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      „Bis zum Ende haben wir unseren Platz“

      Oberin Picenta Eisenknappl, die das Altenhem St. Elisabeth in Lohr-Sendelbach leitet, hält neben den „irdischen Sorgen“ um Fortbestand und Finanzen am aktiven Ordensleben fest. Ihr ist es wichtig, auch im Alter noch die klösterliche Gemeinschaft zu pflegen. „Wir feiern gemeinsam jeden Tag den Gottesdienst, halten Vesper und beten den Rosenkranz. Daran haben auch alle noch Anteil und sind – soweit es geht – dabei.“ Im Gebet schließen die alten Franziskanerinnen vor allem ihre Mitschwestern in der Mission in aller Welt mit ein. Somit unterstützen sie die, die noch im Einsatz ihren Dienst tun und fühlen sich weiterhin gebraucht.
      Alt werden im Kloster ist anders. Dort ist mit 65 Jahren nicht einfach „Schluss“ mit dem Beruf, der Aufgabe. Das Alter spielt keine Rolle. Jeder packt mit an, wo Hände gebraucht werden, egal wie alt er ist. Wer aus Altergründen nicht mehr arbeiten kann, wird von der Gemeinschaft getragen. Den Herbst ihres Lebens verbringen Nonnen und Mönche in vielen Häusern in einer familiären Atmosphäre. Sie fühlen sich im Alter geborgen, wissen sich gut versorgt und werden noch gebraucht.

      Wenn sie erzählt, dann lacht sie und ihr rundes Gesicht strahlt. Hätte Schwester Liberta Zwickel nicht ihr schlohweißes Haar, würde ihr niemand die 70 Lebensjahre ansehen. Ihr Rezept dafür ist einfach: „Wenn man mit Kindern und Jugendlichen zusammen ist, hält es einen jung“, sagt sie mit einem warmen Lächeln. Mit ihren zwei Mitschwestern Dietheide Berber und Gerhild Schielein lebt die Dillinger Franziskanerin in dem beschaulichen Örtchen Wipfeld (Dekanat Schweinfurt-Süd).

      Ein bisschen Wehmut
      Im Sommer vergangenen Jahres hat sie sich aus der kirchlichen Jugendarbeit in der 1200-Seelengemeinde zurückgezogen. Acht Jahre lang hat sie ihr Herzblut in die Gruppenarbeit mit den rund 70 Kindern und Jugendlichen gesteckt. Davor arbeitete sie in anderen Gemeinden – teils außerhalb der Diözese – als Erzieherin im Kindergarten. Jetzt, „im Herbst ihres Lebens“, schaltet Schwester Liberta „einen Gang zurück“. Kamen die Kinder des Ortes in die Grundschule – so die Tradition in Wipfeld – durften sie auch zur Gruppenstunde zu Schwester Liberta gehen. „Mir war es immer wichtig, durch die Kinder Gott in die Familien zu tragen“, erklärt sie, wieder mit einem gewinnenden Lächeln. Während die eher zurückhaltende Schwester Gerhild mit ihren 65 Jahren den Haushalt im kleinen Konvent in Ordnung hält, kümmert sich Oberin Dietheide um Organisatorisches in der Gemeinde. Auch wenn sie augenscheinlich noch vor Energie und Tatendrang sprüht, sagt Dietheide selbst von sich, dass sie bereits „einen Gang zurück geschaltet“ habe: „Den Bibelkreis und den Vorsitz im Pfarrgemeinderat habe ich schon aufgegeben – irgendwann kann man einfach nicht mehr so viel machen. Da merkt man schon im Alter seine Grenzen“, sagt die 68-jährige Ordensfrau.

