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      Nationaltorhüter Oliver Kahn stellt sich den Fragen von Nachwuchskickern

      Das hat keinen Sinn mit dir

      Nationaltorhüter Oliver Kahn stellt sich den Fragen von Nachwuchskickern
      Wie viele?“ Oliver Kahn kann es kaum glauben. 17 Titel soll er in seiner Karriere gewonnen haben. Acht oder neun hatte er vorsichtig geschätzt. Mit dem Bambi und weiteren persönlichen Auszeichnungen kommt er tatsächlich aber auf 22. Ungläubig streicht er sich mit der Hand über das Kinn. Als die 50 Kinder spontan applaudieren, beginnt er zu lächeln. Entspannt und fast ein wenig schüchtern.
       
      Es ist das Lächeln, mit dem er den Mädchen und Jungen beim Adelholzener Fußballcamp die Nervosität nimmt. Das Mineralwasserunternehmen unter Leitung der Vinzentinerin Schwester Theodolinde Mehltretter hatte 50 Nachwuchskicker zu einem Trainingstag mit Deutschlands Nationaltorhüter Oliver Kahn eingeladen. Mit dabei auch Talentsucher und Jugendtrainer des FC Bayern München. In einer Kinderpressekonferenz stellt sich Kahn den Fragen seiner jungen Fans und erzählte zwanglos von Höhepunkten und Niederlagen in seiner Karriere.
       
      Müde doch glückselig sitzt Mona-Elisabeth unter den kleinen Journalisten. Erst zwei Tage zuvor war die 13-Jährige aus der Nähe von Traunstein von der Warteliste in den Trainingskader aufgestiegen. Vor Aufregung hat sie seitdem fast nicht geschlafen und das „starke Kribbeln im Bauch“ kann sie kaum beschreiben. Zu Hause im Verein steht sie selbst im Tor. Von ihrem Idol will sie wissen, wie auch sie so erfolgreich wird. „Eine unbeantwortbare Frage“ meint Kahn, legt sich dann aber doch fest: „Spaß, Begeisterung, Leidenschaft, Ehrgeiz, Disziplin“.
       
      Ohne Disziplin hätte es auch klein Oli wohl nicht zum „Torwart-Titan“ geschafft. In der F-Jugend hatte er beim Karlsruher Sportclub (KSC) begonnen und schon nach einem Jahr als Feldspieler ins Tor gewechselt. Trainiert hätten seine Freunde und er fast jeden Nachmittag. „Wir waren noch richtige Straßenfußballer.“ Der heute 31-Jährige schwelgt in Erinnerungen.
       
      Wann er denn „entdeckt“ wurde, will einer wissen. Da zögert der Gefragte. So richtig entdeckt wurde er gar nicht, gesteht er. So mit 14 oder 15 Jahren wären die KSC-Trainer gar nicht so begeistert von ihm gewesen. Ihre Worte: „Das hat keinen Sinn mit dir, mach was anderes.“ Die Jungs und Mädels hängen an seinen Lippen. Das zu glauben fällt ihnen sichtlich schwer. „Mir war das egal“, meint Kahn, „dafür hat der Fußball viel zu viel Spaß gemacht“. Seine Disziplin, für die er heute so bekannt ist, habe er sich wohl schon in diesen Zeiten antrainiert und eben immer weiter an sich gearbeitet. „Das hört sich einfach an, war aber nicht ganz so einfach.“ Seine Fans lachen und applaudieren mal wieder.
       
      Immer wenn Kahn verlegen wird, blickt er schnell nach rechts. Da sitzt Töchterchen Katharina, mit Teddybär und blonden Rattenschwänzchen. „Meine Kleine“ sagt er mitunter und streicht ihr sanft über den Kopf. Die „Kleine“ versteht sich offenbar bestens mit Schwester Theodolinde. Schwer zu sagen, wessen Augen beim Blick auf den verehrten Helden größer sind.
       
      Die Fragen der 50 kleinen Journalisten finden kaum ein Ende, Kahn redet und redet: Von der gewonnen Champions-League haben ihn seine Mitspieler erst überzeugen müssen, er selbst hatte die Elfmeter nicht mehr gezählt. „Tragisch und traurig“ war die Niederlage im Weltmeisterschaftsendspiel gegen Brasilien. Aber auch solche Momente gehören eben zum Fußball. Angst habe er vor Spieler wie Zidane und Ronaldo nicht. Im Gegenteil, sie sind für ihn das Salz in der Suppe. Kahns wichtigste Botschaft: Erfolg hat nur, wer Spaß daran hat, sich jeden Tag wieder zu quälen. Und dann geht es raus auf den Platz.
       
