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      Der Europäische Weg der Zisterzienser

      Auf den Spuren der „Influencer“ von einst

      „Ich weiß nicht, wer heute überhaupt noch eine Ahnung hat, was ein Mönch oder eine Nonne ist“, sagt Dr. Jürgen Emmert, Leiter des Kunstreferats des Bistums Würzburg. „Aber auf diesem Weg sieht man: Kirchen, Klöster und Orden waren einmal eine kulturelle Kraft, – und die ist auch heute noch erlebbar.“ Das wolle man mit diesem Projekt zeigen. „Dieser Weg“, das ist der „Europäische Weg der Zisterzienser“, eine internationale Initiative, mit der sich 18 Projektpartner in sechs Ländern gemeinsam um ein Europäisches Kulturerbe-Siegel bewerben.

      Mit dem Siegel soll bezeugt werden, wie wichtig die Zisterzienser in Europa für die Prägung der Landschaften waren, in denen ihre Klöster standen, und wie viel wir ihnen heute noch verdanken. Die Federführung hat der Landkreis Bamberg inne, mit dabei ist auch das Bistum Würzburg. „Ich habe mich dafür eingesetzt, da mitzumachen, weil es mir vor allem um die Erschließung des kulturellen Erbes am Steigerwald geht“, erzählt Emmert. Kloster Ebrach, das heute zum Bistum Bamberg gehört, habe letzten Endes auch den gesamten Osten des Bistums geprägt. „Das ist vielen sicher nicht mehr bekannt, denn Ebrach ist ein bisschen aus dem Blick geraten, seit es zum Bistum Bamberg gehört, seit 200 Jahren. Aber dieses Kloster war die kulturelle Kraft, die weite Teile der agrarischen Landschaft geprägt hat. Und auch das, was wir heute im Steigerwald als Urwald betrachten, ist eine kulturelle Leistung dieser Mönche.“

      5000 Kilometer Strecke sollen für das Projekt auf europäischen Fernwanderwegen beschildert werden, wobei die Projektpartner dabei wohl auch auf den enormen Erfolg des Jakobswegs schielen. Anders aber als dieser wird der Zisterzienserweg nicht aus einer langen Strecke am Stück bestehen, sondern sich in drei Hauptlinien durch Europa ziehen, die alle auf Cîteaux zulaufen, das Mutterkloster der Zisterzienser in der französischen Bourgogne. Eine Nordlinie wird von Kloster Wągrowiec in Polen über Loccum bei Hannover nach Cîteaux führen, eine mittlere von Tschechien über Waldsassen, Langheim, Ebrach, Würzburg, Bronnbach und Maulbronn, und eine Südlinie verläuft von Slowenien durch Österreich und Böhmen zum Mutterkloster.

      Reisen nach Cîteaux

      Diese Wegverläufe sind nicht zufällig gewählt, sie zeichnen die Reisen mittelalterlicher Zisterzienseräbte zum jährlichen Generalkapitel im Mutterhaus in Cîteaux nach. Seinerzeit waren das höchst beschwerliche Unternehmungen, bei denen die Äbte – selbst mit der Kutsche – zum Beispiel von Ebrach aus gut einen ganzen Monat unterwegs waren, wie man noch heute aus historischen Reiseberichten erfahren kann. In denen ist ganz nebenbei auch viel von Läusen und Wanzen im Nachtlager die Rede ...

      Für Würzburg startet der Weg in Kloster Ebrach – also etwa zehn Kilometer hinter der Bistumsgrenze Richtung Bamberg – und führt bis Kloster Bronnbach. Gleichwohl gehe es nicht nur um die großen Klosteranlagen auf dem Lande, erläutert Emmert: „In Würzburg müssen wir einfach nur in die Ebracher Gasse gehen, wo die Erlöserschwestern zu Hause sind, die noch heute im Volksmund Ebracher Schwestern genannt werden“.

      Spuren in Würzburg

      Zwar habe die Kongregation nie etwas mit dem Kloster Ebrach zu tun gehabt, aber das Mutterhaus der Schwestern befinde sich nun einmal im alten Stadthof der Ebracher Zisterzienser – und schon hatten sie ihren Namen weg. Ähnliches gelte für die Bronnbacher Gasse in Würzburg, wo sich einst der Bronnbacher Klosterhof befand. „All diese Klöster hatten früher ihre Klosterhöfe in den Städten, wo sie ihre Erzeugnisse
      verkauft haben, wo sie Kontakt zu den Landesherren pflegten, zum Bischof von Würzburg – was übrigens auch nicht immer ganz konfliktfrei war“, erzählt der Kunstreferent. Auch auf dem Land finden sich Zeugnisse: „Wenn ich an Sulzheim denke, an Oberschwappach, wo wir ja vor 20 Jahren ein kleines Museum eingerichtet haben: Das sind ja Klosterhöfe, im Grunde Schlösser, von denen aus Ebrach seinen Besitz verwaltet hat, und anhand derer man sieht: Die Klöster haben gebaut wie der Adel, haben auch mit Barockbaumeistern das Land geprägt“.

