Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Krokusse

Ihr katholisches Magazin – ab Ostern 2024

Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

    Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

      Mehr
      Das Katholische Senioren-Forum ist gerade auch in der Krise wichtig

      „Der Krieg war viel schlimmer!“

      Senioren, so ein Pauschalurteil, sind „anders“. Hilfsbedürftiger. Nicht auf der Höhe der Zeit. In der Corona-Krise erhielten sie gar das Etikett „Besonders vulnerabel!“. Das bedeutet: „besonders verletzlich“. Claudia Zinggl vom Katholischen Senioren-Forum der Diözese kämpft gegen solche Klischees an. „Senioren bilden keine besondere Gruppe in der Bevölkerung“, betont die ­Diözesanreferentin für Seniorenpastoral. Sie seien nicht viel anders als jüngere Menschen – auch und gerade in der Pandemie.

      Es gibt Senioren, die es schaffen, sich trotz Krise ihren Optimismus zu bewahren. Andere leiden unter der unsicheren, „seltsamen“ Zeit. „Manche sind überaus vorsichtig, andere sorgloser“, das bekommt Zinggl über das Senioren-Forum mit. Daneben gibt es aber auch ältere Herrschaften, die sich regelrecht „ausgeliefert“ fühlen. „Viele haben in den vergangenen Jahrzehnten erfahren, dass sie selbst oder andere schwierige Situationen in den Griff bekamen“, schildert die Pastoralreferentin. Dass man die Pandemie einfach nicht unter Kontrolle bekommt, sei dagegen eine neue, verstörende Erfahrung.

      Natürlich kommt Corona auch dem ­Senioren-Forum gehörig in die Quere. Etliche Veranstaltungen und vor allem viele Reisen, die das Forum seit 2018 mit dem Bayerischen Pilgerbüro organisiert, fielen ins Wasser. „2020 fanden gerade mal acht Fahrten statt“, berichtet Heike Schiefer, Mitarbeiterin der Würzburger Dienststelle .

      Normalerweise bieten die ehrenamtlichen Reisebegleiter des Forums mindestens 20 Fahrten jährlich an. Für die Stammgäste unter den Senioren ist es hart, hierauf verzichten zu müssen, denn die Reisen zählen, unabhängig vom Alter, zu den Höhepunkten des Jahres. Zinggl: „Sogar eine Hundertjährige hat schon teilgenommen!“

      Durch das vergleichsweise moderate Niveau der Preise können sich viele Senioren die Fahrten leisten. Rund 500 Ältere aus der Diözese erreicht das Senioren-Forum alljährlich allein hierdurch. Letztlich sind über das Netzwerk mindestens 3000 Katholiken miteinander verbunden. „Wir drei Referenten haben direkten Kontakt zu rund 1100 ehrenamtlich Aktiven in 300 Pfarreien“, berichtet Zinggl. Der Austausch innerhalb des Netzwerks ist rege. Von daher bekommt Zinggl intensiv mit, was Senioren gerade bewegt. Belastend ist für viele, zu sehen, wie schnell sich gerade kirchliche Strukturen auflösen.

      Depressionen

      „Mit welcher Rigorosität allem Kirchlichen mitunter eine Absage erteilt wird! Immer weniger Menschen gehören in der eigenen Gemeinde der Kirche an. Diejenigen, die noch Mitglied sind, kennt man nicht mehr. Und manchmal geht ein Riss durch die eigene Familie: Kinder oder Enkelkinder treten aus der Kirche aus.“ Das kann laut Claudia Zinggl bei einigen Senioren regelrechte „Depressionen“ auslösen: Sie können das, was da passiert, einfach nicht verstehen.

      Dass man am laufenden Meter mit Corona-Nachrichten konfrontiert wird, nervt die Senioren genauso wie die Jüngeren. Schlimm ist laut Zinggl für viele Omas und Opas, dass sie ihre Enkel allenfalls noch auf Abstand sehen können. Viele werden von ihren eigenen Kindern unterstützt. Das wird durchaus geschätzt, so die Geragogin, wie der Fachbegriff für das deutsche Wort „Alterspädagogin“ lautet: „Andererseits fühlen sich Senioren manchmal auch von ihren Kindern bevormundet und reglementiert.“

      Sorgen bereitet Zinggl, dass die Diözese gerade ein großes Loch im Etat stopfen muss. „Es wird befürchtet, dass das Bestehende so zusammengestrichen wird, dass es gar nicht mehr zu halten sein wird“, berichtet sie. – Wobei das Senioren-Forum bereits eine Sparrunde hinter sich hat: Im September wurde Pfarrer Franz Schmitt von seiner Aufgabe als Diözesan-Altenseelsorger entpflichtet. „Ich bin hoffnungsfroh, dass weitere Einsparungen an uns vorbeigehen werden“, sagt Zinggls Kollege Norbert Kraus, der die Schweinfurter Regionalstelle des Senioren-Forums leitet.

      Die Lebenswelt von Senioren war jahrzehntelang rein „analog“ gewesen: Das setzt die Älteren den „Digital Natives“ gegenüber in den Nachteil. „Digital natives“ nennt man die Generation, die mit Computern, Internet und Smart- phone aufgewachsen ist, wörtlich heißt es: „Eingeborene der digitalen Welt“. Kraus versucht, in Schweinfurt gegenzusteuern. Er dachte sich eine Schulung aus, in der Senioren in Kleingruppen von höchstens fünf Personen ­lernen, an Videokonferenzen teilzunehmen. An vier Nachmittagen fand das Seminar inzwischen statt, weitere Kurse sind geplant. „Die Schulung beginnt damit, dass wir gemeinsam den Videokonferenzraum betreten“, schildert der Regionalreferent. Danach wird gelernt, wie man Kamera und Mikrofon an- und ausschaltet, und wie man sich bei Online-Konferenzen verhält.