      Viele Jahre verwurzelt
      Die Provinzleitung der Dillinger Franziskanerinnen, die in Bamberg ansässig ist, weiß Einsatz und Tatendrang der alternden Schwestern sehr zu schätzen. Schwester Maria Uttenreuther von der Provinzleitung besucht die drei Wipfelder Ordensfrauen ab und zu, um nach dem Rechten zu schauen. „Viele unserer Schwestern sind in ihren Orten nach Jahren und Jahrzehnten verwachsen. Wir lassen sie so lange vor Ort, wie sie sich selbst versorgen und sich noch in der Gemeinde einbringen können.“ Erst vergangenen Winter ist die vierte Ordensschwester von Wipfeld aus Krankheitsgründen ins Altenheim des Ordens gekommen. „Wir konnten Schwester Antonita hier im Haus nicht mehr versorgen. Sie wurde mit 75 Jahren kränklich und alles war beschwerlich“, erläutert Schwester Dietheide. Darum entschieden sich die vier gemeinsam, dass die Mitschwester ins Altenheim des Ordens nach Lohr-Sendelbach umziehen sollte.
      Zwölf Frauen in Ordenstracht sitzen im Kreis, vier von ihnen im Rollstuhl. Es ist Freitagvormittag, elf Uhr, Zeit für die Seniorenrunde im Altenheim St. Elisabeth der Dillinger Franziskanerinnen in Lohr-Sendelbach. Die Ordensschwestern zwischen 65 und 93 Jahren freuen sich jede Woche, wenn Schwester Angela Weber sie zusammenkommen lässt. Eine Art „Aktivierungsprogramm“ für die ältere Schwestern, erklärt sie: „Ich lese Geschichten vor, wir singen, machen Gedächtnisspiele oder reden über vergangene Zeiten.“ Die 70-jährige Angela hat noch vor zehn Jahren eine Ausbildung zur Altentherapeutin absolviert. Sie zählte sich damals selbst nicht zum alten Eisen, im Gegenteil. „Ich wollte etwas Sinnvolles nach meiner Pensionierung tun, wollte nicht nur herumsitzen. Mir macht es viel Freude mit den älteren Mitschwestern zu arbeiten.“
      Zur Einstimmung wird in der Runde gesungen. Wenn es mit dem Umblättern der Seiten in der Liedermappe nicht mehr klappt, ist Schwester Angela schnell mit helfender Hand zur Stelle, wiederholt geduldig mehrmals laut die Seitenzahl. In der Mitte des Sitzkreises steht ein bunter Wiesenblumenstrauß aus dem Garten, auf den Schwester Angela heute ihr Gedächtnisspiel bezieht. Sie wirft den Mitschwestern im Kreis behutsam nacheinander einen roten Gummiball zu und ermuntert sie, ein zusammengesetztes Hauptwort mit „Blume“ am Anfang zu nennen. Schwester Angela bringt Abwechslung in den Heimalltag, das ist den Damen in der Runde sichtlich anzumerken. Der Ablauf der Stunde ist ihnen vertraut. „Wehe, wenn ich etwas von den festen Elementen auslasse. Das merken sie sofort und fragen danach. Besonders die besinnliche Geschichte zum Ende hat es ihnen angetan“, erklärt die Ordensfrau.

