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      Ansätze, die Mut machen in einer sich verändernden Welt

      Ein Virus als Weltverbesserer?

      Es ist keine einfache Zeit, die die meisten von uns gerade durchleben. Das Coronavirus hat die Welt im Griff, kein Land auf der Erde bleibt von seinen Auswirkungen verschont. Und doch gibt es Stimmen, die der Pandemie auch Positives entgegenbringen: Nämlich mehr Solidarität und Nächstenliebe. Das betrifft nicht nur ältere Menschen in Pflegeheimen, die ganz unerwartet Post von lieben Mitmenschen bekommen, sondern auch Kinder, denen neue Spiele übers Internet vorgestellt werden oder Vierbeiner, die sich auf einmal über ganz viele Gassi-Geher wundern. Doch wie sieht es auf den anderen Kontinenten aus? Wie gehen dort die Menschen miteinander um und wie hat die Notlage ihr Leben geprägt?

      Stefan Hippler, Priester des Bistums Trier, lebt seit 1997 in Südafrika. Damals wurde er für die Zeit von zwölf Jahren von der Bischofskonferenz für die deutschsprachige katholische Gemeinde in Kapstadt entsandt. Sein Traum war es, vor Ort bleiben zu können. Seit 2009 trägt der gebürtige Bitburger den Titel „Priester mit Bleibestatus“. 2001 gründete Hippler die HOPE Cape Town Association als gemeinnützige Hilfsorganisation, später den HOPE Cape Town Trust als südafrikanische Stiftung, die HOPE Kapstadt Stiftung und zuletzt HOPE Cape Town USA als gemeinnützigen Verein mit Sitz im texanischen Dallas.

      Solidarität zwischen Kontinenten

      Damit schuf er eine Verbindung zwischen Südafrika, Deutschland und den USA. „Gerade während der Corona-Krise ist Solidarität zwischen Kontinenten sehr wertvoll. Wir verstehen uns nicht als Hilfsorganisation per se sondern als ­Menschen, die mit anderen ein Stück des Weges gehen, Leben teilen, voneinander lernen und unsere Fähigkeiten einbringen“, betont der katholische Pfarrer. „In der heutigen Zeit mit einer sehr strengen Ausgangssperre sind die Menschen auf Hilfe angewiesen. Es gibt einfach nicht genug zu essen.“ Daher sorgt HOPE Cape Town täglich mit Hilfe von Freiwilligen, dass Hunderte von Kindern Frühstück, ein warmes Mittagessen und Hygiene­artikel erhalten.

      Darüber hinaus unterstützt die deutschsprachige katholische Gemeinde am Kap weitere Sozialprojekte. Doch nicht nur jetzt erlebt Pfarrer Hippler gelebte Nächstenliebe: „Die Kinder der Deutschen Internationalen Schule ließen sich zur letzten Weihnachtsfeier Namen und Alter unserer betreuten Kinder geben und bastelten für jedes von ihnen eine Geschenkbox.“ Für Hippler sind es Aktionen wie diese, die Herz zeigen und Mut machen.

      Auch Eder Pena aus Rio de Janeiro spricht von lebendiger Solidarität. Der Ökonom kann von zuhause aus arbeiten, fürchtet aber als Experte auch den wirtschaftlichen Zusammenbruch. Glaube spiele für ihn eine große Rolle, doch beten würde er in diesen Zeiten nicht häufiger als sonst auch. „Entscheidend für mich ist, wie ich mit Gott kommuniziere. Dabei kommt es auf die Qualität meiner Gespräche mit ihm an und nicht auf die Quantität.“ Er ist davon überzeugt, dass nach Durchleben der Krise die Menschen demütiger werden und auch mit weniger Konsum große Ziele erreichen können. Spezielle Spenden-Körbe sind in Brasilien zurzeit weit verbreitet. Sie enthalten Grundnahrungsmittel wie Reis, Bohnen, Öl, Kaffee, Milch und Hygieneartikel. Abgegeben werden sie in Supermärkten, Polizeistationen oder in Kirchengemeinden zur weiteren Verteilung an Bedürftige. Auch das Justizwesen hat sich im Zuge von Corona verändert. Richter verurteilen Kleinkriminelle zur Abgabe von Körben, statt ihnen eine Geldstrafe aufzubrummen. „Die Anzahl richtet sich nach dem Delikt, das begangen wurde“, ergänzt Pena. Und Nachbarschaftshilfe gibt es auch: „Wir bekamen Gesichtsmasken geschenkt, als diese knapp waren.“

      Zeit als Geschenk erkennen

      Wegen des Todes ihrer Schwester kam Claudia Dettelbacher Anfang März ins unterfränkische Schweinfurt. Sie lebt mit ihrer Familie in Guatemala und ist in Deutschland zurzeit „gestrandet“. Es gibt keine Flüge mehr in ihre Wahlheimat. Der Flughafen ist geschlossen. Doch auch die Hilfsbereitschaft in ihrer Geburtsstadt ist überwältigend: „Unterkünfte wurden mir angeboten ebenso wie ein Auto sowie finanzielle und moralische Unterstützung.“ Sorgen macht sie sich, wie es zuhause weitergehen wird. Die Restaurantkette ihres Mannes musste schließen und anders als in Deutschland gibt es weder Arbeitslosengeld noch staatliche Unterstützung für Firmen und Geschäfte. „Kriminalität und Plünderungen werden zunehmen“, ist sich die Chemikerin sicher.

