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      Die zweifache Mutter Christine Schniedermann hat ein Buch über den Glaubensalltag mit Kinder geschrieben

      Den Glauben mit Kindern leben

      Die Journalistin, Buchautorin und zweifache Mutter Christine Schniedermann ist in ihrem neuen Buch „Ich würde Jesus meinen Hamster zeigen“ der Frage nachgegangen, wie Familien heute den Glauben leben und vor allem weitergeben können.

      Was hat Sie bewogen, dieses Buch zu schreiben?

      Schon lange hatte ich regelmäßig eine Familienkolumne für die Kirchenzeitung des Bistums Münster geschrieben. In den Texten habe ich Situationen im Gottesdienst beschrieben oder was die Kinder im Advent toll finden. Auf der Frankfurter Buchmesse gab es einen Kontakt zum Verlag und wir haben anschließend gemeinsam die Buchidee entwickelt. Mir ist bei der Beschäftigung mit dem Thema aufgefallen, das ich mehr hinterfrage und Dinge, die ich von klein auf mitbekommen habe, haben sich mir sogar erst im Erwachsenenalter erschlossen. Vieles wurde als gegeben hingenommen. Und der Erkenntnisgewinn für mich war der, dass ich so, wie ich Kirche und Glauben in meiner Kindheit erlebt habe, teilweise nicht mehr zeitgemäß fand. Mir ist es wichtig, in meiner Familie an vielen Stellen im Alltag den Glauben einzubauen und zu thematisieren.

      Was hat sich zu früher verändert?

      Es ist heutzutage nicht mehr alles so in Stein gemeißelt. Wir haben immer versucht, mit unseren Kindern offen zu sprechen. Für mich schließen sich Wissenschaft und Glaube nicht aus. Schon von berufs wegen als Journalistin stütze ich mich auf Fakten. Aber ich finde trotzdem, dass man die Idee haben kann, dass es irgendwas darüber gibt, in meiner Wahrnehmung ist es da. Nicht beweisbar, aber da. Ebenso können wir aber auch nicht beweisen, dass es das nicht gibt. Darum sage ich meinen Kindern: Ich glaube, dass es Gott gibt. Ich weiß es aber nicht.

      Glaubensvermittlung also auf Augenhöhe ...

      Damit macht man Kindern nichts vor. Dieses Vermenschlichen eines Gottes, der einem womöglich noch ein schlechtes Gewissen macht, wie eine Großtante mal zu mir meinte: „Wenn du jetzt nicht zur Kirche gehst, dann ist der Liebe Gott sauer auf dich“ passt für mich nicht. Meine Kinder überlegen sich selbst, wie sie Gott sehen und wie der sein kann. Meine Tochter fragt sich, kann Gott auch eine Frau sein? Oder wie kann ich ihn mir vorstellen? Solche Fragen finde ich völlig zulässig

      Das Buch lebt vom Persönlichen, denn es gibt viele Einblicke in ihren Familienalltag ...

      Ja, ich habe viel aus eigenem Erleben – auch mit Erstkommunionkindern – mit eingebracht. Zudem unterhält man sich mit anderen Eltern und merkt, dass man nicht mit jedem Thema alleine ist. Ich kenne viele Familien mit unterschiedlichen Konfessionen oder Nichtgetauften – wie bei uns. Das hat mir gezeigt, es ist nicht mehr so wie früher, sondern viel diverser geworden. Im Freundeskreis tauchte auch die Frage auf: „Wie hast du denn das beigebracht bekommen? So wie bei mir früher möchte ich es eigentlich nicht machen, ich weiß aber auch nicht so richtig, wie.“

      Was ist ihrer Meinung nach die größte Herausforderung dabei, Kindern den Glauben zu vermitteln?

      Ich denke, es ist die Balance zu finden zwischen zu viel und zu wenig. Wenn ich im Alltag auf ein Thema stoße und mit den Kinder darüber spreche, frage ich mich, ob ich sie daran erinnern soll, dass es eine Bibelgeschichte dazu gibt, wo dieses Problem auch schon Thema war? Hilft das weiter, es im Alltag einzuflechten, festigt es die Idee des christlichen Glaubens bei meinen Kindern oder kommt irgendwann der Überdruss? Ich habe mich lange schwer mit dem Gang zur Kirche getan. Denn auch das ist eine Gratwanderung. Wie oft gehe ich zur Kirche? Und wann ist es zu viel? Früher, als ich Kind war, sind wir jeden Sonntag zur Kirche gegangen, da gab es keine Diskussion. Heute muss ich mich damit auseinandersetzen, wenn ich es anders machen möchte. Und das ist wohl die größte Herausforderung in dieser Zeit, wenn ich Kindern etwas vom Glauben, der Bibel und von Jesus mitgeben möchte.

      Wie wichtig ist die Vermittlung christlicher Werte heute?

