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      China-Missionar Kilian Stumpf aus Würzburg starb am 24. Juli vor 300 Jahren

      Ein Würzburger in Peking

      In Würzburg ist der Name des China-Missionars, der am 24. Juli 1720 in der chinesischen Hauptstadt gestorben ist, so gut wie vergessen. Eigentlich schade, denn Kilian Stumpf, der am 13. September 1655 in der Bischofsstadt als Sohn eines Krämers geboren wurde, gehört zu den wichtigsten Mitgliedern der Gesellschaft Jesu um 1700. Ein Lichtblick: Seit Mitte der 1980er Jahre erinnert Bild 15 des von Wolfgang Lenz geschaffenen, monumentalen Freskos im Würzburger Ratssaal an den Jesuiten.

      „Erstaunlich ist Stumpfs doppelte Karriere, sowohl am chinesischen Kaiserhof als auch in der Gesellschaft Jesu“, sagt Claudia von Collani, eine habilitierte Missionswissenschaftlerin, die auch Sinologie und Japanologie studiert hat. Sie hat sich intensiv mit dem Kulturaustausch zwischen China und Europa beschäftigt und unter anderem 2004 in dem Sammelband „Würzburg in der Fremde – Fremdsein in Würzburg“ ein Lebensbild über Kilian Stumpf vorgelegt.

      Indirekte Bekehrung

      Der Grund, wieso der Franke 1688, also im damals nicht mehr ganz jungen Alter von 33 Jahren, nach Ostasien geschickt wurde, war wohl nicht sein theologisches Wissen, das er in Würzburg erworben hatte, es war wohl eher sein technisches Know-How. Der Würzburger Jesuit führte in China das Werk fort, das seine Vor-Missionare wie Matteo Ricci und Johann Adam Schall von Bell aufgebaut hatten. „Ricci legte die Grundlagen für die Akkommodation“, erläutert die Missionswissenschaftlerin. Akkommodation, das ist die Anpassung der Missionare an die chinesische Kultur. Sie orientierten sich am Grundsatz der Mission von oben, also von den Eliten wie dem Kaiser und den Gelehrten, nach unten. Die Bekehrung zum Christentum sollte indirekt, durch die Vermittlung von Wissenschaft, Kunst und Technik erfolgen.

      Die Voraussetzung für den Erfolg der Jesuiten war die perfekte Beherrschung der chinesischen Sprache. Offenbar war Stumpf ein Sprachentalent, denn laut Collani beherrschte er Latein, Französisch, Portugiesisch und die am Hof der chinesischen Qing-Kaiser gepflegten Sprachen Manjurisch und Chinesisch. „Stumpfs Unterricht in chinesischer Sprache begann sehr wahrscheinlich schon auf seiner Fahrt von Lissabon“, so Collani, da bis Mocambique ein chinesischer Jesuit an Bord gewesen sei.

      Der China-Aufenthalt des Würzburgers sollte sich allerdings anders gestalten als gedacht: „Zu seiner großen Enttäuschung konnte Stumpf kaum als Missionar arbeiten“, sagt die Theologin. „Er war mit großem, missionarischen Enthusiasmus nach China gekommen, doch wurde er bald für viele andere Aufgaben eingesetzt, die alle sehr arbeits­intensiv und zeitraubend waren.“ Mit seiner Arbeit stützte Stumpf jedoch die Missions­arbeit in den Provinzen.

      Kalender-Präsident

      Neben seinem Amt als Präsident des Kalenderamts „war (Stumpf) Visitator des Jesuitenordens und damit höchster Oberer des Ordens in Ostasien, er war Berichterstatter und Apostolischer Notar im Ritenstreit über die erste päpstliche Gesandtschaft der Frühen Neuzeit nach China, und er war Verteidiger einer inkulturierten chinesischen Kirche“, schreibt Collani in einem „Fränkischen Lebensbild“. Innerer Hofstaat Als Präsident des Kalenderamts gehört Stumpf zum Inneren Hofstaat Kaiser Kangxis, der von 1661 bis 1722 regierte. Von 1695 bis zu seinem Tod lebte der fränkische Jesuit in der französischen Jesuitenresidenz im äußeren Palastbereich. Gegen Ende seines Lebens sah sich Stumpf, der um 1715 für die Pekinger Sternwarte den bronzenen Vertikalquadrant „Quadrant azimuth“ gebaut hatte, mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Der chinesische Mathematiker Mei Gucheng kritisierte den Jesuiten dafür, dass er alte astronomische Instrumente für neue Geräte hatte einschmelzen lassen, und Kaiser Kangxi war über die Kosten des neuen Instruments verärgert.