      Wichtig sei ihr der Kontakt mit den Lieben in der Ferne durch Skype und WhatsApp. „Das Familienleben fehlt mir sehr. Auf der anderen Seite sehe ich es als Geschenk an, Zeit mit meinem schwerkranken Vater zu verbringen.“ Sie ist sich sicher, dass die Krise auch ihr Leben nachhaltig beeinflussen wird: „Die Familie werde ich nur noch mehr schätzen und nichts mehr für gegeben und selbstverständlich hinnehmen. Denn alles kann sich von einem Moment auf den anderen ändern. Die Erde zeigt uns mit aller Wucht, dass Veränderungen dringend nötig sind. Für mich bedeutet das, weniger zu reisen und dafür verstärkt auf meine innere Stimme zu hören, die zu einem stressfreieren Leben und zu verstärkter Nachhaltigkeit aufruft.

      Es kann jeden treffen

      Guillaume Liby aus Abidjan, Elfenbeinküste, arbeitet zurzeit auch im Homeoffice: „Das Virus kennt keine Diskriminierung. Es behandelt alle Menschen gleich, egal ob sie reich oder arm sind. Es kann jeden treffen“, sagt der Finanzfachmann und Buchautor. Die Zeit zuhause nützt er, gemeinsam mit seinen Kindern zu lernen und im Garten Sport zu treiben. „Gott hat uns die Krise geschickt, damit wir allesamt bescheidener werden und erkennen, dass wir Mutter Erde nicht zu 100 Prozent kontrollieren können“, sagt der gläubige Christ. „Und reichere Länder sollten ärmere gezielter unterstützen. Sind wir nicht alle voneinander abhängig?“

      Am Anfang der Krise hätte in der westafrikanischen Metropole keiner Rücksicht auf den anderen genommen. Es ging nur darum, soviel wie möglich an Lebensmitteln aufzustocken. „Doch jetzt gibt es immer mehr junge Leute, die den Armen helfen und zum Beispiel kostenlos Masken und Handschuhe verteilen. Humberto Congote aus Medellin, Kolumbien sieht es als Gottes Verdienst an, dass er als Englischlehrer immer noch Geld verdienen kann. Seinen Unterricht erteilt er per Skype. „Meine Schüler bleiben mir erhalten, und das ist gut. Darin steckt auch eine Menge Solidarität und Respekt, denn ohne sie würde ich kein Geld mehr verdienen.“

      Der gläubige Christ findet trotzdem harte Worte: „Es war Gott, der sich das Treiben auf unserer Erde nicht länger mit ansehen wollte. Drogenmissbrauch, Abtreibungen und ein immer unkonventionellerer Lebensstil erzürnen ihn.“ Congote befürchtet, dass alles noch schlimmer kommen wird. „Ich habe keine Angst, auch wenn das Unheil uns zerstören wird. Die Sühne müssen wir auf uns nehmen.“

      Sich mehr Zeit nehmen

      Tanja Russell ist Lehrerin an einer Privatschule in London. Als Tierschützerin macht sie sich Sorgen um den Verein, den sie mitbetreut und die Hunde, die im Ausland auf eine Pflege- oder Endstelle warten. Doch sie zieht auch Vorteile aus der neuen Routine. „Weniger Stress, man plant seine Tage besser, nimmt sich mehr Zeit und rast nicht von zu Hause in die Arbeit und dann noch schnell in den Supermarkt“, sagt die Österreicherin. „Ich telefoniere jetzt länger mit meinem Vater. Außerdem bekomme ich mehr Anrufe und Nachrichten von Verwandten und Freunden aus der alten Heimat. Es ist schön, dass man sich wieder mehr Zeit nimmt“, betont die Deutschlehrerin. „Meine Hoffnung ist, dass wir diese Dinge später nicht sofort vergessen, sondern uns an die positiven Seiten, die diese Zeit mit sich brachte, erinnern.“ Sie erwähnt Landeschef Boris Johnson und seine Erkrankung: „Die Bürger erkannten sehr wohl, wer schnell behandelt wird, wer ein Bett auf der Intensivstation bekommt und wer Tag und Nacht betreut wird. Doch die meisten von uns gehen netter und liebevoller miteinander um als vorher“, zieht sie Fazit.

      Unsere Helden

      Jörg Schlenker aus München lebt auf den Philippinen. Er zeigt auf den Quarantäne-Pass, den er bei jedem Ausgang mit sich führen muss. Ordnungshüter können so jeden kontrollieren, ob er oder sie berechtigt ist, das Haus zu verlassen. „Der Staat hilft zuerst den Älteren und Kranken durch finanzielle Unterstützung. Bürgermeister von Städten und Dörfern werden ermächtigt, denen zu helfen, die ihre Jobs verloren haben. Zum Beispiel mit Lebensmittel, Geld oder beidem.“ Doch es gab auch Beschwerden, dass diese Hilfe nicht oder nicht rechtzeitig ankommt. „Und die, die selbst infizierte Menschen unter Lebensgefahr retten, sind unsere Helden“, ergänzt seine Frau Evelyn und spricht von einem immer größer werdenden Zusammengehörigkeitsgefühl.

      Nicht nur die Menschen auf den Philippinen haben erkannt, was Gemeinsamkeit – gerade auch in sehr schwierigen ­Situationen – ausmachen und bedeuten kann. Allen Unkenrufen zum Trotz könnte Corona vielleicht sogar die Welt ein wenig zum Besseren hin verändern. Warten wir es ab.     

      Sabine Ludwig