Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Krokusse

Ihr katholisches Magazin – ab Ostern 2024

Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

    Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

      Mehr
      Domkapitular Dr. Jürgen Lenssens Überlegungen zur pastoralen Bedeutung des Museums am Dom

      „Die Bilder lassen uns nicht los“

      Domkapitular Dr. Jürgen Lenssens Überlegungen zur pastoralen Bedeutung des Museums am Dom
      WÜRZBURG. Im „Museum am Dom“ werden seit 6. März rund 700 Kunstwerke aus über tausend Jahren gezeigt. Den Schwerpunkt allerdings bilden Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert. Der Bau- und Kunstreferent der Diözese Würzburg, Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, erläutert in folgendem Beitrag die pastorale Bedeutung dieses neuen Museums der Diözese Würzburg:
       
      Kirchliche Museen haben vor allem die Menschen in den Blick zu nehmen, welche die ausgestellten Kunstwerke betrachten werden. Da auch auf sie der gesellschaftliche Schlüssel zutreffen wird, werden die Museumsbesucher mehrheitlich im inneren bzw. äußeren Abstand zur Kirche und zu den Inhalten der Glaubensverkündigung leben. Darüber hinaus ist die Kenntnis des Glaubensgutes selbst bei Kirchennahen zugunsten diffuser Vorstellungen über Gott, sein Wirken und die uns aufgetragene Befolgung seines Willens gewichen.
      Sowohl in dieser Grauzone der Kirchlichkeit als auch in die zunehmende Distanzhaltung der Kirche gegenüber hinein wirkt das kirchliche Museum, wird es doch gerade auch von der genannten Klientel aufgesucht werden, die in seinen Räumen durch Geschichte und Thematik der präsentierten Werke der Kunst und des Kunstgewerbes nicht umhin kann, sich auf die kirchlichen Verkündigungsinhalte einzulassen und sich mit ihnen aus ihrer jeweiligen Lebenswarte heraus auseinanderzusetzen.
       
      Keine Vereinnahmung
      Dieser Prozess der Annäherung vollzieht sich im Museum aber frei von jedem Verdacht einer Vereinnahmung kirchlicherseits. Das Museum ist für diese innere Auseinandersetzung geradezu Garant hierzu notwendiger und hierfür gewährter Freiheit. Von daher treten hier ansonsten kirchlichen Angeboten gegenüber feststellbare Schwellenängste zurück. Weder missionarische Eiferer noch einengend-freundliche Serviceanbieter sind zu fürchten, die den zunächst unverbindlich gewünschten Charakter des Besuchs nicht respektieren.
      Das Museum wartet nicht mit Agitatoren auf, deren Überzeugungsbemühen eher als abschreckend empfunden wird. Das Museum wartet mit Kunst und der Autonomie ihrer Sprache auf. Doch wer glaubt, dass sich dadurch das Museum dem kirchlichen Auftrag entzieht, irrt. Denn die Sprache der Kunst ist mächtiger als die der vielzähligen Resolutionen kirchlicher Stellen und Gremien sowie wortreich erhobener Ansprüche. Ja, letztlich sogar noch zwingender: Denn die Bilder lassen uns nicht los.