      Für die Gemeinschaft
      Warum sie die Anstrengung in ihrem Alter noch auf sich nimmt? Sie lächelt: „Weil die Mitschwestern in dieser Runde Eigenschaften haben, die mir imponieren. Sie sind bereichernd in ihrem Wesen, viele sind unendlich gelassen und ausgeglichen. Das macht mir große Freude.“ Sie schmunzelt. „Im Übrigen bin ich noch verhältnismäßig jung. Wir haben mehrere Schwestern über 90, und eine 83-jährige Schwester, die sich ebenfalls noch um die Älteren kümmert. Solange wir in unserem Orden noch fit sind, packt jede da mit an, wo sie gebraucht wird.“ Auch in der Gruppe untereinander herrsche eine große Akzeptanz zwischen denen, die geistig noch rüstig sind und denen, die immer ein wenig aufgeweckt werden müssen, erläutert die Schwester.
      Aufgeweckt werden müssen die drei Schwestern in Wipfeld nicht – ihr fester Tagesrhythmus hält sie ordentlich auf Trab. Es läutet unten an der Haustür des Konvents. Eine Frau mittleren Alters kommt die lange Holztreppe hinauf, mit einem gängigen Anliegen. Schwester Dietheide rückt die Brille zurecht und zückt ihren Kalender. „Messstipendien werden natürlich regelmäßig bestellt. Dadurch, dass wir keinen eigenen Pfarrer haben, sind wir vor Ort Anlaufstelle für sämtliche Anliegen. Ein Pfarrbüro der etwas anderen Art, mit drei Ordensfrauen.“
      45 ihrer Mitschwestern leben bereits im St. Elisabethheim in Lohr-Sendelbach. Das Haus hat dreißig Pflegeplätze zur Verfügung, zurzeit sind zwanzig Schwestern in der Versorgung dort untergebracht. Einige rüstige Nonnen unterstützen die zehn weltlichen Pflegekräfte, die sich in Teilzeit und Vollzeit um die Schwestern kümmern. Helene Brätz arbeitet seit 26 Jahren in dem Altenheim der Franziskanerinnen. Für sie ist es nach wie vor eine besondere Arbeit, die sie ausfüllt. „Die Pflege hier ist intensiver als in herkömmlichen weltlichen Altenheimen. Wir haben zwischendurch Zeit und können uns eine Viertelstunde zu einer Schwester setzen und mit ihr reden, das ist Luxus in der Altenpflege.“ Sie findet ein Stück berufliche Erfüllung darin, den Ordensfrauen einen Lebensabend innerhalb ihrer Gemeinschaft mit zu ermöglichen. „Hätte ich keine Minute Zeit für die Menschen auf der Station und müsste ich sie wie Maschinen behandeln, ich könnte die Arbeit nicht tun.“ Die Bandbreite der Pflege sei groß, schildert Brätz. Füttern, waschen, baden, Medikamente austeilen, Arztbesuche organisieren – das seien unter anderem ihre Arbeiten. Hinzu komme eine Zeit raubende Bürokratie.
      Das „Pflegeheim im Klausurbereich“, so die offizielle Bezeichnung, unterliegt den Prüfungsrichtlinien des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Das Personal muss täglich den Kampf mit dem Formulardschungel des MDK aufnehmen, damit Gelder fließen und die Versorgung gesichert ist. Ein sehr weltliches Problem hinter Klostermauern.
      Oberin Picenta Eisenknappl, die das Haus leitet, hält neben den „irdischen Sorgen“ um Fortbestand und Finanzen am aktiven Ordensleben fest. Ihr ist es wichtig, auch im Alter noch die klösterliche Gemeinschaft zu pflegen. „Wir feiern gemeinsam jeden Tag den Gottesdienst, halten Vesper und beten den Rosenkranz. Daran haben auch alle noch Anteil und sind – soweit es geht – dabei.“ Im Gebet schließen die alten Franziskanerinnen vor allem ihre Mitschwestern in der Mission in aller Welt mit ein. Somit unterstützen sie die, die noch im Einsatz ihren Dienst tun und fühlen sich weiterhin gebraucht.
      In die Seniorenrunde gerät Bewegung: Schwester Angela macht im Sitzen Gymnastikübungen vor und animiert die anderen. „Ja, genau, Schwester – schön die Arme hoch nehmen und strecken.“ Eine Nonne wippt nur mit dem Fuß, mehr geht nach ihrem Schlaganfall nicht. Aber sie ist dabei, nur das zählt. Das sei das Selbstverständnis im Zusammenleben im Orden, erläutert Schwester Angela: „Wichtig ist, dass die Seniorinnen mittendrin sind, das stärkt ihr Selbstwertgefühl. Sie spüren, dass sie immer noch wertvoll für unsere Gemeinschaft sind.“ Dieses Gefühl wird für die Seniorinnen wichtiger, je älter sie sind. Denn mit zunehmenden Alter werden die familiären Kontakte und die Bindungen zu ehemaligen Wirkungsstätten weniger.

      Jeder nimmt etwas mit
      Ein Geben und Nehmen nicht nur für die Schwestern untereinander, auch das Personal nimmt etwas aus der täglichen Arbeit mit. Pflegerin Helene Brätz schätzt das Gespräch mit den Patientinnen sehr: „Wir können auf einer persönlichen Ebene miteinander reden. Ich kann Glaubensfragen ansprechen, das tut gut. Die Schwestern sind oft mehr als nur Patientinnen.“ Auf diese besondere „Chemie“ setzt Schwester Picenta auch bei der Auswahl des Pflegepersonals. „Wenn wir Jüngere eines Tages im Pflegealter sind, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir nicht mehr von Mitschwestern versorgt werden können.“ Deshalb müsse das weltliche Personal darum bemüht sein, es den Schwestern auch im Alter noch zu ermöglichen, ihr Ordensleben zu leben, so der Anspruch der Franziskanerin. Darüber hinaus ist es ihr wichtig, „dass wir unsere Gemeinschaft unter geänderten Bedingungen in dieser Einrichtung noch leben können. Denn das ist das, was uns zusammenhält.“
      Dieses Miteinander ist auch bei den Franziskanerinnen in Wipfeld spürbar. Die drei Frauen sind fest in der Struktur der kleinen Gemeinde eingebunden. Es klingelt an der Tür. „Tag, Schwester. Ich war gerade in der Nähe. Alles in Ordnung bei Ihnen?“ Schwester Liberta lacht wieder einmal über das ganze Gesicht. Volker Benkert betreut als Geistlicher einer Pfarreiengemeinschaft auch die Gemeinde in Wipfeld und schaut ab und zu bei den Schwestern vorbei. Er freut sich über das ungebrochene Engagement der drei. „Die Schwestern sind wichtig und eine große Bereicherung für unsere Gemeinde. Ich hoffe, dass das noch sehr lange so bleibt.“

