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      Podiumsdiskussion zum Thema Antisemitismus

      Auschwitz ist nicht vergangen

      Beinahe 1800 antisemitisch motivierte Straf­taten wurden 2018 registriert. Das bedeutet eine Zunahme von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Alle aktuellen Studien zeigen, dass Judenfeindlichkeit wieder auf dem Vormarsch ist – europaweit, ganz besonders aber in Deutschland. Hier sei Prävention mittels Bildung und Erziehung gefragt, hieß es bei einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion an der Universität Würzburg zum Thema Anti­semitismus in Deutschland.

      Moderatorin Ilanit Spinner vom Bayerischen Rundfunk führte die Diskussion mit Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, Dr. Ludwig Spaenle, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, sowie Dr. Marcus Funck vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin. Es sei Aufgabe der Universität, zu Erforschung und Bekämpfung des Antisemitismus beizutragen, sagte Universitäts-Vizepräsidentin Prof. Barbara Sponholz bei ihrem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung, die von der Fakultät für Humanwissenschaft, Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik, in Kooperation mit dem Lehrprogramm Globale Systeme und interkulturelle Kommunikation sowie der Professional School of Education organisiert wurde. Prof. Andreas Dörpinghaus vom Lehrstuhl für Systematische Bildungswissenschaft bestätigte dies in seinem einführenden Impulsvortrag. Bereits der Philosoph und Soziologe Theodor Adorno habe erkannt, dass Bildung und Erziehung entscheidend dafür seien, eine wie auch immer geartete Neuauflage der Verbrechen von Auschwitz zu verhindern. Auschwitz sei nicht vergangen, sondern eine bleibende Aufgabe der Gegenwart für die Zukunft. Antisemitismus sei ein Symptom der Unaufgeklärtheit; Bekämpfung müsse oberste Priorität haben.

      Zivilcourage

      Josef Schuster appellierte an die Zivilcourage aller Bürger: „Antisemitismus beginnt am Stammtisch.“ Es gelte für jeden einzelnen, den im Alltag immer lauter zutage tretenden judenfeindlichen Bemerkungen couragiert entgegenzutreten, schriftlich im Internet oder im persönlichen Gespräch. „Alle Formen des Antisemitismus müssen bekämpft werden, ob sie von Rechts oder Links kommen, von Muslimen oder aus der bürgerlichen Mitte“, betonte Felix Klein. Vielen sei die Grenze zwischen legitimer Kritik an der israelischen Regierung und antisemitischen Äußerungen nicht bewusst. Erkennbar sei Antisemitismus an den „drei D“: Delegitimierung, Dämonisierung und Doppelte Standards. „Wenn also jemand dem Staat Israel sein Existenzrecht abspricht, ist das ganz klar antisemitisch“, erläuterte Klein.

      Meldepflicht

      Auch die Bundesregierung habe die Dringlichkeit des Themas erkannt. Neben ihm, dem Bundesbeauftragten, gebe es schon in zehn Bundesländern Länderbeauftragte. Klein sprach sich auch für eine verbindliche Meldepflicht antisemitischer Vorfälle an Schulen aus: „Man muss ein Problem erst akzeptieren, bevor man es lösen kann.“

      Prävention, da war sich die Diskussionsrunde einig, ist oberstes Gebot. Marcus Funck empfahl, Antisemitismuskritik auf allen Bildungsebenen einzubringen. Jüdische Menschen sollten nie auf die Rolle der Opfer reduziert, sondern als Beitragende zur deutschen Geschichte gezeigt werden. „Der Umgang mit den Jüdinnen und Juden in diesem Land ist der Ausweis für den zivilisatorischen Zustand unserer Gesellschaft“, bekräftigte Ludwig Spaenle und warb für einen gesamtgesellschaftlichen Blick auf das jüdische Leben in Deutschland. Das Schulwesen müsse hier wesentliche Beiträge leisten. Josef Schuster drängte auf eine gute Vorbereitung der Lehrkräfte für den Umgang mit Vorfällen im Unterricht sowie auf didaktische Modelle, die das Judentum anschaulich machen. Es gebe bereits ein Projekt, das jüdische Jugendliche dafür ausbildet, Schulen zu besuchen und dort ihren Altersgenossen über ihr Leben zu berichten. Lothar Spaenle brachte den Gedanken eines bayerisch-israelischen Jugendwerks ins Spiel.

      Handeln

      Abschließend zitierte Ilanit Spinner den britischen Soziologen Hubert Spencer: „Das große Ziel der Bildung ist nicht Wissen, sondern Handeln.“ Wie Andreas Dörpinghaus ausführte, sei auch die Universität Würzburg handlungsbereit, wolle antisemitismuskritische Didaktik in alle Lehrpläne einarbeiten, habe ein Forschungskonzept erarbeitet und wünsche sich einen Lehrstuhl, der das Thema nachhaltig verfolgt. Hier müssten jetzt der Freistaat und der Bund aktiv werden und die nötigen Finanzen bereitstellen. Bundesbeauftragter Felix Klein versprach, das Anliegen mit nach Berlin zu nehmen.     

      Karen A. Braun