      Dass Stumpf über bemerkenswertes technisches Know-How verfügte, hatte er bereits 1696 mit der Errichtung einer Glashütte neben der französischen Jesuitenresidenz bewiesen. Das Glas wurde für die Linsen der in den Pekinger Observatorien eingesetzten Teleskope benötigt. Außerdem entwickelte Stumpf zusammen mit dem in Landsberg am Lech geborenen Jesuiten Ignaz Kögler „chinesisches Glas“, das Kangxi sehr schätzte. In Peking soll der Franke über 600 mathematische und astronomische Instrumente gebaut haben.

      „Ritenstreit“

      Gescheitert ist Stumpf hingegen im „Ritenstreit“ (auch „Akkommodationsstreit“). Um die in China übliche Ahnen- und Konfuzius-Verehrung war zwischen den Jesuiten auf der einen und den Dominikanern und Franziskanern auf der anderen Seite bereits 1610 eine lebhafte Auseinandersetzung entbrannt: Während die Jesuiten den Ahnen- und Konfuziuskult laut Colani als „zivile Formen der Pietät“ betrachteten, lehnten ihre Gegner diese „Fundamente des konfuzianischen Staates“ als Aberglauben ab.

      1705 steuerte der Konflikt auf seinen vorläufigen Höhepunkt zu: Der päpstliche Gesandte Charles-Thomas Maillard de Tournon sollte in China das Dekret „Cum Deus optimus“ veröffentlichen, das den Christen die Teilnahme am Ahnen- und Konfuziuskult verbot. Als Tournon in Peking eingetroffen war, begann Stumpf mit der Abfassung der 1712 abgeschlossenen „Acta Pekinensia“, seinem Hauptwerk.

      Auf verlorenem Posten

      Auf rund 1460 Seiten beschreibt der Jesuit die Ereignisse rund um die neunmonatige Gesandtschaft Tournons und die Vorgänge bis zu seinem Tod. Mit dem „Weißbuch“ verfolgte Stumpf das Ziel, die Jesuiten vom Vorwurf zu entlasten, sie seien für das Scheitern der Gesandtschaft Tournons verantwortlich. Schließlich entschied sich Kaiser Kangxi Ende 1706, nur den Missionaren, die keine Einwände gegen die Ahnen- und Konfuziusverehrung hatten, die Genehmigung für den Aufenthalt in China erteilen zu lassen. 1706 und 1707 reisten im Auftrag des Kaisers zwei Jesuitengesandtschaften nach Rom, um das absehbare Ende der Chinamission zu verhindern – vergeblich. Ohne Erfolg blieben auch das 1716 veröffentlichte „Rote Manifest“ des Kaisers und die – in Rom sofort nach ihrem Erscheinen auf den Index der verbotenen Bücher gesetzte – „Informatio pro veritate“, die Stumpf 1717/1718 in Peking drucken ließ.

      Auch wenn Stumpf letztlich nur bedingt erfolgreich war – der neunte Kaisersohn Yintang, ein Astronomie-Schüler des Jesuiten, finanzierte das Begräbnis des Franken auf dem Jesuitenfriedhof „Zhalan Mudi“ in der Stadtmitte von Peking, nur einige U-Bahnstationen entfernt vom „Platz des himmlischen Friedens“. Eine Geste der Wertschätzung für einen Kämpfer auf verlorenem Posten.    

      Stefan W. Römmelt

      Eine wissenschaftliche Gedenkveranstaltung am 19. Juni 2020 ist aufgrund der Corona-Pandemie auf ein noch unbestimmtes Datum in 2021 verschoben worden. Veranstalter sind die Würzburger Domschule und der Diözesangeschichtsverein in Kooperation mit der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg. Mit Prof. Dr. Han Qi wird auch ein Referent aus Peking erwartet. Noch 2020 wird eine Gedenktafel am Würzburger Priesterseminar angebracht. Aktuell wird sie vom Kleinrinderfelder Künstler Kurt Grimm fertiggestellt.