      Los. Bälle raus!“ Da ist er wieder: der Profi, der Kämpfer, der bei der Arbeit keinen Spaß versteht und seine Mitspieler stets nach vorne peitscht. Die 20 bis 30 Teenager am Rande und ihre „Oli, Oli“ – Gesänge ignoriert er. Doch Kahn merkt schnell, dass er die 50 Jungs und Mädels um ihn herum kaum motivieren muss. Sein Tonfall wird schnell wieder locker. Wie ein Herbergsvater schart er die Kicker um sich und gibt die ersten Tipps. Schnell teilt er die 50 in Mannschaften ein und begutachtet ihre Torschüsse. Fundierte Aussagen über Talent und Können seien an einem Nachmittag kaum möglich, urteilt der Profi. Einige hätten aber schon erstaunliche Kraft und viel Geschick. „Mal sehen“, meint er und lässt den Blick kaum von den Kleinen.“
       
      Alles festhalten!“ brüllt Kahn immer wieder über den Platz. Die Nachwuchs-Torhüter geben ihr Bestes. Mit bösen Blicken verfolgen sie jeden Ball, der ihnen durch die Finger gleitet. Dabei gehören Fehler doch zum Leben eines Torwarts. Das hatte der Meister selbst wenigstens noch kurz vorher gepredigt. „Tempo“ ruft er den Feldspielern hinterher. Auf dem Platz kennt der Bayern-Keeper kein Pardon. Doch die Kleinen sind begeistert von ihm. Sie finden ihn nett, lustig, kinderfreundlich und sind furchtbar stolz, mit ihm trainieren zu dürfen.
       
      Am Spielfeldrand sitzen Schwester Theodolinde, Kahns Ehefrau Simone und Töchterchen Katharina. Da der Papa sich am Vortag eine leichte Wadenverletzung zugezogen hatte, bekam die Dreijährige von den Vinzentinerinnen einen Doktorkoffer geschenkt. Statt des Papas verarztet sie aber lieber mit ganzer Hingabe den Teddybär. Den Rummel um sie herum scheint sie kaum wahrzunehmen.
       
      Schwester Theodolinde Mehltretter lobt derweil den Familienvater Kahn. „Ich verehre ihn als Mensch“, sagt sie und betont seinen Eifer und seinen Ehrgeiz. Kahn weiß, dass er für junge Menschen „nicht nur auf sportlicher Ebene“ Vorbild ist und arbeitet daher gerne mit den Schwestern der Adelholzener Alpenquellen zusammen. Mit den Kindern zu trainieren sei viel entspannender als der Profialltag und mache ihm genauso viel Spaß wie den Kleinen. Kahn vermittle Disziplin, aber auch Freude, betont Mehltretter – Werte, die für die Gesellschaft unverzichtbar seien. In ihren Augen ist der evangelische Christ der ideale Werbepartner.
       
      Kahns Vertrag beim FC Bayern läuft noch bis 2006. Einen Vereinswechsel könne er sich kaum vorstellen. Lieber wechsle er dann nach acht Jahren in München ins Management des Vereins. Ein Angebot gäbe es bereits. Die nächste Weltmeisterschaft reize ihn schon noch, aber nur, wenn er sein Leistungsniveau bis dahin behalte. Das Karriereende hätte schließlich auch positive Seiten, orakelt Kahn. Mehr Zeit für die Familie wolle er sich dann nehmen und außerdem mit viel Muße auf seine Erfolge zurückblicken. Als Profi sei er ja in gewisser Weise „zum Erfolg verdammt“. Genießen sei kaum möglich.“
       
      Jetzt ist Schluss“, sagt Kahn plötzlich und geht davon. Der neunjährige Florian schaut ihm hinterher. Seinen Stolz kann er kaum verbergen. „Er hat mich berührt“, flüstert er fasziniert. Das Trikot mit Kahns Unterschrift auf der Schulter will Florian über sein Bett hängen. Undenkbar, sich damit noch einmal im Schlamm des Torraums zu wälzen.