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      Gedanken zum Evangelium von Thomas Eschenbacher, Rechtenbach

      Die Welt aus den Angeln reißen

      Gedanken zum Evangelium von Thomas Eschenbacher, Rechtenbach
      Evangelium
      In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm. Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!
      Markus 1,12–15

       

      Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Mit dieser Frage kann man demonstrieren, was eine optimistische oder eine pessimistische Lebenseinstellung ist. Schauen wir einmal unsere Gesellschaft an, dann werden die Pessimisten sagen, dass es uns wirtschaftlich schlecht geht, die steuerlichen Belastungen immer höher werden und der Euro sich zum Teuro entwickelt hat. Der Optimist wird dagegen festhalten, dass Deutschland immer noch eines der reichsten Länder der Erde ist mit einer hohen sozialen Absicherung und die Wirtschaftsflaute uns zwar am Geldbeutel trifft, aber vor allem den Wohlstand und nicht die Existenz einschränkt. Zwei Seiten einer Medaille, die sich nur durch die Sicht unterscheiden. Wie aber gelingt es, die Wahrheit über uns und unser Leben herauszufinden?
      Jesus zieht sich in die Wüste zurück. Er geht dahin, wo es ihm nicht nur am Wohlstand, sondern sogar am Existenziellen mangelt, wo es kaum Nahrung und noch weniger Wasser gibt. Er geht dorthin, wo er um sein Leben bangen muss. Er scheint das nicht ganz aus innerem Antrieb zu tun, der Geist treibt ihn dazu, diesen Weg zu beschreiten. Bevor Jesus das erste Mal ins Rampenlicht der Öffentlichkeit tritt, zieht er sich zurück, um sich selbst und seine Einstellung zu überprüfen.
      Wenn wir heute nach unserer Meinung gefragt werden, ertappen wir uns vielleicht dabei, wie schnell uns ein Kommentar über die Lippen gleitet ohne recht die unterschiedlichen Argumente des Für und Widers bedacht zu haben. Zu schnell wird ein Urteil gefällt über einen Menschen, zu schnell wird ein Statement zu einem aktuellen Ereignis abgegeben. Dies betrifft nicht nur Politiker oder Prominente, sondern auch uns selber, wenn wir uns in einer Bierlaune oder im Übereifer zu einem Thema äußern.
      Jesus wird in seiner inneren Wüste in Versuchung geführt. Der Evangelist Markus beschreibt kurz und knapp, was den anderen Evangelisten sehr viel mehr Worte wert ist. Aber damit lässt er für uns offen, wie sich die Versuchungen Jesu zugetragen haben. Es fällt uns so leichter, Parallelen zum eigenen Leben zu entdecken, in dem Pessimismus, Unzufriedenheit und fehlende Toleranz uns immer wieder in Versuchung führen, Gutes niederzumachen und positive Ansätze im Keim zu ersticken.
      Jesus nahm sich eine lange Auszeit in der Wüste, um der Wahrheit seines Lebens auf die Spur zu kommen. Das Ergebnis dieses Rückzugs war aber nicht Stillstand und Flucht aus der Welt, sondern der Aufbau eines Selbstbewusstseins, das in der Verkündigung des Evangeliums die Welt aus den Angeln reißen kann.
      Jesus kam heraus aus der Wüste und machte sich von da an unermüdlich auf den Weg um allen Menschen zu verkünden, dass der Himmel auf Erden bereits für den Menschen begonnen hat, der für die Botschaft des Evangeliums offen ist. Diese Menschen, denen Jesus begegnet ist, waren keine kraftstrotzenden Athleten, Heilige und Superstars. Er begegnete vor allem denen, die mit den Banalitäten des Alltags zu kämpfen hatten, Menschen, die sich oft Sorgen machen mussten, dass sie und ihre Familien überleben konnten, Menschen, die mit ihren Krankheiten nicht fertig wurden oder denen es schwer gefallen ist, ihre Wunschträume eines besseren Lebens loszulassen und zu Zufriedenheit und Glück zu finden.
      Jesus hatte nur eine ganz einfache Botschaft für diese Menschen: Kehrt um, erneuert euch. Die Fastenzeit wird so zu einer Chance für uns, die Blickrichtung zu erneuern. Es geht nicht in erster Linie darum, großartige Projekte in den Blick zu nehmen, Fastenkuren zu planen und den Konsum einzuschränken. Zuerst gilt es unseren Blick auf uns selbst, auf die Menschen um uns und auf Gott zu verändern. Denn nur wer lernt, Gott auch dort zu finden, wo er sich scheinbar längst abgewendet hat und sich freuen kann über die Selbstverständlichkeiten des Lebens, nur der glaubt und lebt das Evangelium als frohe Botschaft, auf dessen Hintergrund mich jeglicher Verzicht in der Fastenzeit nicht griesgrämig herumlaufen lässt, sondern als Menschen, der trotz mancher Schwierigkeiten auf den Geist Gottes vertraut, weil er weiß, dass Gott auch dann noch nahe ist, wenn viele sich einbilden, sie müssten ihr Leben ohne fremde Hilfe meistern und dabei an den Grenzen menschlicher Kräfte scheitern.
       
      Der Autor ist Pfarrer in Rechtenbach und Jugendseelsorger für das Dekanat Lohr.