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      Bischof Franz erzählt im Interview, wie er seinen ersten Besuch in Tansania in Afrika erlebt hat

      Eine andere Art von Kirchesein im Partnerbistum Mbinga

      Einen anderen Lebensstil und eine ganz andere Art von Kirche hat Bischof Franz bei seinem ersten Besuch des Bistums Mbinga in Tansania (Afrika), einem Partnerbistum der Diözese Würzburg, kennengelernt. Im Interview erzählt er, was ihm besonders in Erinnerung geblieben ist und was die Partnerschaft zwischen den Bistümern so wertvoll macht.

      Herr Bischof, Sie waren zum ersten Mal in Afrika. Welche Bilder aus Tansania sind Ihnen im Gedächtnis geblieben?

      Eindrücklich war auf jeden Fall das Begrüßtwerden in den einzelnen Orten. Am Anfang gab es immer einen obligatorischen Tanz. Das ist ein ganz eigenes kulturelles Element. Man merkt, es hat eine ganz große Bedeutung, dass der ganze Ort seiner Freude in einem Tanz Ausdruck verleiht. Teilweise wurden vier Tänze hintereinander von unterschiedlichen Gruppen dargeboten. Dazu gehören auch die Trommeln, die mit ihren teils gegenläufigen Rhythmen den Hintergrund für die kultischen Tänze bilden. Das Tanzen war zum Einen ein Zeichen der Ehrfurcht, zum Zweiten wurde die Festfreude in eine konkrete Form gebracht. In Tansania geschieht zudem vieles in Gemeinschaft – im Gegensatz zu unserer Gesellschaft. Und die Gastfreundschaft ist überbordend. Das war sehr eindrücklich.

      Die Partnerschaft zwischen den Bistümern Mbinga und Würzburg besteht seit 1989. Welche Erträge dieser Partnerschaft haben Sie kennengelernt?

      Ich habe erlebt, wie schön es ist, ein Partnerbistum zu haben. Sehr beeindruckend war, dass an vielen Orten automatisch die Ansprechpartner im Bistum Würzburg erwähnt wurden, sei es die Pfarrei Johannesberg, die KAB oder der Würzburger Partnerkaffee. Es war zu spüren, dass in 30 Jahren ein großes Netzwerk gewachsen ist, an dem Schulen, Verbände, Pfarreien und Einzelinitiativen beteiligt sind. Es lohnt sich, Werbung zu machen für dieses Netzwerk. Für 2022 ist ein Jugendaustausch zwischen den Bistümern Mbinga und Würzburg geplant.

      Die Corona-Impfkampagne in Tansania hat erst vor drei Monaten begonnen. Hat die Pandemie Ihre Reisepläne mitbestimmt?

      Unsere Delegation bestand aus sieben Personen – eine kleine Gruppe wegen der Corona-Situation. Die Reisepläne hat die Pandemie insofern beeinflusst, als die Reise zweimal verschoben werden musste. Ich habe mehrfach mit dem Würzburger Tropenmediziner Professor Dr. August Stich gesprochen. Auf seine Empfehlung hin wurde die Reise bis zu diesem Herbst aufgeschoben. Das war in diesem Jahr der letztmögliche Termin, weil in Tansania jetzt gerade die Trockenzeit endet. Wenn die Regenzeit einsetzt, werden die vielen unbefestigten Straßen zu Schlammpisten und man kann sich nicht mehr gut fortbewegen. Bei der Einreise mussten wir Impfnachweise und PCR-Testergebnisse vorlegen. Im Landesinneren selbst hat aber kaum jemand eine Maske getragen. Sich voneinander abzuschotten ist mit der Lebensweise der Menschen dort auch nicht vereinbar. Zudem sind viele auf die tägliche Arbeit angewiesen. Man muss aber in Rechnung stellen, dass in Tansania viel im Freien geschieht – etwa wenn Mais mit der Hand geerntet wird – und dass die Bevölkerung im Durchschnitt viel jünger ist. Daher kann das Virus dort weniger angreifen als in unserer Gesellschaft. In den Krankenhäusern gibt es ein hohes Risikobewusstsein, die Ärzte haben alle Masken getragen. In den Statistiken wird Corona noch nicht geführt. Die zwei häufigsten Todesursachen vor Ort sind laut Statistik AIDS und Malaria.

      In Mbinga ist die Kirche noch Volkskirche. Wird man als Bischof aus Deutschland da wehmütig?