      Es ist wie mit allen Dingen; natürlich möchte ich Kinder haben, die helfen, wenn es einem Mitschüler nicht gut geht, die im Sport fair unterwegs sind. Und natürlich versuche ich darauf hinzuwirken. Gleichzeitig ist es völlig menschlich, dass das mal nicht gelingt. Jeder von uns ist mal unfair, schlecht gelaunt oder handelt falsch. Gefühle und Reaktionen sind normal im Leben. Darum finde ich persönlich die Nacht vor Karfreitag sehr tröstlich, wo deutlich wird, dass Jesus große Angst hatte und dass Gefühle menschlich sind und man schwach sein darf. Wenn man zu sehr nach Perfektion strebt – die in unserer Zeit ja ohnehin sehr prägend ist – stresst es ungemein. Man will für die Kinder vieles richtig machen (super Plätzchen backen, tolle Laternen basteln, schöne Adventskalender haben) und wird vor lauter Stress ungeduldig. Da hilft es, sich abzugrenzen und zu lernen: Es muss nicht alles perfekt sein. Aus dem christlichen Glauben heraus gibt es die Idee für ein nächstes Mal: du darfst versuchen, Dinge besser zu machen. Das finde ich extrem tröstlich und dies den Kindern mitzugeben, finde ich wichtig.

      Was sollten Kinder aus ihrer christlichen Prägung fürs Leben mitnehmen?

      Halt spüren in Etwas – das wünsche ich ihnen. Mir hat die Vesper im Kloster im münsterländischen Gerleve immer viel Kraft gegeben und Gefühle der Geborgenheit hervorgerufen. Das sind Situationen, in denen ich mich einfach wohl fühle und wenn ich meinen Kindern solche Dinge zeigen könnte, ihnen verständlich machen kann, nachzuspüren, was mir Kraft gegeben hat, das fände ich sehr schön.

      Im Buch gehen Sie inhaltlich dem Jahr im Kirchenkreis nach – Weihnachten sticht dort heraus.

      Ja, denn Weihnachten ist für Kinder natürlich ein großartiges Fest. Auch die Vorfreude, die Adventszeit, ist sehr schön. Da passiert in Kita und Schule sehr viel. Zudem ist die Weihnachtsgeschichte wunderschön! Ein Kind als Gottes Sohn kommt zur Welt. Doch er kommt nicht im Palast zur Welt, sondern in einem ärmlichen Stall – das ist ein starkes Symbol. Die schöne Weihnachtsgeschichte und die wohlige Atmosphäre mit vielen Kerzen oder warmen Kakao kann man sehr schön mit Kindern zelebrieren. Ich finde, die Advents- und die Weihnachtszeit sind wunderschöne Zeiten, in denen man Kindern je nach Alter die unterschiedlichen Dinge mitgeben kann. Jesus ist das Licht der Welt, das an Weihnachten in die Welt kommt und den Menschen das Gute, die Hoffnung, das Licht bringt. Tatsächlich hat sich meine Tochter vor Jahren von sich aus gewünscht, dass sie an jedem Sonntag im Advent in die Kirche gehen möchte, weil das so besonders schön sei. Das war kein Zwang von uns, das kam aus ihr.

      Nicht selten haben wir zu wenig Zeit im Advent. Auch das beschreiben Sie sehr anschaulich.

      Es ist eine ganz zauberhafte Zeit, die Kinder intensiv wahrnehmen. Da sollten wir Erwachsene den Stress rausnehmen. Sonst geht der Zauber verloren. Und dieser eine Advent, den ich im Buch beschreibe, war exakt so: alles war zu viel, alle waren genervt und unzufrieden, und das eigentlich Schöne kam überhaupt nicht mehr vor. Ein klarer Appell: Weniger Druck. Dann gibt es eine Runde Plätzchen backen weniger oder es werden mal keine Weihnachtskarten geschrieben – ich finde das nicht dramatisch.

      Wann sollte besonderen Wert auf Glaube im Alltag gelegt werden?

      Bestimmte Dinge sollte man vor der Pubertät „geschafft“ haben. Weil natürlich die Pubertät dafür da ist, dass Kinder sich abnabeln. Sie hinterfragen, sind „dagegen“, wollen sich ausprobieren. Ich glaube, wenn wir vor der Pubertät bestimmte Themen positiv weitergeben, die uns Eltern wichtig sind, kommt das später vielleicht wieder. Zwang und Druck würde ich rausnehmen. Nur zur Kirche zu gehen, um es abzuhaken, so wie ich es als Teenager teilweise gemacht habe, das möchte ich für meine Kinder nicht. Mehr bleibt wahrscheinlich hängen, wenn es so wie bei meiner Tochter läuft – eben aus einem eigenen Impuls heraus zu wollen.

      Ihr Fazit?

      Die Arbeit am Buch hat mich dazu gebracht, dass ich nun selber wieder verstärkt den Fragen nach dem Sinn des Lebens auf den Grund gehe. Vielleicht hat das auch mit der Mitte des Lebens zu tun – ich glaube, dass sich Frauen ab 40 andere Fragen stellen, und lustigerweise fiel das nun mit dem Buch und den Gedanken über Gott und Glaube zusammen. Mich hat die Arbeit stärker dahin gebracht, mir selbst diese Fragen zu stellen. Um meinen Kindern mögliche Antworten geben zu können. Oder auch nicht … Wir werden sehen.

      Interview: Judith Bornemann