lasten auf ihnen ruhten, auch zu bröckeln anfangen...

      Auf drei Seiten der Burg haben geschickte heimische Handwerker brüchige Steine nach originalem Vorbild ersetzt und so das Bauwerk stabilisiert. Auf der vierten soll dies nun womöglich unterbleiben. Die Gemeinde habe als Eigentümerin ein Gutachten von einer Fachfirma erstellen lassen müssen, so der frühere Bürgermeister Heinz Steigerwald; er steht dem Anfang 2004 gegründeten Geschichts- und Burgverein vor, der einen erklecklichen Betrag beigesteuert hat zu den über eine Viertelmillion Euro für die bis dato erfolgte Sanierung. Vor allem hat eine kleine, aber ungemein aktive Gruppe der etwa 150 Mitglieder über 20 000 ehrenamtliche Arbeitsstunden geleistet.

      Über 20 000 Stunden

      Eine endgültige Beurteilung aller Möglichkeiten, so ist der Vorsitzende informiert, solle bis Ende Juli vorliegen. Unter anderem werde behördlicherseits in Betracht gezogen, dass alles, was die unermüdlichen, sogar mit einem Archäologiepreis ausgezeichneten Schürfer im letzten Grabungsabschnitt bis 2017 freilegten, wieder zugeschüttet wird. Oder dass das mit einfachen Mittel zu flickende Pflaster des Haupteingangs und die sich links und rechts anschließende Mauer aufwändig mit Glas bedacht werden. Letztere wäre dann nach wie vor einsturzgefährdet und somit „eine große Gefahrenquelle“. Deshalb drängt der Geschichtsverein darauf, dass diese Wand genauso befestigt wird wie die anderen zuvor. Schließlich soll das gesamte Areal als „sich selbst erläuternder Archäopark“ jedem offenstehen. Die beweglichen Funde werden im heimatkundlichen Museum „Ahler Kråm“ im ehemaligen Schulhaus präsentiert. Corona-bedingt ist dieses derzeit nur auf Anfrage für Sonderführungen geöffnet.

      Wie alles anfing

      Wann und wie Burg und Ort gegründet wurden, kann nur vermutet werden. Gesichert ist die erste urkundliche Erwähnung 1233 im Zusammenhang mit Streitigkeiten zwischen dem Stift Aschaffenburg und den Grafen von Rieneck. Zum 750. Jubiläum hatte Reinhold Scherg, damals Museumstechniker im Lohrer Spessartmuseum, zusammen mit weiteren engagierten Bürgern für einen Festzugswagen nach überlieferten Ansichten ein maßstäbliches Modell der Burg gebaut.

      Bewusstsein für Kultur

      20 Jahre später machte jener Reinhold Scherg, der wie kein anderer in der weiten Umgebung Alltägliches und besondere Ereignisse mit der Filmkamera festhält, vom Schlossberg aus Aufnahmen, um seinen Ort im jahreszeitlichen Wechsel zu zeigen. Da entdeckte er im Wurzelteller eines umgestürzten Baums Tonscherben und Bruchstücke von Ofenkacheln. „Das Landesamt für Denkmalpflege hat mir erlaubt, den Schuttkegel zu durchsuchen“, erinnert er sich. Weitere Interessierte einschließlich des Bürgermeisters schlossen sich ihm an. Sie erbaten den Sachverstand und den Rat von Harald Rosmanitz. Als Experte organisierte er alle weiteren Maßnahmen und wurde sogar in Partenstein ansässig.

      Auf die Frage, was der größte Schatz sei, den er mit seinen Helfern hat heben können, antwortet der Archäologe: „Das Wertvollste ist das neugewonnene Bewusstsein der Bevölkerung für ihre Kultur – weil sie täglich auf die Überreste ihrer Burg schauen können.“ Ansonsten fallen ihm spontan eine ganze Reihe von Beweisen für die hier praktizierte Frömmigkeit ein. Zum Beispiel Pilgerzeichen aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, Andachtsbilder und sonstige Heiligendarstellungen als Halbzylinderkacheln und Knochenschnitzerei. Bis zu denen sind die Tunnelgräber anno 1450 zum Glück nicht vorgedrungen.    

      Bernhard Schneider