      Der Glaube verbindet
      Das Pflegeheim St. Elisabeth in Sendelbach, seit 1913 in den Händen der Dillinger Franziskanerinnen, dient schon seit jeher der Pflege und Versorgung alter Ordensschwestern. Beim Umbau des Hauses hat man vor drei Jahren genau darauf geachtet, den Pflegestandard eines regulären Alten- und Pflegeheimes zu erreichen.
      Die Dillinger Franziskanerinnen sind in vielen Bereichen tätig, oft arbeiten die Schwestern in caritativen Einrichtungen als Krankenschwester, Erzieherin oder Altenpflegerin. Aber auch als Gärtnerinnen, Lehrerinnen oder in der Landwirtschaft sind sie beschäftigt. Bunt gemischt kommen sie im Alter dann nach Lohr-Sendelbach. „So, wie wir alt werden, kommen wir auch zusammen. Was uns verbindet – auch wenn man sich zunächst nicht kennt –, ist der gemeinsame Glaube und der Orden“, sagt Schwester Picenta. Die rüstigeren Schwestern unterstützen das Pflegepersonal und kümmern sich zusätzlich um ihre Mitschwestern. Probleme miteinander gebe es nicht, bis auf belanglose Alltäglichkeiten. Da müsse man jeden so nehmen wie er ist, bemerkt Picenta lächelnd.
      Es gibt Orden, die nicht die Mittel haben, ein eigenes Altenheim einzurichten oder gar zu bauen. Die Deutsche Ordenskonferenz (DOK) setzt hier auf den bundesweiten Informationsaustausch zwischen den Gemeinschaften. „Einige Orden werden immer kleiner, andere werden in wenigen Jahren nicht mehr da sein. Die einzelnen Konvente verschwinden. Wir sind darauf bedacht, Kooperation zu wecken“, erklärt Arnulf Salmen, Pressesprecher des DOK. Sobald es nicht mehr möglich sei, das sich ein Konvent oder ein ganzer Orden selbst helfen könne, müsse über eine Zusammenlegung nachgedacht werden. Die Eigenständigkeit solle aber möglichst lange gesichert sein.
      Ein aktuelles Beispiel sind die Schwestern vom Heiligen Herzen Jesu in Berlin. Angesichts ihrer Alterssituation hat die Gemeinschaft beschlossen, ihr „Haus Nazareth“ zu verlassen und in ein Gebäude der Kongregation von der Heiligen Elisabeth zu ziehen. In der Diözese Würzburg muss noch nicht über mögliche Kooperationen einzelner Klöster nachgedacht werden. Dort sei es weniger dringend, erklärt Schwester Magdalena Wenig, Assistentin des Generalvikars. Im Bistum seien die Orden, gleich ob nun kontemplativ oder caritativ tätig, darum bemüht, ihre Ordensmitglieder weitestgehend selbst angemessen zu versorgen. Ist dies nicht möglich, wie bei dem kleinen Konvent der Kapuziner am Würzburger Käppele, wird ein pflegebedürftiger Mitbruder ins Alten- und Pflegeheim der Provinz – oft außerhalb der Diözese – umgesiedelt. Nur wenige Häuser sind in der Lage, ihre „Senioren“ selbst zu pflegen. Für die meisten fällt im Alter die Tür zu ihrem Konvent für immer zu.
      Die braune Zimmertür auf der Infirmerie, der Alten- und Pflegestation der Abtei Münsterschwarzach, geht auf. Ein Namensschild weist auf den Bewohner hin: Bruder Cornelius Hell hat hier sein Zimmer. „Guten Morgen, Bruder Cornelius – na, wie geht es ihnen denn heute?“ Ein hochgewachsener, grauhaariger Mönch tritt lächelnd in das behaglich eingerichtete Zimmer des Mitbruders. Bruder Cornelius liegt auf seinem Bett. Der 85-Jährige lächelt und richtet sich auf dem Krankenbett auf. In bequemer Zivilkleidung muss er sich öfter am Tag ein wenig ausruhen. Bettlägerig ist er jedoch nicht. „Nie hätte ich gedacht, dass ich es im Alter einmal so gut haben werde.“ Mehr als 60 Jahre seines Lebens hat der Benediktinermönch in der Abtei in Münsterschwarzach (Dekanat Kitzingen) verbracht. Eine Kriegsverletzung macht ihm im Alter zunehmend Probleme und er braucht inzwischen Unterstützung und Pflege.

