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      Ausgrenzung keine Chance geben Gemündener Schülerinnen und Schüler treten für Fairness ein

      Ausgrenzung keine Chance geben

      Auf ein fast 15-jähriges Enga­gement folgte eine besondere Anerkennung: Im Juli 2018 erhielt der „Klub Rassismus ablehnender Schülerschaft“ (KRASS) den Würzburger Friedenspreis. Ein Klub, der am Friedrich-List-Gymnasium in Gemünden für Vielfalt und Zivilcourage eintritt. 30 Schülerinnen und Schüler beteiligen sich an der Initiative.

      Rassistische Einstellungen sollen am Friedrich-List-Gymnasium keine Chance haben. Mit diesem Anspruch startete KRASS im Januar 2005 kurz nach der Aufnahme der Schule ins bundesweite Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Der Begriff „Rassismus“ bezieht sich dabei nicht allein auf Menschen anderer Kultur. „Es geht um Ausgrenzung jeder Art“, betont Celina Dittloff aus der 9A. Wer Rassismus so versteht, wird im Alltag immer wieder über ihn stolpern. Denn Menschen neigen dazu, andere, die auf irgendeine Weise anders sind, die zum Beispiel anders aussehen oder sich anders verhalten, aus ihrem eigenen „Wir“ auszuschließen.

      Nein sagen

      Der Begriff „Courage“ ist eindeutiger. Er appelliert, dass man, wenn ein Unrecht geschieht, deutlich „Nein!“ sagen soll. Auch am Friedrich-List-Gymnasium passiert es hin und wieder, dass andere Menschen gehänselt, beleidigt oder nieder­gemacht werden. Celina zum Beispiel bekam einmal mit, wie Mitschüler Bilder, die, wie sie sagt, „sehr rassistisch“ waren, austauschten. Sie schritt mutig ein. Was ihr Nachteile einbrachte: „Einige aus der Klasse waren sauer auf mich.“ Doch das war ihr egal. Einmal, erzählt Jan Knes aus der Q11, habe auch er eine merkwürdige Situation erlebt. Das war bei einer Interreligiösen Shuttle-Tour. In seiner Nähe wurde eine Jugendliche angepöbelt, weil sie ein Kopftuch trug. Jan war geschockt. Vor allem, weil niemand dem Pöbler Einhalt gebot. „Warum tut denn keiner was?“, rief er. Da stellte sich heraus, dass es sich um Schauspieler handelte. Dennoch: Jan erlebte, dass jemand öffentlich angegriffen wurde und keine Hilfe erhielt. Eine Erfahrung, die ihn prägt.

      Mit Kopftuch

      Rama Awad und Lamma Halloway müssen sich im täglichen Leben immer wieder fragen lassen, warum sie denn ein Kopftuch tragen. Was beide nervt. Als sie noch kein Kopftuch hatte, sei sie viel eher akzeptiert worden, berichtet Lamma aus der 9D. Mit 13 Jahren entschied sich die junge Muslima für das Kopf- tuch. Danach sei sie weitaus häufiger auf Skepsis oder gar Aversion gestoßen. „Es ist doch meine Sache, ob ich ein Kopftuch trage.“ So wehrt sie sich, wenn sie darauf angesprochen wird – von Leuten, denen es nicht darum geht, nähere Hintergründe zu erfahren. Sie können und wollen diesen Ausdruck von Lammas Glauben einfach nicht akzeptieren. Ihrem Bruder und ihrem Vater ergehe es besser. Den beiden sehe man ihren Glauben nicht an: „Sie haben noch nie merkwürdige Kommentare anhören müssen.“ Rama Awad aus der 7B hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Sie legte das Kopftuch am Ende der vierten Grundschulklasse an. Seither erlebt auch sie, dass einige Menschen anders auf sie reagieren: „Sie gucken so komisch.“ Das tue ihr weh.

