Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Krokusse

Ihr katholisches Magazin – ab Ostern 2024

Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

    Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

      Mehr
      Umweltbeauftragter Christof Gawronski über ökologisches Bewusstsein in der Kirche

      An der Schöpfung orientiert

      Jugendliche demonstrieren freitags für den Klimaschutz. Bundesumweltministerin Svenja Schulze will eine CO2-Steuer in Deutschland. Und zahlreiche Organisationen fordern eine „Verkehrswende“, die das Automobil zurückdrängt. Umweltschutz steht auf der politischen Agenda ganz oben – und auch die Kirche meldet sich zu Wort. Im Interview äußert sich der Umweltbeauftragte der Diözese Würzburg, Christof Gawronski.

      Herr Gawronski, die Freitags­demonstrationen von Schülern für mehr Klimaschutz werden gelobt – von Kirchenvertretern, Politikern und Journalisten. Kann eine Protestbewegung bei so viel Unterstützung anstößig sein?
      Das scheint ein bisschen das Problem zu sein. Die Hauptdiskussion am Anfang drehte sich darum, ob die Demos während der Schulzeit sein dürfen oder nicht. Und dann gab es mehr oder weniger von allen Seiten Lob. Ich persönlich kann nachvollziehen, dass gerade die Schüler, die im Jahr 2050 in Verantwortung stehen werden, sagen: Es kann nicht sein, dass immer alles aufgeschoben wird. Ich hoffe, dass das Thema nicht nur weggelobt wird.

      „Die Lebensmöglichkeiten von Menschen, Tieren und Pflanzen werden durch unseren derzeitigen Lebensstil geschädigt“, heißt es in einer aktuellen Arbeitshilfe der deutschen Bischöfe zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung. Diese Aussage traf vor 30 Jahren genauso zu. Wo sehen Sie den entscheidenden Fortschritt seither?
      (lacht) Ich glaube, da muss man schon bitter sagen, viel Fortschritt gab es nicht. Vor 30 Jahren war das Thema Müllvermeidung ganz groß, dann ist es über Jahre verschwunden. Wir haben uns damit abspeisen lassen, dass wir jetzt Müll trennen und ein bisschen mehr Müllgebühren zahlen. Jetzt kommt das Thema wieder unter dem Stichwort „Plastikfasten“. Im Prinzip ist es erschreckend, dass die Themen die gleichen geblieben sind. Nach meinem Eindruck war das Bewusstsein für ökologische Fragen in den letzten 30 Jahren zwischendurch in großen Bevölkerungsteilen verschwunden, und wir können froh sein, dass es wieder da ist.

      Sehen Sie positive Entwicklungen im Bistum Würzburg?
      Bei uns im Bistum ist besonders positiv das Wirtschaften der Tagungshäuser zu nennen, die ökologische Erfordernisse früh erkannt haben. Ich freue mich, dass es darüber hinaus eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Abteilungen des Bischöflichen Ordinariats gibt. Das wäre vielleicht vor 30 Jahren tatsächlich anders gewesen, als Umweltthemen vielfach als „linkes Zeug“ galten.

      Und wo erkennen Sie dringenden Handlungsbedarf?
      Der Hauptansatzpunkt sind die Gebäude. In ihren Handlungsempfehlungen zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung schreiben die Bischöfe: „Der Gebäude­bestand in den (Erz-)Diözesen sollte mit pastoralem Weitblick angepasst werden und die in diesem Sinne zukunftsfähigen Gebäude sind im Rahmen anstehender Sanierungen ambitioniert energetisch zu ertüchtigen.“ Wir haben viele große Gebäude, die große Heizungen brauchen, aber nur wenige Stunden genutzt werden. Da ist darauf zu schauen, mit den vorhandenen Mitteln die Energie möglichst optimal einzusetzen und dadurch den Energieverbrauch zu reduzieren. Gerade die Kirchen und Pfarrheime sind Paradebeispiele dafür. Die diözesane Energieinitiative „LIMIT25“ zielt darauf ab, gemeinsam mit den kirchlichen Stiftungen die Gebäude mit hohem Energieverbrauch zu finden und zu fragen: Woran könnte es liegen?

