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      Interview mit Dr. Jürgen Emmert zum diözesanen Projekt Immobilienkategorisierung

      „Die Kirche bleibt im Dorf“

      Dr. Jürgen Emmert leitet die Abteilung Kunst des Bischöflichen Ordinariats – und dazu die Projektgruppe, die im Bistum Würzburg mit der Immobilienkategorisierung befasst ist. Im Interview mit dem Sonntagsblatt erläutert Emmert, was dieses Projekt für die Gemeinden langfristig bedeutet.

      Herr Dr. Emmert, wovon hängt der Wert einer Kirche ab?

      Für mich gelten zwei Pole. Ein Pol ist die gewachsene und vielfältige Kirchenlandschaft in der Diözese Würzburg. Wir haben bedeutende spätgotische Kirchen vor allem in den Städten und schöne barocke Kirchen auf dem Land. Dieses Netz wollen wir in die Zukunft führen. Wir blicken aber auch auf die spezielle Situation vor Ort. Das ist der zweite Pol. Gemäß unserem Leitsatz „Die Kirche bleibt im Dorf“ bemisst sich der Wert einer Kirche eben auch nach ihrer Bedeutung als Versammlungsort der Gemeinde. Die erarbeiteten fünf Kategorien stellen eine Balance beider Aspekte her. Hinzu kommt: Für viele Menschen ist die starke emotionale Bindung an ein Kirchengebäude sehr wichtig, zum Beispiel wenn sie beim Bau selbst Schubkarren geschoben haben. Eine Kirche verbindet Menschen emotional, sie kann Herz einer Gemeinde sein, ohne das eine Leerstelle entstünde. Meine Hoffnung ist, dass wir den Kommunen diesen Wert ihrer Kirchen bewusst machen können.

      Bei manchen Kirchen wird die Diö­zese nur noch Zuschüsse für die Verkehrssicherheit geben. Das klingt nicht nach langfristigem Erhalt dieser Bauten ...

      In diesen Fällen stellen sich Fragen: Wie gehe ich mit dem Gebäude um? Finde ich vor Ort Sponsoren? Gibt es staatliche Gelder, auf die ich zugreifen kann? Sanierungsumfänge, wie sie in den letzten Jahrzehnten üblich waren, kann es in der breiten Masse so nicht mehr geben. Aber sie werden wohl auch nicht mehr gebraucht, weil viele Kirchen saniert sind und wir zum Beispiel über eine sehr gute Orgellandschaft verfügen. Zudem: Als noch mehr finanzielle Mittel vorhanden waren, ist die Kirche beim Gestalten von Gebäuden oft Moden gefolgt. Erweiterungen waren von Optimismus getragen, heute werden Kirchen wieder auf die alte Größe rückgebaut. Von daher ist es gut, dass wir jetzt gezwungen sind, uns zu fragen: Was braucht es überhaupt?

      Haben Räte und Kirchenverwaltungen noch Spielraum, um bei der Kategorisierung mitzuentscheiden?

      Unsere Vorschläge haben wir bis jetzt in 15 Pastoralen Räumen mit den Moderatoren und Koordinatorinnen oder Koordinatoren durchgesprochen. Es gibt insgesamt großen Konsens. In Einzelfällen müssen wir noch einmal schauen. Der Reflexionsprozess hat eben erst begonnen, und er ist für alle neu.

      Wenn es nun doch zu Streitfällen kommt, wie gehen Sie damit um?

      Geplant ist, dass drei Mitglieder unserer Projektgruppe nach Ostern in die Pastoralen Räume gehen. Dort wird es moderierte Gespräche geben. An diesen Abenden werden Kirchenstiftungen, das Pastoralteam und der Rat im jeweiligen Pastoralen Raum vertreten sein. Wir stellen mit Hilfe von Karten unsere Planungen vor, und dann gibt es eine Rückmeldezeit von mehreren Wochen. Dieser Prozess ruft nicht nur Freude, sondern auch Wut, Trauer und Angst hervor. Das akzeptiere ich und das kann ich nachvollziehen. Mein Wunsch und meine Hoffnung ist, dass wir diesen Prozess gemeinsam hinbekommen. Wir Teammitglieder haben Achtung vor unseren Gemeinden und dem reichen Erbe unserer Diözese.

      Aber das letzte Wort bei der Förderung hat die Diözese, oder?

      Ja, aber die Kirchenstiftung entscheidet, wie sie weiter vorgehen will. Auch wenn ein Bau in die E-Kategorie kommt, kann er noch ein Jahrzehnt oder länger liturgisch genutzt werden. In diesem Zeitraum können vor Ort Ideen entwickelt werden, wie das Gebäude für die breite Öffentlichkeit geöffnet werden kann.

      Immobilien sollen künftig also gemeinsam mit anderen Gruppen oder Kirchengemeinden genutzt werden. Gibt es dazu schon Erfahrungen?

      Simultaneen, also von mehreren Konfessionen genutzte Kirchen, haben in Franken eine gewisse Tradition. Sie gab es zum Beispiel in den Haßbergen oder im Raum Kitzingen und wurden in der Nachkriegszeit aufgegeben. Das gemeinsame Nutzen von Kirchen ist historisch schon einmal da gewesen. Dieses Modell wird es hoffentlich wieder öfter geben. Über diese Zielvorstellung eines gemeinsamen Wegs freue ich mich sehr. Darüber hinaus fragen wir uns: Was kann noch in einer Kirche sein – außer der Feier eines Gottesdienstes? Finden sich Kooperationspartner für eine multifunktionale Nutzung? Für mich ist der Abriss eines Gebäudes der alleräußerste Punkt. Das wird es vielleicht mal geben, sollte aber nicht das Ziel sein. Ziel ist es, Träger zu finden, die den Kirchenraum nutzen und im Gegenzug anfallende Kosten mit übernehmen.

      Und wie steht es um Pfarrbüros und Pfarrheime? Auf wie viel „Verschlankung“ müssen sich Gemeinden einstellen?

      In jedem Pastoralen Raum wird es ein Koordinierungsbüro geben für die zentralen Aufgaben. Für jede Untergliederung – sprich: Pfarreiengemeinschaft – ist ein Pfarrbüro vorgesehen, dessen Standort noch festzulegen sein wird. Manche Pastoralen Räume haben diese Frage schon geklärt. Neben diesen festen Standorten soll es mobile Kontaktpunkte geben. Das könnte so aussehen, dass zum Beispiel im Dorfladen oder in der Sakristei eine regelmäßige Sprechstunde stattfindet, bei der Anliegen vor Ort aufgenommen werden. In jeder Untergliederung soll es außerdem ein zentrales, voll ausgestattetes Pfarrheim geben. Hinzu kommen – abhängig von der Größe der Pfarreien – weitere Versammlungsräume, die aber mit anderen Gruppen oder Vereinen genutzt werden. Früher war dies das gängige Modell, und es kann bereichern. Nur haben wir als Kirche dann eben nicht mehr die Lufthoheit. Aber die Kirche bleibt im Dorf. Und sie wird so wie andere Akteure auf ein lebendiges Gemeindeleben angewiesen sein.

      Interview: Ulrich Bausewein

      Mehr zur Immobilienkategorisierung im Bistum Würzburg – auch zur Eingruppierung der Kirchengebäude in die verschiedenen Kategorien – lesen Sie in der aktuellen Sonntagsblatt-Ausgabe.