      Kraftausdrücke

      Auch Michael Kurz hat schon mal eine Situation erlebt, mit der er ganz und gar nicht einverstanden war. In einer WhatsApp-Gruppe wurde über eine Mitschülerin abgelästert: „Es fielen richtige Kraftausdrücke.“ Michael wusste, dass es Animositäten gab zwischen den Gruppenmitgliedern und der Schülerin. Das war für ihn jedoch kein Grund, zu tolerieren, dass hinter ihrem Rücken so übel über sie hergezogen wurde. Er äußerte, dass das nicht okay sei. Danach zeigte er der Schülerin die Nachrichten und wandte sich an Betreuungslehrer Jürgen End­res. Wie Celina machte Michael die Erfahrung, dass die anderen dann sauer auf ihn waren. Die Mitglieder von KRASS wollen gegen jede Art von Ausgrenzung vorgehen. Wichtig ist ihnen nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit aktuellen Entwicklungen, die an die Zeit des Nationalsozialismus denken lassen. Darum nahmen einige von ihnen im Oktober an der Demo „Karlstadt ist bunt“ teil. Im November luden sie Hochschulpfarrer Burkhard Hose – ebenfalls Träger des Würzburger Friedenspreises – ein, der aus seinem Buch „Seid laut!“ las. Sie lauschten dem, was Hose zu sagen hatte, und diskutierten hinterher lebhaft über soziale Gerechtigkeit, Jesus als Vorbild, Söders Kreuzerlass und die Frage, wie politisch ein Kirchenmann sein darf oder muss. Die Mahnung, die aus Hoses Buch spricht, nicht wegzusehen, wenn anderen Unrecht geschieht, ist der Gruppe Ansporn. Bewusst setzen sich die KRASS-Mitglieder mit den Verbrechen der Nazidiktatur auseinander. „Wobei wir schon im Un­terricht sehr viel erfahren“, sagt Anto- nia Egert aus der Q11. In der zehnten Klasse fuhren die Schüler nach Auschwitz. „Unsere zehnte Klasse war immer sehr gut drauf“, schildert Antonia. Aber als die sonst so fröhlichen Jugendlichen in Auschwitz waren, wurden alle ganz ruhig. Auch deswegen ist ihr die Fahrt in intensiver Erinnerung geblieben. Michael Kurz war im Juli in Auschwitz – parallel zur Friedenspreisverleihung. Er konnte sich entscheiden, wohin er geht: nach Würzburg zum Festakt oder nach Auschwitz. Michael entschied sich für das ehemalige Konzentrationslager.

      Unvergessene Namen

      In der Gedenkstätte bewegte ihn das Blättern im dicken Namensbuch. Michael suchte nach seinem Nachnamen „Kurz“ und fand Dutzende Einträge über vier Seiten hinweg. Noch einen weiteren Namen entdeckte er: den von Nathan Weinberg aus Gemünden. Der wurde 1941 mit sechs Jahren zusammen mit seiner Mutter deportiert und ermordet. Der KRASS-Klub ließ kürzlich für ihn einen Kinderrucksack aus Beton anfertigen, der Teil des unterfränkischen Gedenkprojekts „DenkOrt Aumühle“ werden soll (siehe Kasten). Gerade die Aktionen, die an die Vergangenheit erinnern, sorgen dafür, dass sich immer wieder Teenager KRASS anschließen. „Man weiß ja, wie sehr Juden damals gelitten haben“, sagt Viktoria Graf aus der 10C. Durch gemeinsame Aktionen bleibe dieses Leiden nicht länger anonym.    

      Pat Christ

      DenkOrt Aumühle – ein unterfränkisches Projekt

      An der Aumühle in Würzburg befand sich während des Zweiten Weltkriegs ein Güterbahnhof, von wo aus die meisten der 2069 aus Unterfranken deportierten Juden die Fahrt in den Tod antreten mussten. Daran soll künftig der „DenkOrt Aumühle“ erinnern. Das geplante Mahnmal soll sich aus Gepäck­stücken zusammensetzen. Diese kommen aus den 109 Kommunen, in denen es zu Beginn der nationalsozialistischen Diktatur 1933 noch jüdische Gemeinden gab. In diesen Kommunen sollen die für Würzburg bestimmten Gepäckstücke in zweiter Ausführung aufgestellt werden („denkort-aumuehle.de“). Der im Auftrag des KRASS-Klubs angefertigte Rucksack erinnert an Nathan Weinberg aus Gemünden. Der Junge wurde 1941 mit sechs Jahren zusammen mit seiner Mutter deportiert und in Minsk ermordet.