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      Bischof Lorenz von Bibra (1495–1519) und seine Zeit – Ergebnisse einer Historikertagung

      Auf den Spuren des Fürstbischofs

      Wer war Lorenz von Bibra? Der vor 500 Jahren, am 6. Februar 1519, verstorbene Fürstbischof ist einer breiteren Öffentlichkeit wohl vor allem wegen des Treffens mit Martin Luther am 18. April 1518 auf der Festung Marienberg und des von Tilman Riemenschneiders geschaffenen Grabmals im Kiliansdom bekannt. Dass der Fürstbischof, wenn er länger gelebt hätte, lutherisch geworden wäre, behauptete später Georg Spalatin, der Fürsprecher Luthers bei Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen – Spekulation, oder auch Wunschdenken.

      Aus einer anderen Perspektive setzte sich Ende Mai die von dem Kirchenhistoriker Prof. Dr. Wolfgang Weiß und dem Leipziger Landeshistoriker Prof. Dr. Enno Bünz organisierte Tagung „Bischof Lorenz von Bibra (1495–1519) und seine Zeit – Franken und Sachsen um 1500” im ehemaligen Kloster Wechterswinkel mit Bibra auseinander: Nicht unter dem Vorzeichen der sich am Ende von Bibras Regierungszeit formierenden Reformation beschäftigte sich die Tagung, sondern mit dem weltläufigen Fürstbischof.

      Ein Reichspolitiker

      Kirchenhistoriker Weiß machte deutlich, dass sich der Fürstbischof weniger als Geistlicher, sondern vielmehr als Reichsfürst verstanden habe, der seine Hauptaufgabe in der Entwicklung des Hochstifts sah. Die Grundlage hierfür habe Bibra mit seiner laut Weiß „Bildung von europäischem Format” gelegt – der junge, später in den rheinischen Erzstiften Mainz und Köln mehrfach bepfründete Niederadelige hatte, unter anderem an der renommierten Universität Bologna kanonisches und weltliches Recht studiert. Die Seelsorge habe Bibra – wie seine „Kollegen” – nicht als seine unmittelbare Aufgabe empfunden, betonte Weiß. Die Theologie sei nicht die starke Seite des laut dem Kirchenhistoriker Theobald Freudenberger „tüchtigen Juristen” gewesen.

      Bibras „starke Seite” führte der Regensburger Historiker Dr. Reinhard Seyboth aus. Laut Seyboth gehörte die Reichspolitik zu den „markantesten Wirkungsbereichen” Bibras. Der Fürstbischof habe als „einer der gefragtesten und bewährtesten Konfliktmoderatoren seiner Zeit” im Reich, das er als „vitale Gemeinschaft seiner zahlreichen Glieder“ verstanden habe, erheblichen Einfluss besessen – und damit auch die Bedeutung des Hochstifts Würzburg gesteigert.

      Einen Blick auf die Konflikte Bibras mit den benachbarten Grafen von Henneberg warf der Schleusinger Mediävist (Mittelalterforscher) Dr. Janis Witowski. Der Fürstbischof habe mit Hermann von Henneberg-Römhild und Wilhelm von Henneberg-Schleusingen „permanent um Ein- zelrechte“ gestritten. Letztlich sei es dabei um die „soziale Stellung innerhalb der hierarchisch organisierten Adelsgesellschaft des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit” und die Frage der Oberhoheit des Bischofs über die Grafen von Henneberg gegangen. Die Vorträge der Sektion „Befruchtende Partnerschaft” griffen wirtschafts- und kulturgeschichtliche Fragestellungen auf: Die engen sozialen und wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Franken und dem thüringisch-sächsischen Raum um 1500 nahm der Jenaer Historiker Prof. Dr. Uwe Schirmer in den Blick. Der Würzburger Mediävist Prof. Dr. Franz Fuchs stellte unter anderem mit dem Neumünsterer Stiftsdekan Dr. Engelhard Funck, genannt Scintilla, und dem von Bibra 1506 nach Würzburg berufenen Benediktiner Johannes Trithemius den Humanismus im Umfeld Bibras vor. Laut dem Würzburger Kunsthistoriker Prof. Dr. Stefan Bürger, der über die Baukunst unter Lorenz von Bibra referierte, gehört die Bibra-Treppe im Fürstenbau der Festung Marienberg zu den künstlerischen Höhepunkten der Bibra-Zeit. Das von dem Würzburger Kunsthistoriker Prof. Dr. Damian Dombrowski mit dem Bibra- und dem Scherenberg-Epitaph im Dom vorgestellte Grabdenkmal für Lorenz‘ Vater Hans von Bibra – die drei Kunstwerke schufen Tilman Riemenschneider und seine Werkstatt – konnten die Tagungsteilnehmer in der Bibraer Kirche bei der Exkursion auf den Spuren der Familie von Bibra in Augenschein nehmen. Zuvor hatte der Würzburger Kirchenhistoriker Dr. Daniel Greb die von der Familie Bibra erbaute Kirche in Irmelshausen vorgestellt.

      Auf dem Programm standen auch das Wasserschloss der Bibra in Irmelshausen und die Stammburg der Bibra im namensgebenden Dorf. Bei dem anschließenden Abendvortrag in Meiningen verdeutlichte Prof. Dr. Enno Bünz, dass sowohl die Kurfürsten von Sachsen als auch die Würzburger Fürstbischöfe eine aufwändige Hofhaltung betrieben.

      Die Vorträge der Sektion „Kirchliches und religiöses Leben” beschäftigten sich unter anderem mit den Verflechtungen der Augustiner-Eremiten in Franken und Thüringen um 1500 (Landeshistoriker Dr. Alexander Sembdner – Leipzig), den Frauenklöstern Rohr, Zella und Wechterswinkel im Norden des alten Bistums Würzburg (Dr. Johannes Mötsch).    

      Stefan W. Römmelt