      Etliche Senioren hatten noch nie etwas mit dem Internet zu tun. Doch viele kennen sich auch schon ein bisschen aus. Der Enkel hatte ihnen zum Beispiel schon einmal gezeigt, wie man eine Mail schreibt. Oder wie man ein Foto verschickt. Erstaunlich: Statt Abwehr gibt es Interesse, die Neugier auf die neue Technik ist groß. Es bereitet den Senioren offensichtlich Vergnügen, sich Neues anzueignen. Als großen Erfolg verbuchten es die Teilnehmer der Videokonferenz-Schulung, dass kurz nach dem Kurs ein Treffen bei einem virtuellen Neujahrsempfang klappte.

      Gut 20 Personen nahmen daran teil. Dass man nicht mehr in „echtem“, ­engem Kontakt miteinander sein kann, bedauern die Älteren allerdings dennoch sehr, sagt Kraus und erzählt von einer Seniorin, die an seiner Schulung teilnahm und sich danach wegen ihrer Lernerfolge selbst auf die Schultern klopfte. Wie großartig, dass sie nun weiß, wie man sich bei einer Videokonferenz einbringt! „Die Dame meinte, es sei schön und gut gewesen, über das Internet die vertrauten Gesichter wieder zu sehen, doch gleichzeitig betonte sie, dass das alles für sie kein Ersatz für unmittelbare, persönliche Begegnungen sei“, schildert der 58-Jährige.

      Vielfach engagiert  

      Auch Edeltraud Firsching wünscht sich sehr, dass die Krise bald überwunden ist. Die 71-Jährige stammt aus Donnersdorf, wo sie seit über 15 Jahren einen Seniorenkreis leitet. Seit 2006 gehört sie dem Vorstand des Senioren-Forums im Dekanat Schweinfurt-Süd an, seit fünf Jahren engagiert sie sich im Diözesanvorstand. Das macht sie, weil ihr die Seniorenarbeit am Herzen liegt. Durch das Tun vor Ort in der Pfarreiengemeinschaft „Kirche am Zabelstein“ wie auch in der Gremienarbeit bekommt sie außerdem wertvolle Impulse. Was hat sie durch das Senioren-­Forum nicht schon alles erlebt!

      Edeltraud Firsching denkt an das Jubiläum, das vor fünf Jahren in der Würzburger Posthalle anlässlich des 50-jährigen Bestehens gefeiert wurde. Jeder Gast erhielt aus diesem Anlass ein Senfglas, auf dem der Schriftzug prangte: „Wir geben gerne unseren SenF dazu.“

      Letztlich ist jedes einzelne Treffen im Donnersdorfer Seniorenkreis ein Erlebnis. Bei den Zusammenkünften wird gemeinsam gebetet, es wird viel gesungen – und man tauscht sich aus. Wie war Kirchweih früher? Wie hatte man vor 70 Jahren Fasching gefeiert? Wie Erntedank? Sehr berührende Geschichten hat Edeltraud Firsching im Seniorenkreis schon gehört.

      Schlimmes erlebt

      Vieles ist heute im Verhältnis zu früher anders. Manches besser. Manches schlechter. Auf jeden Fall ist Edeltraud Firsching immer neugierig darauf, zu erfahren, was Senioren zu Themen, die gerade aktuell sind, denken. Das betrifft natürlich auch die Pandemie. Einmal im Monat, nämlich immer dann, wenn sich der Seniorenkreis eigentlich treffen würde, klappert sie zusammen mit einer ehrenamtlichen Kollegin „ihre“ 35 Senioren ab. Manchmal wirft sie nur einen Gruß in den Briefkasten. Oft klingelt sie auch. Dann entsteht meist ein kurzer Plausch an der Haustüre. Viele Donnersdorfer Senioren sind in puncto Pandemie relativ gelassen, erfährt Firsching. Denn sie haben schon viel Schlimmeres erlebt.

      „Ein 85-jähriger Mann berichtete mir neulich, wie fürchterlich der Krieg für ihn war, auch die Zeit danach war noch schrecklich gewesen“, erzählt sie. Der Vater war im Osten vermisst. Wenn er an seine Mutter zurückdenkt, sieht er eine weinende Frau vor sich: „Er meinte, seine Kindheit sei voller Tränen gewesen.“ Die Corona-Epidemie sei längst nicht so schlimm, findet der Donnersdorfer. Verglichen mit der damaligen Kriegszeit gehe es ihm jetzt gut. Hat er doch genug zu essen. Ein Dach über dem Kopf. Und sogar einen Garten. Nicht, dass der Senior keinen Wert auf persönliche Kontakte legen würde. Natürlich fände auch er es schön, sich endlich mal wieder zu treffen. Ein volles Jahr liegt das letzte reguläre Treffen in Donnersdorf nun schon zurück. Doch die Einschränkungen sind für ihn kein Grund, depressiv zu werden. Er ist überzeugt, dass es irgendwann besser werden wird. So wartet er ab. Und betet.     

      Pat Christ