      Immer noch mittendrin
      Der Besucher ist Pater Wolfram Fehn. Er ist Alten- und Krankenseelsorger in der Infirmerie der Abtei. Selbst bereits 69-jährig, kümmert er sich um seine älteren Mitbrüder, die „nicht mehr so können“. Zehn der 12 Stationsplätze sind momentan von Mitbrüdern belegt. Bruder Cornelius ist seit zwei Jahren auf der Station, seine Klosterzelle im Klausurtrakt hat er jedoch behalten; wie alle auf dem Flur. Es sind nur wenige Meter bis zum Klausurbereich, der ausschließlich den Ordensangehörigen vorbehalten ist. Aber zehn der rund hundert Benediktiner in Münsterschwarzach benötigen mehr oder weniger die Pflege auf der hauseigenen Station. Die einen holen sich täglich ihre Medikamente ab, andere brauchen intensivere Pflege. Bruder Cornelius fühlt sich wohl auf diesem Flur, sein Zimmer ist voll mit Persönlichem. „Schauen Sie mal, mein Schreibtisch ist viel zu eng, so viele Bücher habe ich.“ Er lacht. „Ja, ja – auch wenn ich schon ein bisschen älter bin, der Geist ist noch klar. Den brauche ich schließlich noch zum Bücherschreiben!“

      Gesicherter Nachfolge
      Die Abtei Münsterschwarzach hat noch nicht allzu große Sorgen um die Pflege der Älteren. Dort hat man das Glück, dass der eine oder andere jüngere Mitbruder mithilft. Denn im Gegensatz zu anderen Orden hat man hier immerhin jährlich einen – wenn auch geringen – Nachwuchs an Mönchen. Früher waren es im Schnitt zwanzig bis dreißig Eintritte, jetzt sind es etwa vier bis fünf im Jahr. Unter den jungen Novizen ist auch Bruder Abraham Sauer. Er ist in der Ausbildung zum Krankenpfleger. Dem 34-jährigen ist es ein großes Anliegen, etwas für „die Alten“ zu tun. „Sie haben den Geist unseres Klosters geprägt. Darum möchte ich die, die jetzt das letzte Stück ihres Weges gehen, begleiten.“ Er sieht eine Bereicherung darin, aus dem Erfahrungsschatz der Älteren schöpfen zu dürfen. „Ich hoffe, aus den vielen Erlebnissen und Erkenntnissen meiner Mitbrüder für mich ganz persönlich zu lernen und daran zu wachsen“, sagt der junge Ordensmann. Es ist bereits fest eingeplant, das er nach seiner Ausbildung auf der Station der Abtei arbeiten wird.
      Bruder Cornelius geht mit seinen Krücken bedächtig zur Sitzecke im Wintergarten am Ende des Flures. Bruder Gereon Pfister, der mit 72 Jahren noch in der Pflege der teils gleichaltrigen Mitbrüder mithilft, möchte mit den Brüdern singen. Auf der Pflegestation der Abtei unterstützt neben Bruder Gereon auch Bruder Johannes Weiß (68) den weltlichen Pflegedienstleiter Raimund Dürr und vier weitere Kräfte. Nur langsam trudeln die Mönche zum Singen ein. „Es ist manchmal schwierig, die alten Brüder zu mobilisieren. Seniorentanz, Gymnastik – all das ist ihnen fremd. Sie waren Jahrzehnte nur Beten und Arbeiten gewöhnt“, erläutert Dürr. Er kennt die Brüder auf seiner Station gut. Es ist dem Krankenpfleger anzumerken, dass er gern mit den Senioren in der Abtei arbeitet.

