Insbesondere Minister Müller ist es ein Herzensanliegen, hier endlich für Transparenz und nachvollziehbare Wege und damit klare Verantwortlichkeiten zu sorgen. Es müsse endlich Schluss damit sein, „dass Unternehmen durch Nichteinhaltung von Produktionsstandards Kosten auf die Schwächsten der Lieferkette abwälzen“, sagte er kürzlich in einem Interview. Und: „Kein Unternehmen darf Kinderarbeit und Sklaverei einfach hinnehmen mit dem Argument: ich kenne meine Lieferkette nicht.“ Selbstverpflichtungen und freiwillige Siegel nämlich haben bislang so gut wie nichts verändert, sind bestenfalls der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
Auch wenn beiden Ministern aus Handel und Industrie ein kräftiger Gegenwind ins Gesicht bläst, ist der Zeitpunkt für das Vorhaben dennoch günstig. Nicht zuletzt die Corona-Krise hat vielen Menschen bewusst gemacht, wie verflochten und für Verbraucher nahezu undurchschschaubar die weltweiten Produktionsket- ten und Handelsbeziehungen sind. Und auch das Verantwortungsbewusstsein bei Verbrauchern ist gewachsen; denen ist es zunehmend eben nicht mehr egal, unter welchen Bedingungen die Produkte, die sie kaufen, hergestellt und gehandelt werden. Gewachsen ist auch die Bereitschaft, für fair produzierte und gehandelte Waren tiefer in die Tasche zu greifen, wenn dieses „fair“ nachvollziehbar ist; das ist es bislang aber nur in Ausnahmefällen. Nachdem zwischenzeitlich auch Bundeskanzlerin Merkel das Vorhaben unterstützt, besteht sogar die Hoffnung, dass während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ein Vorstoß für eine gesamteuropäische Initiative erfolgen könnte. Das könnte die Welt ein wenig gerechter machen.
Wolfgang Bullin