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      „Das Ding hat gepiept, was mache ich jetzt?“

      „Eule“ nennt sich das Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Gymnasium und dem Caritasverband Gütersloh, für das es schon viele Bürger- und Ehrenpreise gegeben hat. „Wir gehen damit neue Wege in der Seniorenarbeit und fördern die Kommunikation zwischen Jung und Alt“, erklärt Caritas-Leiterin Mechtild Reker.
      Eigentlich ist Magdalena Merschbrock noch Schülerin. Doch an diesem Freitagnachmittag steht die 17-Jährige zusammen mit ihrer Mitschülerin Angela Hanswillemenke am Lehrerpult im Gymnasium Nepomucenum in Rietberg bei Gütersloh. Vor den beiden liegen Bücher für den Englischunterricht. Doch büffeln müssen heute andere. Die vier Schüler im Klassenraum könnten ihre Großeltern sein. Sie haben schütteres Haar, Lesebrillen, sind neugierig, gucken auch schon mal ab und wollen alle Englisch lernen: Seniorenschüler im Alter zwischen 55 und 82 Jahren.
      Rund 100 von ihnen kommen jeden Freitag ins Rietberger Gymnasium, um in drei Unterrichtsstunden Sprachen zu lernen, sich mit dem Computer vertraut zu machen, ihr Gedächtnis zu trainieren oder das piepende Handy zu zähmen. Ihre 40 Lehrer sind allesamt angehende Abiturienten, von der neunten bis zur Abschlussklasse. Der Unterricht ist kostenlos, einen Zuschuss gibt es von der Stadt. „Die Schülerlehrer bekommen dafür jede Menge Selbstbewusstsein und soziale Kompetenz“, ist Lehrerin Christel Linke-Rauscher überzeugt.

      Kommunikation zwischen Jung und Alt
      „Eule“ nennt sich das Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Gymnasium und dem Caritasverband Gütersloh, für das es schon viele Bürger- und Ehrenpreise gegeben hat. Der Name stammt vom Caritas-Geschäftsführer und Eulensammler Michael Brüggenolte, der zusammen mit dem Schulleiter das Projekt vor neun Jahren ins Leben gerufen hat.
      „Wir gehen damit neue Wege in der Seniorenarbeit und fördern die Kommunikation zwischen Jung und Alt“, erklärt Caritas-Leiterin Mechtild Reker. Deshalb sind Schulpflicht und Noten tabu. Entscheidend ist vielmehr das Zusammenbringen der Generationen. So werden gemeinsame Reisen und der Besuch von Veranstaltungen angeboten. Bald wollen die Senioren etwa bei einem Spiel von Arminia Bielefeld mitfiebern.

      „Besser als an der Volkshochschule“
      65 Prozent der Senioren sind zurzeit Frauen. Eine Quote, die zumindest Caritas-Chefin Reker nicht erstaunt. Männer interessierten sich für viele Dinge nun mal nicht, meint sie. Dennoch dürfte es sich auch bei vielen männlichen Senioren in der Umgebung längst herumgesprochen haben: Freitag ist Eule. Hans-Wolfgang Wiemers etwa kommt seit zwei Jahren. Das Angebot habe er über andere erfahren, seine jungen Lehrerinnen seien sehr fleißig. „Das Ganze macht mir sehr viel Spaß und ist viel besser als an der Volkshochschule“, findet der Senior. Die 17-jährige Magdalena ist seit zweieinhalb Jahren als Englischlehrerin dabei, mittlerweile ist sie Sprecherin der Schülerlehrer. „Es ist toll, die Senioren jeden Freitag wieder zu treffen, weil sie mit viel Spaß bei der Sache sind, zudem erfahre ich viel über deren Alltag.“ Denn bei den zwei längeren nachmittäglichen Kaffeepausen kommen sich Schülerlehrer und Seniorenschüler bei selbst organisiertem Kaffee und Kuchen näher. Schnell kommt das Gespräch auf die Enkel oder den vergangenen Urlaub. Im Unterricht duzt man sich zumeist. Spaß gebe es auch bei den Handy-Kursen, weiß Magdalena. Die ältere Generation sei unheimlich neugierig und möchte sofort SMS schreiben. Am Anfang hätten ihre Freunde sie gefragt, warum sie so etwas mache, heute machten einige der Skeptiker selbst bei der „Eule“ mit.

      Buchstabensalat und Kreuzworträtsel
      Auch Maria Lübeck möchte ihren Gedächtnistrainingskurs nach einem Jahr nicht mehr missen. Obwohl die Gymnasiastin eigentlich lieber Englisch unterrichtet hätte, ist die 17-Jährige vom Miteinander von Jung und Alt ganz begeistert. Buchstabensalat, Kreuzworträtsel und Kopfrechnen hat sie für ihre Schüler im Programm und kann dabei auch eigene Ideen einbringen. Einen Klassenraum weiter sind Karin und Friedel Hökenschnieder in die Bildbearbeitung am PC vertieft. Sechs Jahre bereits kommt das Ehepaar zur „Eule“, um sich mit dem Computer vertraut zu machen. „Mit meiner Schulfreundin in Australien maile ich jetzt immer, das geht Ruck-Zuck; ich hasse es, Briefe zu schreiben“, schmunzelt die Seniorin. Nicht alle sind so routiniert wie die beiden. „Viele ältere Menschen haben zunächst Angst, am Computer etwas kaputt zu machen“, erzählt der 15-jährige PC-Experte Torben Mörs.

      Der Draht zu den jungen Leuten ist gut
      Anders als zuweilen im normalen Schulunterricht, gibt es zwischen den Generationen im Unterricht kaum Stress und Ärger. Ab und zu kann es zwar sein, dass es manchen betagten Schülern zu langsam oder zu schnell geht oder jemand regelmäßig zu spät kommt. Dann tritt Seniorensprecher und Russisch-Schüler Peter Ruckelshauß als Ansprechpartner auf den Plan. Er könne jedoch nur vermitteln, die Parteien müssten sich selber einigen, sagt er. Im allgemeinen sei der Draht zu den jungen Leuten gut, die Atmosphäre locker.
      Bei der Kaffeepause gesellt sich Nadine Schiemann an einen der Tische. Obwohl die 25-Jährige längst Lehramtsanwärterin an einer Grundschule im Nachbarort ist, kommt sie regelmäßig zu den „Eule“-Nachmittagen. „Ich gehörte damals sozusagen zum ersten Jahrgang“, erzählt sie. Erst durch ihre Tätigkeit im Gemeinschaftsprojekt sei sie zu ihrem jetzigen Beruf gekommen.
      Am 9. März stand mal wieder eine Preisverleihung an. In der bundesweiten Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ ist die „Eule“ eines von 365 bundesweiten Projekten, die gewürdigt werden. Denn die Initiative, getragen von der Bundesregierung und der Wirtschaft, zeichnet in diesem Jahr anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft täglich lobenswerte Projekte aus.