      Senioren pflegen Senioren
      Unterstützung erhält Raimund Dürr immer wieder seitens der Ordensbrüder. Pater Wolfram organisiert – auch wenn die Ordensmänner vom alten Schlag manchmal nicht so recht wollen – neben seiner seelsorglichen Arbeit einige Ausflüge. „Das dauert immer ein bisschen, bis die Älteren auftauen. Aber sind sie erstmal unterwegs, dann gefällt es ihnen auch“, schmunzelt Wolfram. Dreimal im Jahr werden besinnliche Ausflüge mit allen älteren Brüder unternommen, einmal im Monat gibt es einen Seniorenkaffee für alle über 65 Jahre und speziell für die kranken Mitbrüder findet noch ein extra Ausflug statt.
      Die Gemeinschaft der Benediktiner stärkt jeden von ihnen bis ins hohe Alter. Darauf wird großer Wert gelegt. Die Mitbrüder auf der Station nehmen im täglichen Gebet Anteil an der Arbeit ihrer Mitbrüder – vorallem derer, die in der Mission arbeiten. Viele der Älteren waren selbst Jahrzehnte lang in Afrika, Asien oder Lateinamerika im Einsatz. Nun, wo sie die Arbeit nicht mehr leisten können, bringen sie sich im Gebet ein. Auch ein persönlicher Kontakt bestehe noch nach „draußen“, erklärt Pater Wolfram: „Inzwischen kommen die Missionare alle drei Jahre auf Heimaturlaub nach Deutschland zurück. Das ist für unsere alten Mitbrüder hier eine große Freude, Neuigkeiten von ihren ehemaligen Wirkungsstätten zu erfahren.“ Angehörige kämen eher selten, denn in den vielen Jahren der Auslandtätigkeit seien die familiären Kontakte häufig eingeschränkt, weiß Pater Wolfram. Die Verbundenheit zum Orden ist aber ungebrochen. Das unterstützen auch die Oberen der Abtei. Jeden Abend gehen abwechselnd entweder der Abt, der Prior oder der Subprior durch die Zimmer der Station und erteilen den Krankensegen. „In unserer Abtei darf jeder beruhigt alt werden“, sagt Pater Wolfram. „Draußen wird man mit 65 aus dem Arbeitsleben rausgeschmissen. Hier denkt vor 70 niemand daran.“ Es werde ihm selbst überlassen, wann er die Arbeit nicht mehr leisten könne oder wolle. Die Benediktiner sind es gewohnt, ebenso wie die Dillinger Franziskanerinnen, zu arbeiten und etwas für die Gemeinschaft zu tun. Könne ein Ordensmann seinem Beruf nicht mehr nachkommen, dann übernehme er eine leichtere Aufgabe im Kloster, weiß Pater Wolfram. „Wer in diesen Orden eintritt, stirbt auch hier.“
      Der Umgang mit dem eigenen Tod ist auch bei den Dillinger Franziskanerinnen in Lohr-Sendelbach ein Thema, das zum Leben dazugehört. Wer bei den Schwestern schwer erkrankt, ist nie allein. Ständig sitzt eine ältere Schwester am Bett, meistens die Oberin selbst. „Wenn der Tod näher rückt, werde ich immer gerufen“, erzählt Schwester Picenta. „Ich möchte da sein. Bei uns wird nicht allein gestorben, das ist uns sehr wichtig“, sagt sie mit Nachdruck. Die gesamte Abwicklung einer Beerdigung werde von den Nonnen selbst übernommen. Ihre letzte Ruhe findet jede Schwester auf dem hauseigenen Friedhof.
      Die Beschaulichkeit des Ganzen trüge aber ein wenig, ergänzt Schwester Picenta nachdenklich. Jedes Ordensmitglied habe eine normale Pflege- und Rentenversicherung und beziehe eine winzige Rente, den Rest müsse der jeweilige Orden draufzahlen. In Lohr-Sendelbach schwindet das finanzielle Polster, weil immer weniger Schwestern arbeiten können und kein Nachwuchs da ist. Früher konnten die Alten von den Jungen leben, diese Zukunftsmusik ist verstummt. „Es gibt gerade mal eine Novizin in ganz Deutschland in unserem Orden. Wenn wir alt und pflegebedürftig werden, wird uns mit großer Wahrscheinlichkeit keine Mitschwester mehr versorgen – weil keine mehr da ist“, bedauert die Oberin.

      Den Weg bereitet
      Schwester Liberta sitzt in dem kleinen Konvent in Wipfeld am Küchentisch. Gedankenverloren blättert sie in dem selbst gebastelten Büchlein, das sie von ihren Gruppenkindern als Abschiedsgeschenk bekommen hat. „Jetzt habe ich den Weg bereitet für Nachfolgende. Ich kann jetzt gut loslassen“, sagt sie. Zwei junge Leute aus dem Ort haben die Gruppenarbeit der Ordensschwester übernommen. Als Ansprechpartner oder Aushilfe stehe sie aber immer noch zur Verfügung, sagt die Ordensfrau augenzwinkernd – und: „Jetzt ist Erntezeit im Herbst unseres Lebens.“