      Doch bei aller Monumentalität – Kloster Ebrach wäre mit seiner prachtvollen Abteikirche eines Fürstbischofs würdig gewesen –, bei aller Pracht der Kunstwerke und der Musik in diesen Klöstern, soll der Weg auch auf einen Aspekt aufmerksam machen, der in Vergessenheit geraten ist: Wie stark der Orden europäische Landschaften geprägt hat.

      Künstliche Wildnis

      „Da sieht man etwa im Steigerwald die Teichwirtschaft, wo die Ebracher Mönche Fische gezogen haben, die damals ein wichtiger Teil der Ernährung waren“, berichtet Emmert. Und das, was heute als „Urwald im Steigerwald“ betrachtet wird: „Das war im Mittelalter kein Urwald, sondern das waren Siedlungsinseln, wo die Ebracher erst einmal Bevölkerung abgesiedelt haben, um in die Einsamkeit zu kommen“. Denn die romantische Vorstellung, die Zisterzienser hätten sich bevorzugt in Wildnis und Einsamkeit niedergelassen, entspricht nicht der Realität: „Das war im Mittelalter schon keine Wildnis mehr; die haben sich die Mönche vielmehr erst wieder künstlich geschaffen, um dem Ordensideal zu entsprechen.“

      Know-how für das Land

      Am Anfang sei diese Eigenwirtschaft gestanden: Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Weinbau und dergleichen. „Das heißt, sie waren auch ein wichtiger Anstoß für die Mühlen, für Schmiedebetriebe, die es in der Region gab, und dadurch ist auch viel Know-how, landwirtschaftliches wie technisches,aufs Land gekommen.“ Genau das wird man auf dem Europäischen Zisterzienserweg nun zeigen: Klöster waren keine Orte, an denen Mönche und Nonnen hinter verschlossenen Türen saßen und vor sich hinbeteten, sondern prägende Faktoren und Impulsgeber für ganze Regionen, mit engen Kontakten zur Land- und Stadtbevölkerung, wie zu den Landesherren und bedeutenden Künstlern und Baumeistern – die „Influencer“ von damals.

      Bislang freilich existieren von dem Weg erst einmal nur die Idee und die Internetseite „www.cisterscapes.eu“. „Ich bin im Kontakt mit der Projektleiterin in Bamberg“, berichtet Emmert, „und wir werden hier vom Kunstreferat aus dann auch diese einzelnen Wege begleiten und schauen, wo wir Tipps fachlicher Art geben können.“ Dann würde man auch sehen, wo sich vielleicht die Ebracher Schwestern einbringen wollten oder wo man noch eine Station in Würzburg und Umgebung einrichten könnte, meint der Theologe und Kunsthistoriker.

      Gar nicht schräg

      Die Kenntnisse darüber, was ein Kloster und die katholische Kirche seien, schwinden. „Und da ist dieser Weg eine Gelegenheit, zu zeigen: So schräg ist dieser Gedanke des Lebens hinter Klostermauern – wenn sie denn je so hoch waren – gar nicht!“ Aktuell befindet sich die Initiative in der entscheidenden Phase: Bis 14. Juni wird eine Internationale Fachjury die Bewerbungen um das Kulturerbe-Siegel bewerten und Empfehlungen in Hinblick auf die offizielle Einreichung am 30. November bei der Kultusminister-Konferenz in Berlin geben.

      Andrea Braun

      Die Zisterzienser: 1098 gründete ein Benediktiner mit Mitbrüdern ein Kloster in Cîteaux (Frankreich), in dem sie nur von ihrer Hände Arbeit in Einfachheit und Einsamkeit lebten. Sie setzten sich so von der immer reicher werdenden Benediktinerabtei in Cluny ab, in der ihrer Meinung nach das asketische benediktinische Ideal verloren gegangen war. 1109 gab es mit der Carta Caritatis eine Verfassung, der Zisterzienserorden war gegründet. Großer Erfolg wurde ihm zuteil, als Bernhard von Clairvaux 1112 eintrat. Durch sein Wirken bekam der Orden Zulauf und verfügte bei Bernhards Tod 1153 über 350 Zisterzienserklöster in Europa. Bernhard prägte das Klosterleben durch einen einheitlichen Baustil. Neben den Klöstern Bronnbach und Ebrach gehen im Bistum Würzburg etwa die Klöster Bildhausen und Schönau auf die Zisterzienser zurück.