      Nein, weil dort eine ganz andere Art von Kirche existiert. Vieles hat mich an die Volkskirche erinnert, die bei uns in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestand, mit allen damit verbundenen Hoffnungen, Aufgaben und Strukturen. Tansania leidet unter staatlicher Misswirtschaft und Korruption, und die Kirche gilt als verlässlicher Ansprechpartner. Die Krankenhäuser in Peramiho und Litembo sind Vorzeigeeinrichtungen. Ärzte werden dort zu Helden, weil sie von der Entbindung über die Krebsoperation bis hin zur AIDS-Behandlung alles übernehmen. Sorge für die Menschen übernehmen Kirchenleute auch in den Pfarreien. Es geht darum, den Menschen Ausbildung zu ermöglichen. An vielen Orten gibt es Lehrwerkstätten für Schreinerei, Nähen, Mauern, landwirtschaftliche Tätigkeiten. Der Pfarrer hat eine herausragende Stellung durch seinen Bildungsvorsprung inne. Er ist in der Regel der einzige, der studiert hat, Fremdsprachen beherrscht, internationale Kontakte hat und so Mittel beschaffen kann. Der Pfarrer ist Sozialpfarrer, Entwicklungshelfer, Motor eines Ortes. Er ermutigt die Menschen, Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Von ihm und den Ordensschwestern hängt viel ab. In vielen Gemeinden liegen Pfarrhaus und Schwesternhaus nebeneinander so wie bei uns früher. Ordensfrauen sind unter anderem bei der Fürsorge für die Kranken sehr aktiv.

      Was haben Sie bei Ihrer Reise für den Alltag gelernt?

      Es war eine Bereicherung, eine ganz andere Art von Kirchesein zu erleben. Man taucht ein in eine komplett andere Welt. Sie ist eine Alternative zu unserer hochtechnisierten Welt, die sich zunehmend individualisiert. Dieses Gemeinschaftserlebnis war sehr schön. In Tansania hat die Gemeinschaft größte Bedeutung. Auf Motorrädern sitzen immer mehrere Leute, auf den Baustellen und in der Landwirtschaft wird zusammengearbeitet. Dort erlebt man das Gemeinschaftliche, das bei uns immer mehr zerfällt. Bleibenden Eindruck hat auch die ungeheure Freude in der Liturgie hinterlassen. Beim Gottesdienst werden die Vorgaben des römischen Ritus auf der einen Seite sehr konkret eingehalten, aber die Feier wird immer wieder unterbrochen durch Gesänge und Tanz. Der ganze Mensch wird von Freude ergriffen und verleiht seiner Freude ungehemmt Ausdruck. Aufgefallen ist mir, dass viele Dorfkirchen im Bistum Mbinga wie kleine Ausgaben der Abtei Münsterschwarzach aussehen. Die benediktinische Frömmigkeit und Lebenskultur hat die Kirche in Mbinga – ausgehend von der Abtei Peramiho – geprägt. Mbinga ist eine ländliche Region, in der neben den Schulen vor allem durch Radiosendungen und Predigten Bildung vermittelt wird. Predigten sind dort fast wie Lehrdialoge, bei denen der Priester Antworten seiner Gemeinde einholt.

      Ist eine tiefgreifende Krise, wie sie die Kirche in unseren Breiten erlebt, für Kirchenleute in Tansania überhaupt vorstellbar?

      Ich glaube nicht, die Verhältnisse sind völlig anders. Zum Beispiel unser Kirche-Staat-Verhältnis oder die Überregulierung beim Betreiben von Kindertagesstätten sind dort ganz weit weg. In Mbinga ist eine Pfarrei für die Versorgung des Pfarrers zuständig, die Kirche lebt von den Spenden der Menschen vor Ort. Tiefe Dankbarkeit habe ich erlebt, weil wir im Bistum Würzburg im Rahmen unserer Partnerschaft Hilfe leisten. Das Verschieben unseres Besuchs hat daher auch Angst ausgelöst, dass die Partnerschaft einschlafen könnte. Wir haben mehrmals bekräftigt, dass wir im Bistum Würzburg großes Interesse haben, die Partnerschaft aufrechtzuerhalten. Bischof John Ndimbo habe ich als Unternehmertyp erlebt, der die Menschen ermutigt, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. Ich habe ihn eingeladen, nächstes Jahr nach Würzburg zu kommen.

      Ihr Antrittsbesuch in der brasilianischen Partnerdiözese Óbidos steht noch aus. Gibt es da schon Pläne?

      Im Anschluss an die Kilianiwoche 2022 werde ich Óbidos besuchen. Die Größe der Delegation steht noch nicht fest. Aber Bischof Bernardo Johannes Bahlmann hat schon darauf hingewiesen, dass die Kirche im Amazonasgebiet noch mal ein anderes Gesicht hat als in Mbinga oder in Würzburg. Schon allein, weil das Bistum Óbidos halb so groß ist wie die gesamte Bundesrepublik Deutschland.

      Interview: Anja Behringer/Ulrich Bausewein