      Werden wir künftig flächendeckend Solaranlagen auf den Dächern kirchlicher Gebäude sehen?
      Von der finanziellen Gestaltung her gedacht sollten wir das für Kindergärten grundsätzlich prüfen, weil sich das bei viel Eigenverbrauch rentiert. Ähnlich ist die Frage für Pfarrhäuser zu beantworten. Bei Pfarrheimen wird man genauer auf den Eigenverbrauch schauen müssen. Oft dürften hier die Nutzungszeiten einfach zu gering sein.

      Die Handlungsempfehlungen der Bischöfe zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung haben Sie zitiert. Nun haben die Bischöfe im vergangenen April auch zehn Thesen zum Klimaschutz vorgelegt. Was sind für Sie die wesentlichen Punkte dieses Dokuments?
      Es gibt darin ein uneingeschränktes Bekenntnis der Bischöfe zur Energiewende. Für sie führt am Umstieg auf erneuerbare Energien kein Weg vorbei. Das beinhaltet alles, was dazugehört, wie Windparks oder Trassen. Die Bischöfe haben viele Folgerungen aus der Umweltenzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus gezogen. Die Besteuerung von Kohlenstoffdioxid bildet als empfohlene Maßnahme einen Schwerpunkt. Im Vergleich dazu tritt der Zertifikatehandel in den Hintergrund, also der Handel mit Rechten zum Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen. Das fällt auf im Vergleich zu dem Dokument „Der Klimawandel“ von 2006, in dem die Bischöfe den Zertifikatehandel noch stärker berücksichtigt hatten. Aber der Papst hat sich in „Laudato si“ eher kritisch zum Zertifikatehandel geäußert, weil er sagt: Die Reichen können sich den Kauf leisten, die Ärmeren müssen verkaufen und werden eventuell in ihrer Entwicklung gehemmt. So ist die CO2-Steuer, die sich am tatsächlichen Ausstoß orientiert, die sinnvollere Variante. Die Bischöfe stellen sich auch hinter das Ziel Klimaneutralität. Bis 2050 soll es keine Klimaschädigung durch Treibhausgase mehr geben.

      Die Bischöfe schreiben auch: Konsumgewohnheiten müssen sich ändern, aber die Lebensqualität soll dadurch nicht eingeschränkt werden. Wie das – die Klimakrise lösen wollen, aber ohne Einschränkung der Lebensqualität?
      Im Prinzip wäre das ganz einfach, aber wegen unserer Wohlstandsgewohnheiten ist es echt schwierig. Weil letztlich heißt das erst einmal: von allem weniger. Konsumgüter so lange gebrauchen, bis es nicht mehr geht, und Dinge auch mal reparieren lassen – gerade Elektrogeräte, angefangen vom Handy über Unterhaltungselektronik bis hin zum Computer. Das Thesenpapier der Bischöfe betrifft viele unserer Gewohnheiten, etwa die Häufigkeit des Fleischessens, die Kleidung, das Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel. Und es betrifft unseren persönlichen Flächenverbrauch: Wie viele Quadratmeter bewohnen wir? Die Wohnfläche pro Person hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm vergrößert. Wenn wir unsere Einstellung dazu verändern, ist erst einmal kein Einschnitt bei der Lebensqualität damit verbunden. Es sei denn, Lebensqualität definiere ich darüber, dass ich immer das Allerneueste habe und mir alles leisten kann.

      Die Leitungsmitglieder der Schwestern des Erlösers haben sich selbst ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde verordnet. Ist das der Weg: nicht auf staatliche Vorgaben warten, sondern selbst das eigene Verhalten regulieren?
      Ich glaube, es geht um ein Sowohl-als-auch. Man sollte beides nicht gegeneinander ausspielen. Beides muss parallel laufen, und gerade das Tempolimit ist ein sinnvoller Schritt. Aus meiner Sicht wird das Tempolimit das Klima allein nicht retten. Aber es gibt wenige Maßnahmen im Verkehr, die so günstig sind und einen so starken Effekt haben. Ein Tempolimit kostet uns ein paar Schilder und vielleicht etwas mehr Kontrollen. Deswegen steht auch in den Klimaschutzleitlinien des Bistums Würzburg von 2009, dass bei Dienstfahrten die Richtgeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde eingehalten werden soll.     
      Interview: Ulrich Bausewein

      Die ökologischen Handlungsempfehlungen und die Thesen zum Klimaschutz der Deutschen Bischofskonferenz sind im Internet abrufbar unter „www.dbk.de“.