      Vor dem Kunstwerk gibt es keine Fernstehenden
      Unser Glaube, unsere Gottesvorstellungen wurden durch Bilder geprägt. Ohren können wir auf Durchzug stellen, Augen verschließen: Die Kunst und ihre Bilder – ob gemalte, plastische, aber auch die der Bewegung, der Sprache und Musik – nehmen wir nicht mit dem einen oder dem anderen unserer Sinne auf, sondern ganzheitlich, deshalb auch ihre tiefe Verwurzelung in uns.
      Die Bilder des kirchlichen Museums künden von dem, was von vielen Menschen nicht mehr gehört wird bzw. gehört werden will, vor jenen und für sie, die ansonsten die Auseinandersetzung mit den Glaubensinhalten eher meiden. Das ist in höchstem Maße pastoraler Dienst, ein Dienst an den Menschen, die in missverstandener Gemeindeideologie und nicht ganz ohne Arroganz als Fernstehende bezeichnet und abgeurteilt werden. Vor dem Kunstwerk gibt es keine Fernstehenden. Die Kunst erreicht sie alle, berührt sie, fordert sie heraus und führt sie über die gewohnten Grenzen hinaus – und lässt erfahren, was uns mehr als nur Ahnung, vielmehr als neue Wirklichkeit innewohnt.
      Dem kirchlichen Museum ist zu wünschen, dass dieser von der Kunst ausgelöste Prozess allseits als notwendiger pastoraler Dienst in Zeiten zunehmender Kirchenferne gesehen wird. Dadurch wird auch die Bereitschaft wachsen, diesen Dienst zu unterstützen. Das ist keine Frage des Etats, des Personalstandes und der Ausstellungsfläche, vielmehr der gewährten und mitgetragenen Öffentlichkeitsarbeit.
      Schlichtweg ist es notwendig, die Menschen auf das Museum hinzuweisen und es als Wegziel bewusst zu machen. Diözesanbeheimatete und Gäste aus anderen Regionen sollen das Museum als wesentliche Erfahrungsmöglichkeit wahrnehmen. Kommen sie, dann kann das Weitere zuvörderst der Kunst in ihrer Wirkkraft überlassen werden, die frei ist von ansonsten auch im kirchlichen Angebotsbereich feststellbaren Events-Bemühungen und Gags sowie aktuellen Methodenfragen. Die Kunst fragt nicht nach der religiösen Ausgangssituation ihrer Betrachter, sondern öffnet sich im Prozess ihrer Wahrnehmung den Menschen soweit, wie es für die Wahrnehmung der momentanen Lebenssituation und -sicht erforderlich ist. Diese pastorale Sensibilität wird auch in der Präsentation und Wirkung des Museums verspürt. Als Chance zu machender Erfahrungen des Wesentlichen, die den Menschen durch das kirchliche Museum zugedacht ist und zugute kommt, sowie als lebendiger Ort einer Auseinandersetzung, deren grenzüberschreitende Dimensionen nicht abschätzbar sind, lässt das kirchliche Museum den Menschen in sich hinein und über sich hinaus staunend schauen.
       
      Im Dienst der Verkündigung
      Ausgehend von diesen grundsätzlichen Überlegungen, wurde die Konzeption des Museums am Dom von dem Gedanken bestimmt, eine Brücke über alle Epochen der Kunstgeschichte bis in die Gegenwart zu schlagen. Die Präsentation in einem kirchlichen Museum ist nicht mit der in einem kunsthistorischen oder kulturgeschichtlichen Museum vergleichbar. Ein kirchliches Museum stellt sich in den Dienst der Verkündigung, richtet sich an den Menschen mit seinen Fragen an Welt, Zeit und Glaube. Nonverbal will es durch die Sprache der Kunst, die den Kunstwerken durch das ihnen innewohnende Ringen des Künstlers um die Thematik des Werkes zu eigen ist, diese Anfragen aufgreifen und zur Auseinandersetzung mit ihnen führen.
      Nicht historische oder kunstgeschichtliche Dokumentation ist Auftrag eines kirchlichen Museums, sondern Bezugnahme auf die momentane Standortsuche des einzelnen Menschen in seiner gegenwärtigen Welt-, Lebens- und Glaubenssicht. Dadurch stehen für die Präsentation die Intention und Inhalte der Kunstwerke im Vordergrund. Die tradierte Kunst wird somit vergegenwärtigte Vergangenheit als Anstoß für die Bewältigung von Gegenwart und Zukunft.
       
      Freiraum für eigene Reflexion
      Die dem Kunstwerk eigene Freiheit jenseits aller dogmatisierenden Illustration und deren Akzeptanz bewahrt das kirchliche Museum vor einer Indienstnahme und ideologischen Vereinnahmung der Kunst. Gerade die Erfahrung von nicht vollzogenen Grenzziehungen gewohnter Weise, sei es kunstgeschichtlich, sei es thematisch als künstlerische Bestätigung eines erhobenen Anspruchs, lässt das Museum am Dom als Freiraum erfahren, in dem sich Kunstbetrachtung und eigene Reflexion des jeweiligen geistigen sowie geistlichen Standorts der Besucher vollziehen. Von daher schließt sich auch der Ansatz einer Präsentation von Schätzen aus, die das öffentliche Interesse anziehen und den Besucherstrom anwachsen lassen.
      So verfolgt das Würzburger Museum am Dom insgesamt einen Gegenwartsbezug sowohl in der Präsentation als auch in der Besucherresonanz. Es will bei den Besuchern vermitteln, dass es einen Sitz im Leben hat und ihre Fragen aufgreift. Das stellt hohe Anforderungen an die Präsentation und die Didaktik, vor allem angesichts dessen, dass die Mehrzahl der Besucher zumindest kirchlich, wenn nicht gar religiös entfremdet ist. Genau dieser Klientel ist aber das Museum zugedacht, hier hat es seinen unaufdringlichen, vermittelnden Auftrag.