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      Sabine Mehling-Sitter, Oberleichtersbach

      Die Fähigkeit zur Unterscheidung

      Sabine Mehling-Sitter, Oberleichtersbach
      Evangelium
      In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes: Hört noch ein anderes Gleichnis: Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seinen Anteil an den Früchten holen zu lassen. Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, einen Dritten steinigten sie. Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso. Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn töten, damit wir seinen Besitz erben. Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um. Wenn nun der Besitzer des Weinbergs kommt: Was wird er mit solchen Winzern tun? Sie sagten zu ihm: Er wird diesen bösen Menschen ein böses Ende bereiten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist. Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; das hat der Herr vollbracht, vor unseren Augen geschah dieses Wunder? Und wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen. Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die erwarteten Früchte bringt.
      Matthäus 21,33–44
       
      Beim Lesen des Evangeliums von diesem Sonntag war ich unangenehm berührt und erinnert an die aktuelle weltpolitische Lage. Da gibt es in diesem Gleichnis zwei verhärtete Fronten, und die eine Seite des Gutsbesitzers, seiner Gesandten und seines Sohnes verkörpert das Gute, die andere Seite der habgierigen Winzer ist eindeutig dem Bösen zuzuordnen.
      Ganz klar, dass wir mit dem Gutsherrn sympathisieren und die Winzer, die sich nicht an die Regeln halten wollen, verdammen. Er gibt ihnen ja mehrere Chancen, schickt am Ende sogar seinen Sohn als Mann der Achtung und der Umkehr. Doch nichts kann die Winzer von ihrem Pfad des Betrugs abbringen. In unserem Gleichnis siegt letztlich wohl das Recht, indem der Gutsbesitzer den Bösen ein böses Ende bereitet. Moralisch zunächst zufriedenstellend. Dass der Evangelist Matthäus hier eindeutig Stellung bezieht zu der Rolle der Pharisäer und Hohenpriester in der Heilsgeschichte Jesu, lässt sich schnell herausfinden. Jesus wurde von Gott gesandt, um das alte heilsgeschichtliche Volk Israel – im Bild die heimischen Winzer – auf den rechten Weg zurück zu führen. Doch er wurde umgebracht, gekreuzigt. Wehe dem alten Volk Israel, die Zeit für das neue Volk auch unter Heiden schien gekommen – so die klare Deutungsabsicht des Evangelisten Matthäus.
      Es stellt sich an diesem Punkt wohl die berechtigte Frage, ob es im Leben wirklich so einfach wie in diesem Gleichnis ist, gut und böse auseinander zu halten. Von Vorteil scheint es ja zu sein, wenn man weiß wer für und wer gegen einen ist. Beispielsweise zur Zeit des kalten Krieges war zwar die atomare Bedrohung enorm stark, aber man hatte ein Feindbild, ein System, ein Land, auf das man schimpfen und vor dem man Angst haben konnte. In der Zeit der Perestroika und des Glasnost schien die Weltordnung (Westen gut – Osten schlecht) aus den Fugen geraten zu sein. Wen sollte man nun bekämpfen, wen aburteilen? Kein Wunder also, dass es jetzt wieder nötig erscheint neue Feindbilder zu schaffen und das Böse zu personifizieren. Um so mehr erschreckt es mich, wie ein Teil der zivilisierten Menschheit sich zur Weltpolizei, ja zum Weltenrichter ernennt und entscheiden will, welches System, welche Regierung existieren darf und welche nicht. Und man setzt alle Hebel in Bewegung, um dem vermeintlich Bösen den Garaus zu machen. Analog zu unserem Gutsbesitzer. In welcher Vermessenheit spielen sich Mächtige auf und beschließen gerechte Kriege zu führen? Wir sind nicht der Gutsbesitzer, wir sind die Winzer, denen aufgetragen wurde, den Weinberg zu bestellen, und nicht zu entscheiden wer Rechtes oder Schlechtes tut. Am Ende oder vielleicht bereits heute fordert auch von uns der Gutsbesitzer – Gott – Rechenschaft, ob wir für die Erde gesorgt oder sie durch Machtspielchen zerstört haben, ob wir unseren Auftrag erfüllen oder nur unsere eigenen Vorteile verfolgen. Diese Fähigkeit zur Unterscheidung wünsche ich uns allen.
       
      Die Autorin ist Gemeindereferentin. Sie arbeitet unter anderem als Dekanatsfamilienseelsorgerin im Dekanat Hammelburg und engagiert sich als Sprecherin der Berufsgruppe der Gemeindereferentinnen und -referenten.